481 Kilogramm Müll pro Kopf und Jahr – Kaum Müllvermeidung im Landkreis zu erkennen
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Heute ist der Earth Overshoot Day 2019 oder auch Welterschöpfungstag. Ab heute werden mehr natürliche Ressourcen verbraucht, als wie nachwachsen können. Passend zu diesem Thema, wie wir in Zukunft mit unserer Erde umgehen, ist auch die Sommertour vom Landtagsabegordneten Joachim Veyhelmann (CDU).
Die Diskussion um den Klimaschutz ist in der Gesellschaft angekommen, verstärkt noch durch die Fridays for Future Demonstrationen sowie erschreckende Bilder von schwimmenden Plastikinseln im Meer sowie toten Tieren mit einem Magen voller Plastik. Eine Empfehlung an den Einzelnen ist, Müll, insbesondere Plastikmüll zu reduzieren. Und weil in allen gesellschaftlichen Bereichen, sei es im Privaten, in der Wirtschaft oder der Politik der Abfall sowie Abfallvermeidung das bestimmende Thema sind, möchte sich Joachim Veyhelmann diesem von verschiedenen Seiten aus annähern.
Besuch Abfall-Wirtschaftsbetrieb Limburg-Weilburg
Los ging die Sommertour beim Abfall-Wirtschaftsbetrieb (AWB) Limburg-Weilburg mit Sitz in Beselich. Vom Betriebsleiter Bernd Caliari gab es einen Einblick in die Zahlen des Mülls. Dies war Startpunkt der Sommertour von Veyhelmann, weil er wissen wollte, ob beim AWB das geänderte Bewusstsein der Gesellschaft den Müll betreffend zu merken ist und was eigentlich mit dem Müll passiert. Caliari zeigte eine Statistik, dass in den letzten Jahren die Gesamtmüllmenge relativ konstant war. „Unsere Bürger verhalten sich wie immer“, so der Betriebsleiter, „ich kann bisher keine Änderung im Müll erkennen, die auf eine Veränderung in der Gesellschaft hinweist.“ Im Jahr 2018 haben die Einwohner des Landkreises pro Kopf 481 Kilogramm Müll produziert aufgeteilt in 194 Kilogramm Restabfall, 34 Kilogramm Sperrmüll, 124 Kilogramm Bioabfall, 76 Kilogramm Papier und Pappe sowie 53 Kilogramm sonstige Wertstoffe. Damit liegt der Landkreis noch unter dem deutschlandweiten Wert von 626 Kilogramm Müll pro Kopf (Wert auf Anfang 2018), aber rangiert im europäischen Bereich von durchschnittlich 480 Kilogramm Müll (Quelle Euronews)
An Gesamtmengen hatte der AWB 93.042 Tonnen Abfall erfasst. Dieser gliederte sich u.a. auf in 33.331 Tonnen Hausmüll (graue Tonne), 23.061 Tonnen Bioabfall, 13.088 Tonnen Papiermüll, 3.532 Tonnen Glas und 4.043 Tonnen Leichtverpackungen.
Wiederverwertung des Mülls
Den höchsten Anteil am gesamten Abfall hat der Hausmüll aus der grauen Tonne. Caliari wies darauf hin, dass 98 Prozent der Bürger ihren Müll sehr gut trennen. Der Landtagsabgeordnete wollte wissen, was mit dem Müll passiert. In Gesprächen hört er immer die Meinung, dass es egal ist, in welche Tonne etwas kommt, denn am Ende würde sowieso alles verbrannt werden. Dem widersprach Caliari. Ab 2005 werde der Restmüll nicht mehr einfach nur deponiert. Der Abfall wird getrocknet, danach gesiebt und gesichtet, um Metalle herauszuholen. Der restliche Müll verarbeitet die MBS-Anlage in Rennerod zu Brennstoff, einem sogenannten Trockenstabilat, welches von kommerziellen Abnehmern gekauft wird. Lediglich zehn Prozent verbleibt als energiearme und biologisch deaktive (inerte) Restmenge übrig und landet auf der Deponie. Das dahinterstehende Verfahren bezeichnet Caliari als mechanisch-biologisch Behandlung.
Kein Plastik in der Biotonne
Den zweit höchsten Anteil am Müll hat der braune Müll in der Biotonne. Dieser gelangt in die Kompostieranlagen und wird aufbereitet, um später als Boden ausgebracht zu werden. Dafür muss der Kompost eine gewisse Qualität besitzen. Um das Qualitätssiegel zu erhalten, darf der Biomüll nur einen geringen Prozentsatz an Fremdkörpern enthalten. Und da liegt das Hauptproblem- nämlich Plastik im Biomüll. „Es gehört kein Plastik in die Biotonne“, so Caliari. Er weist darauf hin, dass auch keine kompostierbaren Plastikprodukte in die braune Tonne gehören. Denn in der Anlage ist nicht ersichtlich, ob das Plastik kompostierbar ist oder nicht. „Befinden sich zu viele Fremdkörper in dem Biomüll, kommt der gesamte Müll in die Verbrennungsanlage und wird nicht wiederverwertet.“ Er empfiehlt, den Biomüll am besten in Papiertüten zu entsorgen.

Aber laut dem Betriebsleiter sind nicht die Kunststoffverpackungen das Problem, sondern die feinen Kunststoffpartikel in der Kleidung oder der Kosmetik. Und daher ist die Frage, ob die reine Müllvermeidung dazu beitrage, dass weniger Plastik in die Kreisläufe gelangen und am Ende in die Meere, die Tiere und den Menschen. In seinen Augen darf dabei auch nicht nur auf den Müll geschaut werden, sondern auch die Produktionswege selbst spielen eine Rolle. Holz stelle Ressourcen da, welche abgebaut werden, Glas habe in der Produktion eine schlechte Ökobilanz, so dass rein von der Ökobilanz her Kunststoff manchmal besser sei. Auch erklärte er, dass jede Verpackung immer einen Sinn habe. Es gebe keine unsinnigen Verpackungen.
Ein paar Fragen mehr
Nach dem Gespräch standen ein paar Fragen mehr im Raum, als mit denen Veyhelmann angekommen ist. Die Erläuterungen zeigten, dass viel getan wird in der Wiederverwertung des Mülls und nur ein geringer Teil auf der Deponie landet.
Aber aus politischer Sicht stellen sich ein paar Fragen. Eventuell sollte nicht alleine die Ökobilanz zählen, um etwas zu bewerten. Eventuell muss insgesamt gesagt werden, dass Plastik schädlich sei für Mensch und Tier, so dass Plastik grundsätzlich verboten werden sollte. Doch wo fängt man an, wo hört man auf? Wie Caliari bereits erwähnte, ist Plastik nicht nur ein Problem bei den Verpackungen. Es befindet sich in der Kleidung, in der Kosmetik. Jeder hat ein Handy, in welchem Kunststoff verbaut ist. Es findet sich in der Möbelbranche. Der Bereich ist groß. Und ob es dann einfach damit getan ist, den Müll zu reduzieren, ist fraglich.
Weitere Stationen der Sommertour sind ein Unverpackt-Laden in Gießen sowie die Gemeinde Elz, welche plastikfrei bei Veranstaltungen werden möchte. Nächste Woche steht ein Besuch in der Bäckerei Huth an, die sich privatwirtschaftlich sehr engagiert.
Welches Resümee zieht Joachim Veyhelmann aus seiner Sommertour? „Rückblick auf die Sommertour – Noch kein gestärktes Bewusstsein zu erkennen“