Agri-Photovoltaik – eine Chance für die Energiewende?

In der Diskussion um den Solarpark in Lindenholzhausen fällt immer wieder der Begriff Agri-Photovoltaik. Was verbirgt sich dahinter? Und bietet dies eine Chance, dass Energieerzeugung und Landwirtschaft gleichzeitig stattfinden kann?

Agri-Photovoltaik ist derzeit ein Begriff, der häufig genannt wird, wenn es darum geht, auf landwirtschaftlichen Flächen Photovoltaikanlagen zu errichten und weiterhin Landwirtschaft auf diesen Flächen zu betreiben. Es hört sich an, als sei diese eine Lösung bei der Konkurrenz um wertvolle Flächen. Einen Einblick in das Thema gab es bei einem Vortrag vom Ökomodell-Land Hessen. Der Landkreis Limburg-Weilburg ist zusammen mit dem Landkreis Rheingau-Taunus und Wiesbaden die Ökomodellregion Nassauer Land. Die Veranstaltung drehte sich um die Frage, ob Agri-Photovoltaik Chance oder Stolperstein für den ländlichen Raum sind.

Was ist Agri-Photovoltaik?

Bei der Agri-PV handelt es sich um die gleichzeitige Nutzung von Flächen für die Strom- wie auch die Pflanzenproduktion. Fruchtbare Ackerflächen können durch diese Art der Photovoltaikanlagen erhalten bleiben. Die Effizienz der Flächen sollen damit steigen. Derzeit gibt es zwei Systeme, welche dies ermöglichen. Es gibt die hoch aufgeständerten Systeme, bei denen die landwirtschaftliche Nutzung unter den Modulen stattfindet. Und es gibt bodennahe PV-Systeme, bei denen die landwirtschaftliche Nutzung zwischen den Modulen stattfindet. Mit diesen Anlagen möchte man dem entstehenden Spannungsfeld zwischen Energiewende und Landwirtschaft begegnen.

Als Vorteile sieht das Fraunhofer Institut, welches sich intensiv damit beschäftigt, das riesige Flächenpotential, es ist günstiger als PV-Dachanlagen und es ermöglicht einen Zusatznutzen für die Landwirtschaft wie Schutz vor Hagel, Frost wie auch Dürreschäden. Zudem hoffen die Projektierer, dass bei eine solchen Anlage die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung größer ist als für reine Freiflächen-PV-Anlagen. Leider ist die duale Flächennutzung bisher noch nicht gesetzliche verankert. Die Landwirte hätten dann keinen Anspruch auf EU-Agrarsubventionen und bis jetzt gäbe es auch noch keine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). Dies könnte sich jedoch mit dem geplanten Osterpaket der Bundesregierung ändern. In einem Eckpunktepapier der Bundesregierung von Februar steht, dass Agri-PV zukünftig EEG-förderfähig sein, wenn die landwirtschaftliche Nutzung nur bis zu 15 Prozent eingeschränkt wird.

Ertragssteigerungen im Dürrejahr

Erste Ergebnisse aus den Untersuchungen durch dieser synergetische Nutzung der Flächen stellten bei dem Vortrag Daniel F. Eisel und Gawan Heintze von LandSchafftEnergie Bayern vor. So zeigte sich auf den Projektflächen, dass diese Modelle für lichtbedürftige Pflanzen nicht geeignet sind, da die Konkurrenz um das Sonnenlicht zu groß ist. Positive Ergebnisse gab es für Kartoffeln, Spinat, Salat, manche Obstkulturen oder auch Ackerbohnen. So zeigte sich ein gesteigerter Ertrag bei den Kartoffeln im Dürrejahr 2018 unter den Anlagen um elf Prozent im Vergleich zu einem Kartoffelacker ohne Anlage. Daher bescheinigen sie den Anlagen eine hohe Schutzfunktion und in Anbetracht des Klimawandels ein Faktor, welcher eine große Rolle spielt.

Das Fraunhofer Institut wirft in seinem Projekt „APV-Obstbau“ einen genauen Blick auf den Obstanbau. Die Landwirtschaft steht durch den Klimawandel vor enormen Herausforderungen und es bedarf neuer Strategien, um diesem zu begegnen. In den Dürrejahren kämpfen die Landwirte mit Ernteausfällen. Die Agri-PV-Anlagen wären eine Chance, mit den Modulen eine Schutzfunktion zu übernehmen und zu schauen, wie diese sich auf die Erträge auswirken.

Wie sieht es vor Ort aus?

In der Ortsbeiratssitzung, in welcher Bürgermeister Marius Hahn und EVL-Geschäftsführer Gert Vieweg den Fragen der Bürger stellten, wurden ebenfalls Agri-PV-Anlagen angesprochen. Sie seien im Gespräch mit dem Fraunhofer Institut, um hier vor Ort eine Projektfläche zu installieren. Dies wäre dann die erste Versuchsfläche in Hessen.

Anwesende Landwirte sehen in den Agri-PV-Anlagen nicht die Lösung, raten sogar teilweise davon ab, weil die Fläche viel zu klein sei, um dieses Modell wirtschaftlich für beide Seiten zu betreiben. Auch Marco Heep, Vorsitzender Kreisbauernverband, zeigt sich nicht ganz so überzeugt. Gegen eine Versuchsfläche sei nichts einzuwenden, aber er äußert sich gegen eine Umsetzung auf der gesamten Fläche ohne genauere Daten zur Auswirkung auf die Landwirtschaft.

Auch in dem Vortrag vom Ökomodell-Land Hessen gab es kritische Stimmen und viele Fragen. Wie verändert sich das Kleinklima unter den Anlagen? Wie sieht es mit der Wasserverteilung auf solchen Flächen aus? Kann der Boden weiterhin mit klassischem Gerät bearbeitet werden oder muss sich ein Landwirt umstellen? Chancen gibt es, aber auch noch einige rechtliche Stolpersteine.

Das Thema zeigt, dass das Miteinander für den weiteren Prozess sehr wichtig ist. Landwirte und Energieerzeuger zeigen jeweils Verständnis für die andere Seite, alle müssen dem Klimawandel begegnen. Nur gemeinsam kann dieser Weg gegangen werden.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

One thought on “Agri-Photovoltaik – eine Chance für die Energiewende?

  • 1. März 2022 um 9:53
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    Ist ein Solarpark SINNVOLL und NACHHALTIG?
    Nur die dezentrale Stromerzeugung auf den Dächern Limburg`s ist NACHHALTIG!!!
    Für die Stadt Limburg (Bürgermeister) und die EVL bedeutet der Solarpark eine Gewinnmaximierung.
    Dieser Gewinn entsteht durch Fördergeld vom Staat und durch die Vernichtung von Ackerflächen!

    Beschäftigt sich die EVL mit der Energie-/Stromspeicherung ???
    Derzeit werden in den Sonnenstunden (Überkapazität) die Windkraft-Anlage in der Umgebung abgeschaltet!

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