Anke Foeh-Harshman (Bündnis 90/ Die Grünen) – Ruder in die Hand nehmen

Am 8. Oktober wird ein neuer Hessischer Landtag gewählt. Im Wahlkreis 22 kandidiert Anke Foeh-Harshman für Bündnis 90/ Die Grünen. 

Anke Foeh-Harshman ist seit einigen Jahren kommunalpolitisch engagiert und kandidiert das erste Mal für den Hessischen Landtag.

Mehr Fokus auf die Frauen

1. Stellen Sie sich mit drei Sätzen kurz vor!

Neugierig, pragmatisch, zugewandt, das beschreibt wohl ganz gut, wie ich an Herausforderungen und das Leben herantrete. Mir ist schon immer wichtig, gerechte und tragfähige Lösungen zu finden und auch einer schwierigen Konstellation noch eine positive Seite abzugewinnen. Ich schätze mich sehr glücklich, seit langen Jahren wunderbare Menschen, Familie und Freunde, an meiner Seite zu wissen, denn gemeinsam gelingt das Leben immer ein wenig leichter.

2. Was sind Ihre Themen, für die Sie sich in Zukunft einsetzen wollen?

Ich möchte eine lebenswerte Welt bewahren, dort wo ich lebe, aber auch dort, wo andere Menschen fernab von mir leben. Denn am Ende leben wir auf EINER Erde. Die dringlichsten Themen sind für mich Maßnahmen gegen den Klimawandel in die Tat umzusetzen, die Verbesserung der Gesundheits-, Verkehrs- und Bildungsinfrastruktur in den ländlichen Räumen und die Stärkung der Demokratie.

Im Bereich der Gesundheitspolitik liegt mein Fokus auf der Lebensrealität der 51 Prozent Frauen im ländlichen Raum. Seit vielen Jahren werden Geburtsstationen geschlossen, die Arbeit von Hebammen durch versicherungspolitische Rahmenbedingungen erschwert. Auch die häusliche Pflege ist leider immer noch ein Randthema. Die Erreichbarkeit von Rathäusern, Arztpraxen, Kulturangeboten etc. ohne Auto, braucht noch mehr Nachdruck. Ich möchte zudem mehr Frauen gewinnen, sich in den politischen Gestaltungsprozess einzubringen, denn es ist wichtig, dass ihre Anliegen gehört werden. Nur knapp ein Drittel der Abgeordneten in den deutschen Parlamenten sind Frauen, da dürfen sich die Rahmenbedingungen noch etwas verändern.

3. Seit 2014 haben wir in Hessen eine Schwarz-Grüne Landesregierung unter einem CDU-Ministerpräsidenten. Warum braucht es eine von Grünen geführte Regierung? Was würde diese anders machen als in den letzten Jahren in der Regierung mit der CDU?

Wir haben als Juniorpartner in der Regierung schon viele Akzente setzen können, so ist z.B. ganz Hessen mittlerweile Öko-Modellland im Bereich Landwirtschaft, wir haben die Landarztquote etabliert und die Zahl der Medizinstudienplätze erhöht, was in den nächsten Jahren den Druck im Bereich Hausarztversorgung herausnehmen soll. Wir haben den Quereinstieg von Nicht-Erzieherinnen in den Kitas vereinfacht, Auszubildende in der Pflege erhalten mittlerweile ein Ausbildungsgehalt, Ganztagsschulprogramme haben wir massiv vorangebracht, viele Kilometer Radwege gebaut, Projekte wie den „Lahnstar“ werden durch das Wirtschaftsministerium gefördert. Es gibt viele großartige Erfolgsgeschichten der Grünen Regierungsarbeit.

Dennoch könnten wir durch die Regierungsführung noch schneller vorankommen im Bereich sozial-ökologischer Transformation. Wir müssen uns positiv auf die Zukunft ausrichten, mit Mut Entscheidungen treffen, ohne immer die Handbremse gezogen zu lassen. Wir brauchen eine Offensive für das Handwerk, für regionale Lieferketten, für Bürokratieabbau und Digitalisierung. Unter Tarek Al-Wazir, der viel Erfahrung in der Ministeriumsführung mitbringt, wird Hessen stärker werden und der soziale Zusammenhalt wachsen, da bin ich mir sicher.

Tarek Al-Wazir richtig als MP

4. Das Verkehrsministerium ist mit Tarek Al-Wazir in Grüner Hand. Das Radwegenetz in Hessen erhält vom ADFC eine 4-, die Südumgehung in Limburg sieht er nicht als sein Thema, das Volksbegehren für eine Verkehrswende wurde aus juristischen Gründen abgelehnt. Zwar brachte die Regierung ein Nahmobilitätsgesetz ein, doch das geht den Initiatoren der Verkehrswende nicht weit genug. Und dies sind nur die Themen im Rahmen der Mobilität. Auch bei der Energiewende ging es in den letzten Jahren nicht richtig voran. Wie möchten Sie die Menschen davon überzeugen, dass Tarik Al-Wazir der Richtige ist, um Hessen weiter voranzubringen?

Davon, dass Tarek Al-Wazir der Richtige für das Amt des Ministerpräsidenten sein wird, bin ich überzeugt. Ich habe ihn kennengelernt und schätze seine Sachlichkeit und seine pragmatische Grundhaltung. Gleichzeitig hat er einfach gute Ideen für die Umsetzung einer sozial-ökologischen Transformation. Landespolitik ist im Spannungsfeld zwischen Bundes- und Kommunalpolitik immer in einer besonderen Position.

Es gibt Entscheidungen, die ein Hessischer Verkehrsminister nicht lösen kann, da es sich um Zuständigkeiten des Bundes handelt. So ist es mit der Südumgehung in Limburg. Es gibt viele Maßnahmen, die als noch wichtiger eingeordnet worden sind und ebenfalls noch auf ihre Umsetzung warten. Die Umgehungen in Lindenholzhausen und Bad Camberg kommen, sind kurz vor der Umsetzung. Tarek Al-Wazir steht Hessen mobil vor und natürlich sind bei allen Fragen des Straßenneubaus und Verkehrsregelungskonflikten alle Augen auf Hessen mobil gerichtet. Es hat bisher keinen Grünen Bundesverkehrsminister gegeben, der (oder die) andere Akzente bei der Bundesverkehrswegeplanung hätte setzen können.

Grüne Verkehrspolitik setzt nicht auf mehr Straßenbau, sondern auf den Erhalt und die Sanierung der vorhandenen Infrastruktur und einen Ausbau der Schiene und des ÖPNV. Unter Grüner Führung sollen die Busnetze auf „ein Mal pro Stunde in jedem Dorf“ als Minimalversorgung ausgebaut werden. On-Demand-Verkehre, Car-Sharing und der Ausbau von Ladeinfrastruktur rücken immer mehr in den Fokus, alternative Antriebe bei LKW sind Dinge, die über den Bund geregelt werden müssen.

Was die Energiewende angeht, ist Hessen durch die Ausweisung von 1,8 Prozent Windvorrangflächen bereits unter den ersten vier Bundesländern im Bereich Erneuerbare Energien. Wir haben nun Rückenwind aus Berlin bekommen und können über die Reduzierung und Entschlackung der Antragsverfahren hier noch schneller in die Umsetzung kommen.  Auch Repowering alter Windkraftanlagen soll nun einfacher möglich sein. Das ist gut so. Bisher hat uns die Bürokratie förmlich erdrückt, daran wird im Moment intensiv gearbeitet.

Realität ist aber auch, dass es durch Einspruchsverfahren von Bürgerinitiativen gegen Windkraft in der Vergangenheit zur Verzögerung der Umsetzung gekommen ist. Wenn wir die Menschen vor Ort über Bürgerbeteiligung an den finanziellen Gewinnen beteiligen können, wird dieser Widerspruch meiner Meinung nach in den kommenden Jahren immer weiter zurückgehen. Denn Strom brauchen wir alle. Gut, wenn er aus Quellen vor Ort kommt. Tarek Al-Wazir ist in all den Jahren in der Hessischen Politik seinen Überzeugungen treu geblieben. Er setzt nicht auf kurzfristige Effekthascherei, sondern auf tragbare, nachhaltige Lösungen – und die Wirtschaft gibt ihm recht. Hessen ist ein erfolgreiches Land und wird es unter Tarek Al-Wazir auch in Zukunft bleiben.

Mix aus Mobilitätsangeboten

5. Weiter zum Thema Mobilität – diese ist im ländlichen Raum eine große Herausforderung. Der Individualverkehr kann nicht einfach ersetzt werden. Was sind Ihre Ideen, um die Mobilität in der ländlichen Region breiter aufzustellen und eine Verkehrswende zu realisieren?

Meine Vision ist, das Schnellbusnetz massiv entlang der Bundesstraßen auszubauen und mit Park und Ride-Haltestellen zu verbinden. Wir müssen schnell und effektiv von A nach B kommen. Es ist unrealistisch, wenn ich zwei Stunden von Mengerskirchen mit dem Bus zum ICE-Bahnhof Limburg-Süd fahre, nur um dann den Schnellzug nehmen zu können. Wir müssen vernetzter denken und die Angebote müssen besser getaktet ineinandergreifen.

Zudem werden wir den Individualverkehr im ländlichen Raum auf absehbare Zeit nicht ersetzen können, denn viele Menschen leben einfach zu weit voneinander weg, um dauerhafte Buslinien einrichten zu können. Hier müssen wir auf Rufbus-Konzepte (On-Demand) setzen. Auch kann das Teilen von Autos in Nachbarschaften und Dörfern eine sinnvolle Ergänzung sein. Corona hat uns gezeigt, dass viele Autos den Großteil des Tages rumstehen. Was spricht dagegen, dass in der Zeit, in der ich das Auto nicht brauche, meine Nachbarin es für ihre Erledigungen nutzt? Hier brauchen wir Car-Sharing-Angebote in den Dörfern und Kommunen. Wo immer möglich, sollten stillgelegte Schienenstrecken wieder reaktiviert werden. Manchmal geht dies nicht, da auf der Strecke mittlerweile Gebäude stehen oder Straßen gebaut wurden, aber da wo es möglich ist, sollte der Schienenverkehr ausgebaut werden.

6. Eine Analyse ergab, dass der ländliche Raum wieder an Attraktivität gewinnt und die Menschen aus der Stadt wegziehen. Wie kann der ländliche Raum weiter gestärkt werden, damit er attraktiv für die Menschen bleibt?

Der ländliche Raum wird durch Homeoffice und durch für Städter bezahlbare Wohnmöglichkeiten immer attraktiver. Meist ziehen junge Familien aus den Städten hinaus in die ländlichen Räume. Außerdem gibt es eine wachsende ältere Bevölkerungsgruppe, die schon immer hier lebt. Daraus leitet sich ab, was die ländlichen Räume brauchen, um in Zukunft attraktiv zu sein.

Wir brauchen Kinderbetreuungsangebote, die am Bedarf und der Lebensrealität der Eltern ausgerichtet sind, sowie qualitativ an den Bedürfnissen der Kinder. Weiterhin brauchen wir eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung, die Geburtshilfe, Kinderärzte und ambulante Pflegedienste einschließt. Wir brauchen Treffpunkte, wo Menschen zusammen Feste feiern, Gespräche führen und Arbeiten und Gemeinschaftsaktivitäten durchführen können. Und wir brauchen Arbeitsplätze vor Ort, gute Schulen in Wohnortnähe und eine resiliente Wirtschaft mit Handwerksbetrieben und KMUs. Wir brauchen eine flächendeckende und verlässliche digitale Infrastruktur.

Zudem müssen wir auch außerhalb der Städte dem Thema Wohnraum eine größere Gewichtung zuweisen. Auch hier ist Wohnen teurer geworden. Häuser und Bauplätze sind rar. Ich befürworte Konzepte, die es alten Menschen ermöglichen in ihrem Dorf, ihrer Kommune zu bleiben, indem wir mehr Seniorenwohnungen in den Ortskernen bauen. Dadurch werden dann alte Häuser mit Gärten für junge Familien zur Verfügung stehen und es kommt zu einer Win-Win-Situation für alle.

7. Die SPD Hessen hat mehrmals Anlauf genommen, einen Transformationsfonds einzuführen. Dieses Anliegen lehnte die Regierung immer ab. Nun möchten die Grünen einen eigenen Transformationsfonds realisieren. Was ist der Unterschied zum Anliegen der SPD?

Die schwarz-grüne Regierung hat bereits einen 4,5 Milliarden Euro starken Fond für die Unterstützung der Hessischen Unternehmen bereitgestellt, damit diese die anstehenden Veränderungen strukturiert und planbar meistern können. Der Fokus des Grünen „Vorsprung-Hessen-Paket“ liegt auf der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Stärkung von Zukunftstechnologien in Hessen durch eine Aufstockung der Mittel für die Bereiche Klima und Transformation auf insgesamt sechs Milliarden Euro. Das Thema Fachkräftegewinnung und -sicherung wird hierbei sicherlich einen wichtigen Teil der Lenkungsaufgabe ausmachen.

Demokratische Parteien wählen

8. Die Zustimmung der AfD steigt, es gelingt, Nichtwähler zu erreichen, die aus Protest dann dem rechten Rand ihre Stimmt geben. Wie möchten Sie die Menschen motivieren, demokratische Parteien zu wählen?

Die Menschen sind krisenmüde. Seit Jahren hören wir immer wieder, wie schlecht es um die Welt und unsere Zukunft bestellt ist. Die Handlungsspielräume vieler sind gefühlt kleiner geworden. Da haben es Populisten recht einfach, die emotionale Karte zu spielen.

Die Ausrufe „Die da oben machen eh, was sie wollen!“ kommen aus einem Gefühl heraus, nicht mitentscheiden zu können, wohin die Reise geht. Es ist jedoch ein Trugschluss zu denken, dass sich dies durch die Wahl einer demokratiefeindlichen Partei wie der AFD positiv ändern würde. Wir müssen miteinander reden, dürfen nicht aufhören, für die Vorteile der demokratischen Mitgestaltung zu werben. Eine Garantie der Mittel für politische Bildung ist meiner Meinung nach unabdingbar. Auch ein EU-gesponsertes Europa-Ticket für alle jungen Menschen, die einen Schulabschluss erreicht haben, finde ich eine gute Idee. Diese sollte über die Projektphase hinausgehen. Denn so wird der Wert einer er-fahrbaren Europäischen Union deutlich.

Demokratie kann nur durch Mit-Machen gelingen. Dazu müssen wir zu den Menschen gehen, niedrigschwellige Angebote machen, konkret Interessierte Menschen ansprechen, ob sie sich nicht einbringen wollen.

Wir brauchen auch dringend eine Versachlichung des Diskurses, ohne Fingerzeigen und Schuldzuweisungen. Wenn so viele Menschen in unserem Land den Wert der Demokratie nicht (mehr) teilen, dann müssen wir selbstkritisch sein und versuchen zu verstehen, warum dies so ist. Statt Gräben müssen wir Brücken bauen und integrieren. Wir müssen wieder Vertrauen aufbauen, wo anscheinend Vertrauen verloren gegangen ist, dass die Parteien im „Angebot“ die Probleme unserer Zeit lösen können.

Ich möchte dringend appellieren an alle, die wählen dürfen, ihr Recht in Anspruch zu nehmen und dabei eine demokratische Partei zu wählen. Es gibt unzählig viele, auch kleinere, der Demokratie verpflichtete Parteien, die man als Protest gegen die Großen auch wählen könnte – die AFD und die ihr im aggressiven Vorgehen leider sehr verwandte Basis, braucht es dafür jedoch nicht!

 

Welche Kandidaten für den nächsten Landtag kandidieren und wie die Wahl abläuft, findet ihr in diesem Übersichtsbeitrag.

Mehr über Anke Foeh-Harshman erfahrt ihr auch im Kandidatencheck vom HR (Name eingeben und ihr gelangt zum Kandidaten).

Mit der NNP-WT sprach Anke Foeh-Harshman darüber, Brücken bauen zu wollen und Probleme ganzheitlich lösen zu wollen.

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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