Clown-Doktoren auf der Palliativstation „Uns darf man auch mal rausschmeißen“
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Clown-Doktoren auf der Kinderstation sind vielen ein Begriff. Dass die Clown-Doktoren auch auf der Palliativstation unterwegs sind, kann sich manch einer nicht vorstellen. Sind die Erwachsenen genauso empfänglich für sie wie Kinder? Wie lässt sich ein Zugang zu ihnen herstellen? Ich durfte zwei Clown-Doktoren auf der Palliativstation im Limburger St. Vincenz Krankenhaus begleitet und war tief berührt.
Sie heißen Dr. Schlotterbein (Leopold Engelhart) und Dr. Bärbel Bär (Heidi Hawelka). Seit November sind sie einmal im Monat auf der Palliativ unterwegs und versprühen für wenige Minuten gute Laune in den Zimmern. Bevor es für sie in die einzelnen Zimmer geht, gibt es eine Übergabe mit dem Arzt. Von ihm erhalten sie Informationen, welche Patienten auf Station sind, was sie haben, wie es ihnen geht, wie sie drauf sind. Nach dieser Übergabe benötigen die beiden eine Viertelstunde, um in ihre Kostüme zu schlüpfen. Danach sind sie kaum wieder zu erkennen. Eine rote Nase im Gesicht, ein lustiges Hütchen auf dem Kopf oder bunte Spangen im Haar.
Ein Liedchen auf den Lippen
Damit auch jeder auf der Station mitbekommt, wer gleich Visite macht, stimmen die beiden ein kleines Liedchen an und Dr. Schlotterbein spielt dazu das Akkordeon. Dennoch fragen sie an jeder Tür nochmal höflich nach, ob sie eintreten dürfen. Es sind wenig Minuten, die sie mit den Patienten verbringen, doch sie bewirken einiges in dieser kurzen Zeit. Bei einer Patientin stimmten sie das Liedchen „In einer kleinen Konditorei“ an und die Dame sang mit, hatte Tränen in den Augen. Und dann entspann sich ein Gespräch über Lieblingskuchen und Lieblingsessen allgemein. Bei einer anderen Patientin war beim Betreten des Zimmers keinerlei Regung zu erkennen. Sie fragte, ob es denn erlaubt sei, dass die Doktoren da seien. „Wir dürfen das“, erwidern die beiden lachend, „aber Sie dürfen uns auch rausschmeißen.“ Am Ende lacht sie herzhaft und bedankte sich bei den Clown-Doktoren für das Lied. Und eine kleine Erinnerung gibt es auch noch in Form eines Glitzeraufklebers oder eines kleinen Schokoladenbärchens.

Verbindung zu den Patienten aufbauen
Es ist aber nicht nur die Musik, mit welcher sie eine Verbindung zu den Patienten aufbauen. Einem Patienten schaut Dr. Bärbel Bär ganz tief in die Augen und beginnt, von seinen blauen Augen zu schwärmen. Sie würde ihn ja auf der Stelle heiraten und hätte auch alles mit dabei. Doch leider musste er ihr mitteilen, dass er schon verheiratet sei. Und dann kommen die Patienten einfach nur mal ins erzählen, erinnern sich an die Vergangenheit und reißen auch mal Witze. Und dies sind Momente, die Heidi Hawelka viel bedeuten: „Wenn die Patienten in ihren Gedanken gefangen sind, bedeutet es mir sehr viel, wenn es uns gelingt, ein Fenster zu öffnen und sie dort für einen Moment herauszuholen.“ Und wenn sie aus den Zimmern gehen und die Patienten mit einem Lächeln auf den Lippen verlassen, dann haben sie dieses Ziel erreicht.
Bevor es in die Zimmer hineingehen, besprechen die beiden kurz ihre Notizen, welche sie über die Patienten haben. Dennoch ist eine große Abstimmung darüber, wie sie vorgehen, nicht möglich, da sie selbst nie wissen, wie die Patienten reagieren. Sie geben kleine Stichpunkte, jonglieren sich den Ball zu und wenn eine Reaktion vom Patienten kommt, dann nehmen sie diese auf. Dies kann ein kleines Liedchen sein, der tiefe Blick in die Augen oder ein Pantomime Ratespiel. Der Fundus der beiden ist recht groß. So hat Dr. Bär eine große Handtasche mit dabei, in welcher sie allerlei versteckt – vom Brautschmuck über eine Pfeife, von der Rassel bis hin zu neckischen Aufklebern.

Etwas zurückgeben
Leopold Engelhardt aus Löhnberg/ Selters ist seit 20 Jahren als Clown Doktor unterwegs und hat schon viele Geschichten erlebt. Er ist seit 35 Jahren als Clown tätig und weil es ihm gut ging, wollte er irgendwann etwas zurückgeben. Für ihn ist eine schöne Arbeit, bei der er nicht nur etwas gibt, sondern auch viel zurückbekommt. „Wir sind die einzigen mit weißem Kittel, die die Patienten rausschmeißen dürfen“, erzählt er. Und so sehen sich die beiden auch als Zwischenvermittler zwischen dem Patienten und dem Personal. „Wir können machen, was andere nicht können“, so Engelhardt. Und Hawelka erinnert sich an einen Patienten, der wenig sprach und dann ihnen gegenüber äußerte, dass er gerne nach Hause möchte. Diesen Wunsch konnten die beiden dem Personal mitteilen und dem Patienten konnte der Wunsch erfüllt werden.
Dies sind Geschichten, die zu Herzen gehen. So gab es auch mal einen Patienten, der nur noch wollte, dass es vorbei ist. Engelhardt wünschte sich dann mit ihm, dass sein Leiden ein Ende haben werde. Am Ende bedankte sich der Patient bei ihm, denn er fühlte sich ernst genommen von dem Clown-Doktor.
Welche Besucher schwieriger seien? Bei den Kindern oder bei den Erwachsenen? Dies sei ganz unterschiedlich. Bei den Kindern sei manchmal leichter eine Reaktion hervorzurufen. Aber die Kleinen zu sehen und von ihren Krankheiten zu erfahren, ginge manchmal tiefer als die Besuche bei den Erwachsenen, so Engelhardt. Nicht so leicht seien die Teenager, die denken würden, dass sie für sowas zu alt seien. Doch auch da gelänge es den beiden, einen Zugang zu bekommen.
Clown-Doktoren auf Rezept
Leopold Engelhardt würde sich wünschen, wenn jedes Krankenhaus Clown-Doktoren hätte. „Clown-Doktoren auf Krankenschein gibt es leider noch nicht“, so Engelhardt. Dabei sei ihre Arbeit so wertvoll. Sie erhalten nicht nur zu Beginn ihrer Visite Hinweise des Arztes über die Patienten. Sie geben auch nach der Visite Rückmeldungen an das Personal, wie die Patienten auf den Besuch reagiert haben. Dies könne Anzeichen geben, wie das Personal eventuell einen Zugang zum Patienten erhalten, wenn er sich nicht ganz so zugänglich bisher erwiesen hat. Laut Engelhardt sind die Clown-Doktoren eine wertvolle Ergänzung im Krankenhaus. Finanziert werden die Clown-Doktoren über Spenden. Im Juni gab es 1.000 Euro vom Lions Club Limburg-Nassau und die Original Waldbrunner Blaskapelle spielte ihr Weihnachtskonzert für diese besonderen Doktoren.

Clown-Doktoren auf der Kinderstation unterwegs
Dies hat auch das Krankenhaus erkannt, weshalb seit Mitte Juni auch Clown-Doktoren auf der Kinderstation jeden Mittwoch unterwegs sind. Die promovierten Therapeuten der besonderen Art sind Abgesandte des Vereins CLOWNDOKTOREN e.V., die ab sofort ihre wöchentliche Sprechstunde auch in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin abhalten. Die neue medizinische Spezialdisziplin lebt von Spaß, Freude, aber auch von ganz viel Empathie. Mit Improvisation und Puppenspiel, Musik und Pantomime bringen die Clowns wohldosierte Prisen alternativer Medizin in die Klinik. Davon profitieren nicht nur die kleinen Patienten, sondern auch Ärzte und Pflegekräfte: „Diese Visiten sind wie eine erfrischende Brise.
Es ist eine sehr schöne Bereicherung im Stationsalltag“, sagt Gesundheits- und Krankenpflegerin Dilani Reisel, pflegerische Leiterin der Neonatologie*. „Nicht nur bei den Kindern, auch in unserem Team steigt die Spannung, bis es endlich Mittwoch ist“, ergänzt Kollegin Felicia Klemm. Die Clown-Doktoren bringen nicht nur gute Medizin, sondern auch das Lachen auf die Station und sorgen für kräftige Farbtupfer in der Kinderklinik, bestätigen die beiden Pflegekräfte übereinstimmend.

„Wir freuen uns sehr, dass es jetzt endlich auch in Limburg geklappt hat, einen sehr aktiven Unterstützerkreis für unsere nachhaltige Projektarbeit zu finden“, zeigt sich Holger Wisch, 1. Vorstand von DIE CLOWN DOKTOREN e.V., begeistert vom Engagement einer Gruppe von Limburger Unternehmern, die seit Wochen um Spenden werben. Koordiniert wird die Initiative von Mario Rohrer, Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Limburg: „Eine Gruppe positiv verrückter Menschen“, charakterisiert er seine Mitstreiter für die neu etablierte therapeutische Disziplin auf dem Schafsberg . Rohrer ist überzeugt, „dass wir ein seit Jahren erfolgreiches Konzept für Humorinterventionen in der Kinderklinik auch hier in Limburg dauerhaft etablieren können.“ So wolle man in der Region diese wichtige Projektarbeit für Kinder in medizinischen Notsituation langfristig unterstützen. (vollständige Bericht Clown-Doktoren auf der Kinderstation auf der Seite vom St. Vincenz Krankenhaus)