Corona – eine Herausforderung an das Schulsystem
Seit Montag sind Schulen und Kindergärten geschlossen. Bereits mit der Verkündung am Freitag, dass die Schulen geschlossen wurden, kursierte der Begriff #coronaferien durch die sozialen Netzwerke. Doch Ferien sind es beileibe nicht, viel mehr eine Herausforderung an das gesamte Schulsystem.
Heute werde ich ein wenig persönlicher, denn seit Montag ist bei uns Homeschooling angesagt. Auch wir sind davon betroffen, zu Hause den Unterrichtsstoff an die Kinder zu vermitteln. Am Freitag war auch noch ein kurzer Jubel von fünf Wochen Ferien bei den Kindern, doch bereits am Montag zeichnete sich ab, dass sie ihr Pensum an Lerninhalten weiterhin leisten müssen. Doch nicht nur auf seiten der Schüler ist es eine Herausforderung, sondern auch seitens der Schulen.
Dorian Gray und Bernhard Schlink
Ich als Mutter bin von dieser neuen Situation gefordert. Diskussionen, die meine Große sonst in der Schule führte, führt sie nun mit mir. Es ist bei mir schon einige Jahre her, dass ich „Dorian Gray“ von Oscar Wilde und „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink gelesen habe. Beides Werke, die mir sehr gut gefallen und die ich mir nun zurück ins Gedächtnis rufen musste. Wie wird Jugend definiert und welche Auswirkungen hat es auf Dorian Gray, als er das Bildnis von sich sieht? Findet in „Der Vorleser“ eine Vergewaltigung oder eine Verführung statt? Alles Themen, die jetzt nicht zu meinem täglichen Leben gehören. Ich finde es gut, dass hier innerhalb weniger Tag von der Fürst-Johann-Ludwig-Schule über Office eine Möglichkeit geschaffen wurde, mit den Schülern zu kommunizieren. Es sind sogar Live-Unterrichtseinheiten geplant.
Für die Grundschule bin ich eher überfordert mit dem riesen Angebot. Bereits über 100 Blätter haben wir ausgedruckt, mit dem das Grundschulkind lernen kann. Da fehlt mir ein wenig die Richtlinie, was sie in einer Woche schaffen muss.
Umstellung von analog auf digital
Doch nicht nur für uns Eltern ist es eine riesen Umstellung. Von der Digitalisierung wurde immer viel geredet und nun hat sie uns mit einem Schlag getroffen. Auch wenn es Notfallpläne in der Schublade gab, offiziell bekannt, dass die Schulen schließen, war am Freitag früher Abend. Am Montag brachen etliche Server zusammen, weil jeder Informationen auf den Homepages der Schulen suchte. Zudem mussten die Lehrer innerhalb eines Wochenendes Aufgaben zusammenstellen und sich Gedanken machen, wie es weitergeht.
„Vorher fand wenig digitale Kommunikation mit den Schülern statt“, erzählt mir Kira Jung aus Langendernbach, die als Lehrerin in Rheinland-Pfalz arbeitet, „manche Schüler waren nicht mal in der Lage, eine Email zu schreiben.“ Und nun musste sie quasi über Nacht auf digital umstellen. Und auch wenn es im Laufe der Woche Hinweise gab, „war alles sehr kurzfristig.“ Für Lehrer besteht weiterhin eine Dienstpflicht mit den Wochenstunden, die sie auch sonst arbeiten. Zum Teil unterrichten die Lehrer von den Schulen aus, weil dort die technischen Mittel vorhanden sind oder von zu Hause. Bei der Aufgabenzusammenstellung müssen sie auch erst schauen, was sie den Schülern zumuten können. „Im Unterricht weiß ich, was ich den Schülern geben kann. Aber es ist schwierig einzuschätzen, was sie zu Hause schaffen.“
Kreative Lösungen
Für manch anderen Lehrer ist die Situation auch die Chance für kreative Lösungen, wie Arno Petri von der Friedrich-Dessauer-Schule berichtet. Videos sind eine Möglichkeit, Lerninhalte zu vermitteln. Die Lehrer der Werkstätten müssen sich neue Projekte überlegen, welche die Schüler auch von zu Hause aus umsetzen können. Er machte aber auch schon die Erfahrung, dass die Systeme zusammenbrechen, weil alle gleichzeitig darauf zugreifen. So ließ er sich die Arbeitsblätter per Whatsapp zuschicken. „Nur handschriftlich müssen sie sein“, ist seine Forderung. Richtung Digitalisierung sieht er eine Chance für alle Lehrer, denn sie müssen sich überlegen, wie sie den Unterricht gestalten.
Probleme sehen beiden Lehrer in der Benotung. Dirk Fredl vom Schulamt sieht dennoch Möglichkeiten der Benotung. „Arbeiten wie Hausarbeiten und Referate dürfen benotet werden“, so Fredl. Er sieht auch eine Chance in der derzeitigen Situation, denn die Lehrer können kreative Ideen entwickeln. Von den Schulen im Landkreis habe er bisher die Rückmeldungen, dass es gut angelaufen ist. Auch er kann von kreativen Umsetzungen berichten wie Videokonferenzen und Chats zwischen Lehrern und Schülern. „Teilweise ist es ein zeitlich intensiverer Austausch als vorher mit festen Stunden.“ Vom Schulamt sind sie von der Entwicklung auch überrollt wurden. Vor zwei Wochen sprachen sie noch über Lösungen, wie damit umgehen, wenn eine Schulklasse oder eine Schule in Quarantäne muss. Und es gab Gespräche mit den Schulen, sich vorzubereiten.
Leider bekäme er von den Schulen auch Rückmeldungen, dass sich die Schüler in größeren Gruppen treffen. Er verweist nochmal darauf hin, dass damit die Ansteckungsgefahr steigt und die Schüler sich bitte nicht treffen sollen. Er ist erstmal froh, dass trotz der Situation weiterhin eine Wissens- und Kompetenzvermittlung stattfindet.