Die Fastnacht lebt – nur etwas anders als gewohnt

Corona bestimmt massiv das Vereinsleben und dies zieht sich bis ins nächste Jahr hinein. Bereits im Juni teilten die Vereine des Dreierbundes mit, dass in der derzeitigen Situation an Kappensitzungen nicht zu denken ist. Doch Corona hat nicht nur Auswirkungen auf Kappensitzungen und Fastnachtsumzug. 

Bei den Fragen um die Fastnacht geht es immer um die Sitzungen und Umzüge. Doch für die Vereine geht es um viel mehr als nur um eine Sitzung, welche nicht stattfindet. Die Vereine kämpfen mit Einnahmeausfällen. Es sind große Herausforderungen für sie, unter der jetzigen Zeit Vereinsarbeit durchzuführen. Und sie machen sich natürlich Gedanken, Fastnacht dennoch etwas anzubieten. Boris Frohne, Präsident vom Rauchclub 1884 Limburg e.V, Manfred Thome, Präsident vom LCV Blaue Funker Limburg, Stefan Holl, Präsident der 1. GKG Diez sowie Alwin Braun und Brit Kuhl-Wengenroth, Präsident und Vize von der KG Hadamar trafen sich zu einem Gespräch, um Einblicke in die derzeitige Vereinsarbeit zu geben. Normalerweise ist es jetzt die Zeit, wo die Vereine beginnen, ihre Sitzungen zu planen. Doch dieses Jahr läuft alles anders.

Kinder- und Jugendarbeit

So langsam geht in den Vereinen das Vereinsleben wieder los. Es finden Tanzproben statt und die Mitglieder treffen sich – natürlich in Kleingruppen und mit den nötigen Regeln. Für die KG Hadamar sind in diesem Jahr die ganzen Meisterschaften weggefallen. Auch wenn sie nicht wissen, was kommt, bereiten sie sich derzeit auf die Qualifikationstänze zu den Meisterschaften vor. Dennoch hatte der Vorstand ein wenig Angst, wie es nach drei Monaten Pause sein wird. „Aber die Kinder wollen alle“, so Brit Kuhl-Wengenroth. Vor allem für die Kinder und Jugendlichen etwas anzubieten, beschäftigt die Vereine. „Die Erwachsenen haben ihre Verbundenheit zum Verein“, so Boris Frohne, „aber die Kinder in diesen Zeiten zu halten, ist schwieriger.“ Die sind sehr schnell weg, wenn nichts angeboten wird und suchen sich etwas anderes. Daher haben alle Vereine stetig auf die Verordnungen geschaut und losgelegt, sobald dies von der Landesregierung her erlaubt war.

Laufende Kosten

Einnahmen haben die Vereine derzeit keine. Doch die laufenden Kosten bleiben bestehen. Zwar haben sie noch Einnahmen aus den Kappensitzungen im Frühjahr, doch diese reichen alleine nicht aus, um alle Kosten abzudecken. Bei den Blauen Funkern fehlen die Einnahmen durch Vermietungen. Manfred Thome befürchtet sogar, dass die Situation dazu führen könnte, dass der Verein in den nächsten zwei bis drei Jahren keine Investitionen tätigen werden kann.

Bei der KG Hadamar müssen leider Investitionen getätigt werden. Der Verein benötigt rund 9.500 Euro für ein neues Rolltor und die Erneuerung der Heizungsanlage. Sie haben Anträge gestellt, um von der Soforthilfe für Vereine zu profitieren. Doch die Antwort ärgerte den Vorstand. „Verbrauchen Sie erst ihre Liquidität“, so Alwin Braun. Doch mit dem Wegfall der Hessenmeisterschaft fiel auch die Haupteinnahmequelle des Vereines weg und das Geld für die dringenden Investitionen fehlen. Dies sind Dinge, die niemand sieht, wenn an Fastnacht gedacht wird. Stefan Holl fehlen die Einnahmen, um überhaupt eine neue Kappensitzung zu planen. Die GKG Diez ging auf die Märkte und erhielt dadurch Einnahmen. Diese sind alle weggebrochen.

Steady

Hygienekonzept nicht umsetzbar

Sehr gerne würden die Vereine Kappensitzungen veranstalten, doch die Hygienekonzepte sind nicht umsetzbar. „Wir müssen uns gedanklich davon verabschieden, dass Sitzungen stattfinden werden“, so Manfred Thome. Er befürchtet, dass es zudem Probleme geben könnte, wenn Besucher falsche Angaben machen. Wenn dann etwas passiert, dann ist eine Nachvollziehbarkeit nicht möglich. Mit Abstand sitzen, nicht singen dürfen. Wie soll da Stimmung aufkommen? Zudem steht die Befürchtung im Raum, dass der Geräuschpegel dann ansteigt, da sich die Besucher auch immer miteinander unterhalten. Aber bei 1,50 Meter Abstand geht dies nicht mehr im Flüsterton, so Frohne. Den Vereinen fehlen einfach die Planungssicherheiten. Er hat eine wichtige Botschaft nach außen: „An alle Hater- keiner sagt aus Spaß eine Veranstaltungen ab. Aber unter den derzeitigen Bedingungen gibt es Probleme mit der Organisation, die Sachzwänge lassen es nicht zu“, so Frohne.

Doch die Fastnachtsvereine möchten den Kopf nicht in den Sand stecken. Mit Hochdruck arbeiten sie an Ideen, um den Menschen dennoch irgendetwas anzubieten. Der Rauchclub plant eine Youtube-Sitzung, um die Karnevalisten zu unterhalten. Diese soll es auch auf DVD geben. „Wir möchten im Gespräch bleiben, damit die Menschen nicht glauben, wir sind eingeschlafen“, so Frohne. Und die KG Hadamar überlegt ein Format mit ihrem Videomaterial aus 40 Jahren Fastnacht. Vielleicht könnte man dieses aufarbeiten, so Alwin Braun. Eventuell wollen sie mit einem wenig Musik auf dem Schlossplatz den Menschen zeigen, dass die fünfte Saison nicht tot ist. „Es ist nicht zu Ende“, so Braun. Auch wenn die Kappensitzungen abgesagt sind, möchte Thome den Spaß uff de Gass noch nicht völlig absagen. Aber es muss genau geschaut werden, was möglich ist und was nicht.

Und neben den Sitzungen darf auch der soziale Gedanken der Fastnacht nicht vergessen werden. Während der närrischen Saison finden viele Veranstaltungen in den Seniorenwohnheimen statt, an denen die Vereine mitwirken. Die ersten Anfragen kamen schon von den Seniorenwohnheimen herein, die gerade dabei sind, Konzepte zu erstellen. Zustimmendes Nicken aus der Runde. „Die Senioren haben am meisten unter der Situation gelitten, daher sollten wir etwas anbieten, wenn wir gefragt werden“, so Alwin Braun.

Positive Auswirkungen

Doch etwas positives hat die ganze Situation, erzählt Brit Kuhl-Wengenroth. Die Mitglieder besinnen sich wieder auf die Vereinsarbeit. Sie spüren eine Aufbruchstimmung unter den Mitgliedern, die sich zahlreicher zu Arbeitseinsätzen melden als vorher. Diese positive Stimmung können die anderen bestätigen. Auch Thome möchte nicht alles schlecht reden und sieht es als Chance, umzudenken und eventuell auch neue Dinge zu konzipieren. Zustimmung erhält er von Frohne. Es sei eine Möglichkeit, veraltete Strukturen aufzubrechen. Und Kuhl-Wengenroth sieht das fordern und fördern von Kreativität und das rauskommen aus alten Strukturen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Fastnacht nicht gefeiert wird. Zum Golfkrieg wurde die Fastnacht abgesagt, weil niemand feiern wollte, wenn woanders Krieg geführt wird. Und auch damals, nach einem Jahr Pause, ging die Fastnacht weiter. Dennoch wird es diesmal schwieriger sein, denn Corona ist kein sichtbarer Gegner, so Frohne. Es gibt keinen definierten Startpunkt und genauso wenig wird es einen definierten Endpunkt geben, an dem es wieder normal weitergehen wird. Der Übergang wird schleichend sein. Und die Vereine rechnen auch mit Einbrüchen bei den Kappensitzungen, die irgendwann wieder stattfinden werden.
Doch sie werden wie Lazarus auferstehen und wie Phönix aus der Asche steigen, darin sind sie sich einig.

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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