Diskussion um gendergerechte Sprache

Die Verwendung von gendergerechter Sprache soll dazu beitragen, einer vielfältigen Gesellschaft gerecht zu werden und alle Menschen sichtbar zu machen. Doch wie dies geschehen soll, darüber kommt es immer wieder zu Diskussionen.

Die Sensibilität für eine gendergerechte Sprache nimmt zu. Doch welches ist die passende Form? Darüber entbrennen immer wieder Diskussionen. Ein aktueller Post der Marienschule Limburg, die sich klar für eine geschlechtergerechte Sprache aussprach, rief die Schüler-Union auf den Plan, welche die gegenderte Öffentlichkeitsarbeit der Marienschule kritisiert.

Absage an Verzicht auf Genderzeichen

Dem Ganzen voraus ging wohl eine Nachricht an die Marienschule, bitte in Zukunft auf Genderzeichen zu verzichten, damit Texte besser lesbar seien. Dies veranlasste die Marienschule zu einer Stellungnahme auf Instagram. In dieser Stellungnahme erklärte die Schule, dass sie dieser Bitte eine klare Absage erteile und begründete ihre Absage.

Das generische Maskulinum scheint grammatikalisch für alle zu gelten, aber viele stellen sich darunter Männer vor. Studien würden zeigen, dass Sprachen, die von Grund auf neutraler seien, dafür sorgen würden, dass Menschen offener über Geschlechterrollen denken. Zudem würde die Sprache die kindliche Vorstellung von Berufen prägen und bei einer gendergerechten Formulierung würden sich Mädchen auch eher typisch männliche Berufe zutrauen.

Als vierten Grund benennen sie, dass Sprache Wirklichkeit schaffe. Eine gendergerechte Sprache würde dazu führen, dass neben Männern und Frauen auch intersexuelle Menschen mitgedacht werden. Zudem verändere sich Sprache immer wieder. „Wir passen die Sprache der Welt an, in der wir leben“, so in der Begründung. Genderzeichen seien die richtige Wahl in einer Gesellschaft, in der sich Menschen nicht nur als Männer und Frauen definieren. „Genderzeichen zu verwenden, bedeutet, sich politisch zu positionieren und mit all jenen solidarisch zu erklären, die eine neue, emanzipative Geschlechterordnung leben“, so der abschließende Satz in dem Statement.

 

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Kritik von der Schüler-Union

Auf dieses Statement zur Verwendung der gendergerechten Sprache reagiert nun die Schüler-Union Limburg-Weilburg mit einer Pressemitteilung. An dieser Stelle wolle die Schüler-Union bewusst auf die Debatte verzichten, wie sinnvoll Gendern ist. Aber sie wünschen sich, dass die Marienschule als Bildungsinstitution ihre Öffentlichkeitsarbeit nochmal überdenkt. Sie sei dafür zuständig, allen Schülern Wissen zu vermitteln. Mit diesem Wissen können die Schüler dann selbstbestimmt entscheiden, wie sie schreiben und sprechen möchten.

„In keinem Fall hat eine Schule ihren Schülern durch gegenderte Öffentlichkeitsarbeit zu vermitteln, dass nur die Entscheidung pro Gendern die richtige Wahl sei“, heißt es in der Pressemitteilung.
Welche Sprache die Marienschule selbst verwendet, beeinflusse die Schüler in ihrem Entscheidungsprozess. Des Weiteren sei es äußerst fraglich, dass eine Schule, die die deutsche Sprache lehrt, sich selbst einer Sprache bedient, die grammatikalisch nicht korrekt ist. “Bemühungen, die wirklich darauf abzielen, einen Weg Richtung Gleichberechtigung zu gehen, werden durch die Gendersternchen ins Lächerliche gezogen” so Anton Hermes, Kreisvorsitzender der Schüler Union Limburg-Weilburg.

Auch der Bundestagsabgeordneter Klaus-Peter Willsch hat zum Gendern der Marienschule eine deutliche Meinung: „Dass eine angesehene Bildungsinstitution wie die Marienschule sich diesem Umerziehungsfuror einer ideologisch verbohrten kleinen Minderheit beugt, ist schade und unverständlich. Statt den Schülern unsere schöne Deutsche Sprache korrekt zu lehren, wird auf einer zeitgeistigen „NeusprechWoge“ mitgesurft.“

Umfragen zum Gendern

Das Thema gendergerechte Sprache ist seit einigen Jahren in der Diskussion und teilweise heftige Debatten werden darüber geführt. Das Umfrageinstitut Infratest dimap wollte 2021 wissen, wie die Bevölkerung zum Thema Gendern steht. Zwei Drittel der Befragten, also 65 Prozent, lehnten die Verwendung der geschlechterneutralen Sprache ab. Nur 26 Prozent befürworten eine Verwendung derselbigen. Auch wenn die Präsenz in den Medien zunimmt, hat sich die Akzeptanz nicht gesteigert. Vielmehr hat die Akzeptanz zum Vorjahr noch abgenommen (Quelle infratest dimap)

In ihrem Statement bezieht sich die Marienschule auf die Landeszentralstelle für politische Bildung Baden-Würtemberg und zitierte Argumente für die gendergerechte Sprache. Ebenfalls auf der Seite lassen sich auch Contra-Argumente zum Gendern finden. So findet sich dort die Aussage, dass eine „verständliche, lesbare und zugängliche Sprache“ durch Gendern nicht gewährleistet werde. Zudem sei das generische Maskulinum eine grammatisch männlich Bezeichnung, beziehe sich jedoch nicht auf das männliche Geschlecht, sondern vereint alle Personen. Für die Gleichberechtigung sei die Sprache nicht relevant, denn eine gerechte Sprache schaffe noch keine gerechte Welt. Eine gendergerechte Sprache führe zu einer Überbetonung des Geschlechts, auch in Fällen, wo das Geschlecht gar keine Rolle spielt. In Sachen Barrierefreiheit stößt das Gendern auf seine Grenzen. Gendern lade die Sprache politisch auf, ist ein politisches Statement und führe zu Polarisierung.

Gendergerechtes Formulieren

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, gendergerecht zu formulieren. Es gibt zum einen die Möglichkeit, das Geschlecht sichtbar zu machen. Dies ist eine gendersensible Formulierung. Darunter fallen Formulierungen in der Doppelform wie Schüler und Schülerinnen oder Bürger und Bürgerinnen. Oder es gibt die genderneutrale Form, bei der das Geschlecht getilgt wird. Die Polizisten werden zu Polizeikräften, die Radfahrer zu Radfahrenden oder die Mitarbeiter zu Mitarbeitenden. Dies sind Formulierungen, mit denen die Gesellschaft Leben kann.

Sperrig zum Lesen sind die Formen mit Binnen-I wie LehrerInnen oder SchülerInnen oder die Nutzung von Gendersternchen bei Lehrer*innen und Schüler*innen. Das sind auch die Formen, welche die große Ablehnung bei den Umfragen erfahren.

Die Jusos Limburg-Weilburg haben sich nun auch zu dem Thema geäußert und der Schüler-Union widersprochen.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

2 thoughts on “Diskussion um gendergerechte Sprache

  • Pingback: Grüne Jugend Limburg-Weilburg bekennt sich zur genderechten Sprache - Grüne Limburg-Weilburg

  • 24. Juni 2022 um 12:56
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    Gerade eine Schule hat ein besondere Verantwortung gegen über der Sprache. Leider grenzt das Gendern aus. Ausländer, die Deutsch lernen wollen oder müssen können ein Lied von der Komplexizität der deutschen Sprache singen. Mit Gendern werden Ausländer noch mehr ausgegrenzt.
    Problematischer ist jedoch, dass all diejenigen, die der amtlichen Rechtschreibung treu bleiben und nicht gendern wollen, politisch und ideologisch stigmatisiert werden als Chauvinisten, Rechte, Homophobe u.ä. Die Sprache verkommt zu einem ideologischen Kampfmittel mit erigiertem, moralischem Zeigefinger.
    Viele Unternehmen und Institutionen zwingen mittlerweile Menschen dazu, sich gegen die amtliche Rechtschreibung zu stellen! “Wenn Du nicht genderst, wirst Du gekündigt…” / „Wenn Du nicht genderst, bekommst Du schlechere Noten…“ – Wo ist der Rechtsstaat, der das verhindert? Wer gendern will kann das ja gerne machen, aber zwingen geht gar nicht.

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