Existenz der Jugendherbergen bedroht

Die Coronakrise stellt die Jugendherbergen vor eine große Herausforderung. Da es sich um eine gemeinnützige Organisation handelt, dürfen sie keine Rücklagen bilden und die Existenz ist bedroht, wenn keine finanzielle Unterstützung kommt.

Seit dem 19. März sind die 30 Jugendherbergen in Hessen geschlossen. Nach den neuen Entscheidungen von Bund und Ländern bleiben sie vorerst bis zum 3. Mai weiterhin geschlossen. Zu den 30 Jugendherbergen gehören auch die Jugendherberge in Limburg sowie in Weilburg-Odersbach. Pressesprecher Knut Stolle gibt einen Überblick zur derzeitigen Situation.

Mit dem Rücken an der Wand

Die Stimmung ist sehr angespannt und die Nachrichten- wie auch die Beschlusslage wird aufmerksam verfolgt. Alle Mitarbeiter in den Häusern sowie auch der Geschäftsstelle vom Landesverband Hessen des Deutschen Jugendherbergswerk befinden sich aktuell in Kurzarbeit. „Wir stehen aber mit dem Rücken an der Wand, da wir bis dato noch unter keinen Rettungsschirm von Bund und Ländern fallen“, so Stolle auf die Frage nach der Stimmung. Als gemeinnützige Organisation dürfen sie nach bestehender Rechtslage keine Rücklagen bilden und haben somit für die derzeitige Situation auch kein wirkliches Polster zur Verfügung.

Hessenweit hatte der Verband knapp 170.000 Übernachtungen verloren, was eine Umsatzbuße von sieben Millionen Euro entspricht. Dabei ist für den Verband noch gar nicht absehbar, wie sich die Krise am Ende insgesamt finanziell auswirkt.
Teilweise reichen die Absagen bis ins nächste Jahr hinein. „Bis zu den Sommerferien 2020 wurden alle Gruppen-, Klassen- und Seminaraufenthalte storniert. Unser Familiengeschäft ist mit den Buchungsvorläufen deutlich kurzfristiger, hier merken wir aber, dass quasi keine Neubuchungen rein kommen“, schildert Stolle die aktuelle Situation. Ohne die Rücklagen und den daraus entstehenden Nöten sowie den Mitarbeitern in Kurzarbeit kann der Verband die Zeit auch nicht nutzen, um Renovierungen an den Jugendherbergen vorzunehmen.

Große Unterstützung durch die Gäste

Auf die Nachfrage, ob die Räumlichkeiten für Homeoffice-Möglichkeiten zur Verfügung stünden, meinte Stolle, dass dann ein Unternehmen für seine Mitarbeiter eine solche Option anfragen müsste. Und es muss sicher sein, dass eine solche Nutzung notwendig ist, denn ansonsten ist eine solche Nutzung auf Grund der Landesverordnung derzeit nicht möglich. „Wir bieten unsere Häuser den verschiedenen hessischen Ministerien und Krisenstäben von Ländern, Landkreisen und Gemeinden als Ausweichunterkünfte für Krankenhäuser, Frauenhäuser oder Geflüchtetenunterkünfte sowie als Notunterkünfte für Obdachlose oder Geflüchtete an“, so der Pressesprecher weiter.

In dieser Krisensituation hat Stolle jedoch auch angenehme Dinge zu berichten: „Wir freuen uns über jede Unterstützung, die wir durch unsere Gäste erfahren, aktuell verzichten einzelne Gäste auf die Rückzahlung ihrer Anzahlung und wandeln diese in Spenden um, was uns zutiefst beeindruckt und rührt. Die Treue der „Jugendherbergsfamilie“ beeindruckt uns dazu, wir freuen uns auch über Neumitglieder, so können wir auch aus der Bevölkerung eine gute Unterstützung erfahren. Unsere Wünsche an die Politik haben wir klar und auf direktem Weg in die verschiedenen Ministerien formuliert, hier geht es um die Existenz aller 32 hessischen und knapp 450 deutschen Jugendherbergen.“

Jugendherbergen bei den Hilfen nicht vergessen

Die hessischen Jugendherbergen haben einen Jahresumsatz von rund 28 Millionen Euro, beschäftigen insgesamt über 600 Mitarbeiter und mit Handwerkern sowie Lieferanten gibt es im Umfeld weitere 1.200 Arbeitsplätze, welche eng an die Jugendherbergen gebunden sind. „Es ist bitter, dass wir gerade all unsere guten Ansätze der letzten Jahre begraben müssen. Nun hoffen wir natürlich, dass der Bund und das Land Hessen die gemeinnützige Organisation der Jugendherbergen nicht vergisst“, so der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes, Timo Neumann. Sämtliche Investitionen liegen auf Eis und der Verband muss Themen wie Kurzarbeit und Überbrückungs-kredite aufgrund der finanziellen Notlage angehen. Die gemeinnützigen Jugendherbergen feiern dieses Jahr ihren 111. Geburtstag und es besteht die große Hoffnung, dass Unterstützung von Bund und Land kommt, damit sie durch die Krise nicht aufhören zu existieren.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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