Frank F. König: „Ich habe eine Verantwortung“

Im März 2021 sind Kommunalwahlen. Auch Frank F. König, welcher sich seit 2015 kommunalpolitisch engagiert, war am überlegen, ob er sich wieder aufstellen lässt.

Sein Nein war eigentlich schon mit Großbuchstaben in Stein gemeißelt. Doch er ist mit seinen Aufgaben noch nicht fertig. Daher möchte er den Bürgern erneut ein Angebot machen.

Vom Perspektivwechsel zum Blickwechsel

Als Frank F. König begann, sich politisch zu engagieren, wollte er die Bürger zu einem Perspektivwechsel anregen. „Mit meiner eigenen Präsenz wollte ich aufzeigen, wo es in Sachen Barrierefreiheit hängt“, so König, welcher als MS-Erkrankter auf den Rollstuhl angewiesen ist. Und durch diese Präsenz bei allen kommunalpolitischen Veranstaltungen ist es ihm in den letzten Jahren gelungen, dass alle Fraktionen im Stadtparlament das Thema Barrierefreiheit inzwischen aufgenommen haben. Er musste das Thema immer seltener aufgreifen. „Mit dem Wort Perspektivwechsel bin ich vor Jahren gestartet, doch inzwischen bin ich beim Blickwechsel“, so König. Barrierefreiheit war sein Perspektivwechsel, um aufzuzeigen, wo es klemmt, wo etwas verbessert werden kann und wo sich etwas entwickeln kann. Heute spricht Frank F. König von einem Blickwechsel und seiner Zukunft.
Doch bevor er tiefer eintaucht, bedankte er sich beim HL-Journal, wo sich in vielen Jahren ein vertrauensvolles Miteinander entwickelt hat. „Mir ist die Exklusivität wichtig und es ist eine Herzensangelegenheit für mich“, betonte er.

Verantwortung annehmen

„Ohne den Rollstuhl komme ich nicht aus, ohne ihn bin ich nicht existent, daher habe ich ihn immer im Blick“, so König. Die Perspektive ging in den letzten Jahren immer vom Rollstuhl aus, dadurch hatte er eine andere Perspektive auf die Dinge. Doch nun stellt er den Rollstuhl in sein Blickfeld, um den Blickwechsel zu symbolisieren. Für seine Frau Carmen symbolisiert dieses Bild noch etwas anderes – es gibt noch so viele Aufgaben über das Thema Barrierefreiheit und das Zusammenleben in einer Gesellschaft, die immer älter wird, dass er noch einige Aufgaben habe. Sie war auch der größte Befürworter, dass er seine Arbeit noch nicht beendet.
Er möchte sich nicht wegstehlen, sondern seine Verantwortung annehmen und sich weiter engagieren, anstatt nur zu kritisieren. Er würde sich wünschen, dass auch andere diesen Blickwechsel vornehmen, die Ärmel hochkrempeln und anpacken, statt nur zu meckern. „Ich möchte die Menschen ermutigen, in ihrem eigenen Umfeld etwas zu bewegen.“

Abkehr vom Abschied

Er ging offen mit seinen Vorhaben um, Abschied von der Kommunalpolitik zu nehmen. Dennoch möchte er nicht verschweigen, dass ihm diese Entscheidung mental sehr zusetzte. Wo war der Knackpunkt, dass er weiter macht? Sein ältester Sohn war eigentlich ein Befürworter, dass er aufhört. Aber er meinte zu seinem Vater, er habe ein Stück weit Verantwortung gegenüber den Menschen. Er habe Dinge in den Menschen geweckt, seine Präsenz habe Folgen in der Gesellschaft gehabt und es sei nicht fair, diese Verantwortung von sich zu schieben. Nicht nur in der Familie war das Aufhören Thema, auch draußen ging König offen damit um. Er zeigte sich dankbar für die vielen Gespräche, welche er in den letzten Monaten mit den verschiedensten Menschen führte. Dabei erhielt er ganz viel Feedback. Es gab diejenigen, die ihm zustimmten und meinten, er habe genügend gemacht. Zudem solle er an seine Gesundheit denken. Aber es gab auch die anderen, die ihm zusprachen und die ihn doch überzeugten, weiterzumachen. Und da erhielt er Zuspruch von Seiten, mit denen er nicht unbedingt gerechnet hat. Menschen sagten ihm Dinge, die ihm sehr nah gingen und die ihm seine eigene Verletzbarkeit aufzeigten. „Das hat mich sehr berührt und ging mir schwer an die Nieren, weil ich damit niemals gerechnet hätte“, so König. Die Worte brachten ihm zum Nachdenken. Wie sie es gesagt haben, was sie gesagt haben und auf welcher Ebene sie sich miteinander begegneten. Dies führte bei ihm zum Nachdenken. Und auch rückblickend berührt ihn dies emotional noch sehr.

Mentaler Overload

Ob er selbst das Gefühl hatte, genug gemacht zu haben oder ob seine Abkehr von der Kommunalpolitik mit seiner Erkrankung zu tun hatte, beantwortete er mit einem Satz. „Es war eine Erschöpfung meiner Erkrankung, weil das Aufladen der leeren Akkus mir immer schwerer fiel.“ Zudem kam sein persönliches Mindset. Viel wichtiger als seine Krankheit sind ihm jedoch die persönlichen Erfahrungen, die er seit 2015 sammeln konnte. Er bezeichnet es als sehr spannende Zeit, wofür er sehr dankbar ist. Er hat viel gelernt in den letzten Jahren, auch im Miteinander mit dem politischen Gegner. „Ich bin meiner Fraktion und vor allem Marion Schardt-Sauer mehr als dankbar über die Möglichkeit, dies alles erlernen zu dürfen“, so König, „und auch ein Stück weit auf Ressourcen innerhalb der Fraktion zurückzugreifen und einen Austausch zu haben, so unterschiedlich wie der war und ist.“ Dadurch sei er jedoch häufiger mal über persönliche und körperliche Grenzen hinweggegangen, weil er sich von der Sache leiten ließ. „Hier noch ein Stückchen Engagement, da noch ein wenig mehr einmischen, hier noch ein bisschen mehr Präsenz zeigen.“

Geweiteter Blick auf die Themen

Und dabei passierte auch eine Veränderung mit ihm selbst. Er entfernte sich vom eigentlichen Thema, den Perspektivwechsel Barrierefreiheit herbeizuführen. Sein Blick wechselte zu einem Gesamtbild der Stadt. Er hat gelernt, dass er seinen Blick nicht nur auf eine Baustelle richten darf, sondern dass das gesamte Umfeld mit einbezogen werden muss. Es reicht nicht aus, nur punktuell eine Barriere abzubauen. Denn dies könnte dazu führen, dass im Umfeld dieser einen Schraube eine neue Barriere entsteht. Dies ist nur eine Komponente seines Blickwechsels. Die zweite betrifft die Generationen und die Gesellschaft. „Wenn man eine Straße saniert, sollte man sich hinterfragen, was mit den Geschäften in der Straße passiert? Wie verändert sich das Umfeld? Wie wirkt sich diese Maßnahme auf die Umwelt aus? Wieviel Grün braucht eine Stadt?“, so König, „Das wurde alles inkludiert. Mein Wissensdurst und meine Sachlichkeit ist explodiert und das hat mir ein Stück weit Angst gemacht.“ Denn seine eigene Neugier führte dazu, dass er sich in die verschiedenen Themen einarbeitete. Und das führte auch irgendwann zu einem mentalen Overload.

Struktur und Absprachen

Seine Krankheit wird nicht mehr weggehen und ihn immer in seinem Wirken beeinflussen. Doch gegen den mentalen Overload kann König etwas unternehmen, indem er mit klaren Strukturen arbeitet. In der zurückliegenden Legislaturperiode hatte er jeden Ausschuss in Vertretung mit besucht, da will er sich zurücknehmen. Und er hat einen Deal mit seiner Familie gemacht, dass sie den Terminkalender einmal die Woche gemeinsam gestalten. Liebevoll nennt er die Mitglieder seiner Familie auch „meine Wächter“. So hält ihn seine Tochter den Spiegel vor, was sein Engagement mit ihm macht. Und er hat mit seiner Tochter einen Vertrag geschlossen, um achtsamer mit sich zu sein. Zudem gibt es klare Absprachen in der Fraktion, welche Aufgaben er übernimmt und auch bei den Vertretungen für die Ausschüsse möchte er sich sehr weit zurücknehmen.
Zudem ist für ihn klar, dass die Aktivitäten abnehmen, wenn sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. „Steigen die Barrieren, fällt mein Engagement“, so König. Und der größte Faktor ist seine Mobilität. Wenn diese nicht mehr gegeben ist, hört er auf. Damit meint er nicht nur sein Engagement in der Stadtpolitik, sondern auch seine Aktivitäten auf Kreis- und Landesebene. „Wenn ich nicht mehr selbständig von A nach B komme, dann könnte mein persönliches Engagement jeglicher Art schnell enden“, so König. Zudem wird durch seine Erkrankung auch der Wahlkampf anders ablaufen, denn er findet zum größten Teil in den kalten Monaten statt und dies ist nichts für ihn. Veränderungen erfährt der Wahlkampf zudem durch Corona. „Analog wird es weniger von mir geben, digital umso mehr“, so König, „aber mir ist es wichtig, den Menschen zu sagen, wie der aktuelle Stand ist. Ich möchte weiterhin nach meinen Möglichkeiten arbeiten.“

Wettbewerb um seine politische Beteiligung

Er verschweigt nicht, dass auch die anderen Fraktionen um seine Mitarbeit warben. „Das Feld der Angebote war bunt“, erzählt König weiter, „das eine oder andere Angebot war auch verlockend und interessant. Es hätte zum Blickwechsel gepasst.“ Viele Fraktionen haben ihn offen und fair angesprochen, ob er sich einen Wechsel und ein Engagement in einer anderen Partei vorstellen könnte. „Aber ich bin ja nicht umsonst bei der FDP“, so König, „und ich bin kein Wendehals. Ich habe gewisse Prinzipien, die möchte ich nicht über Bord schmeißen.“ Zumal förderte die Zusammenarbeit in den letzten Jahren auch das Miteinander und das Vertrauen, das möchte er nicht wegwerfen. Daher war es für ihn nie eine Frage, die Partei zu wechseln. Außerdem macht die Zusammenarbeit mit Schardt-Sauer extrem viel Spaß, König hat Freude daran.

Den Bürgern ein Angebot machen

Zum Ende fasst er kurz zusammen, was ihm in der nächsten Legislaturperiode wichtig ist, falls die Bürger ihm das Vertrauen schenken und ihr Kreuz bei ihm machen.
Er möchte noch genauer hinblicken auf die Themen. Zu oft fokussiert sich der Blick immer nur auf einen Punkt und das Umfeld geht unter. Da möchte er zukünftig noch mehr drauf achten und den weiteren Blick mit in Entscheidungen einbeziehen. In seinen Augen ist der Verkehr ein großes Thema. Dabei geht es nicht nur um den Verkehr an sich. Parken gehört dazu und ist ein riesiges Thema in Limburg. Ein weiteres Thema sind die Kinder, ein Jahr um Jahr wachsender finanzieller Sektor. Es muss drüber gesprochen werden, aber nicht alles in Geld aufrechnen, denn „Kinder sind unsere Zukunft.“ Und er plädiert für mehr Offenheit untereinander, dem anderen ohne Vorbehalte zuhören und dann eventuell einen Blickwechsel vornehmen. „Ich höre anderen sehr gerne zu, weshalb in der Kommunalpolitik ein weiterer Beratungsgang nichts Schlechtes ist und man andere Meinungen mit einbeziehen kann in seine Überlegungen“, so König. Für ihn ist das ein Lernprozess und er fast zusammen: „Ich lerne gerne. Ich bin interessiert am Leben und für mich ist Zukunft was Schönes.“

Wer mehr über Frank F. König erfahren möchte, hat auf seinem Blog die Gelegenheit dazu.

Steady

 

 

 

 

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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