„Geschichte darf nicht vergessen gehen“

Eigentlich sollte die Auschwitzüberlebende Esther Bejarano am 11. September auf dem Europaplatz beim Verein „Wir sind mehr – gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Toleranz“ aus ihrem Leben erzählen. Leider verstarb sie am 10. Juli mit 96 Jahren. Und dennoch wird sie im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen, denn der Vereinsvorstand ist sich sicher, dass hätte sie so gewollt.

Die Zeitzeugen werden immer weniger, so Sebastian Wendt, aber die Geschichte darf nicht vergessen werden. Daher müssen die nachfolgenden Generationen darauf aufmerksam machen. So lange es Angriffe auf Synagogen gibt und Antisemitismus existiert, muss dagegengehalten werden. „Wir müssen Gegenhalten und Menschlichkeit zeigen“, so Jutta Lippe.

Esther Bejarano im Mittelpunkt

Esther Bejarano wäre mit der Band Microphone Mafia gekommen, mit der sie seit Jahren durch Deutschland tourt, ihre Geschichte erzählt und gegen Antisemitismus sowie für die Menschlichkeit kämpft. Sie überlebte Auschwitz, weil sie ein Instrument spielte und dadurch ins Lagerorchester kam. Seit Jahren war sie mit ihrer Botschaft „Nie wieder Faschismus, Antisemitismus und Krieg“ unterwegs. Die Microphone Mafia wird am 11. September ab 11.30 Uhr auf dem Europaplatz auftreten zusammen mit Bejaranos Sohn Joram. Nach dem Tod von Esther Bejarano haben sie das Programm adaptiert. Esther Bejarano wird dabei sein durch ihre Stimme und ihre Biografie wird zwischen den musikalischen Beiträgen verlesen. „Es wäre in ihrem Sinne, dass wir ihre Botschaft weitertragen“, so Wendt. Als zweite Band tritt das LoopKollektiv aus Dillenburg auf, welches ebenfalls mit Esther Bejarano schon unterwegs war.

Die Veranstaltung findet unter den geltenden Coronamaßnahmen statt. Die Besucher müssen die 3G-Regeln beachten und am Eingang nachweisen, dass sie geimpft, genesen oder getestet sind. Bereits zum dritten Mal lädt „Wir sind mehr“ zu einer Veranstaltung ein. Im ersten Jahr ging es um Rechtspopulismus, im letzten Jahr um Alltagsrassismus und in diesem Jahr um Antisemitismus.

Zunehmender Antisemitismus

Mit der Corona-Pandemie ist der Antisemitismus wieder stärker aufgeflammt. So erzählt Jutta Lippe, dass die antisemitischen Straftaten zugenommen haben im letzten Jahr. Dies weiß auch Bürgermeister Marius Hahn, der erneut die Schirmherrschaft übernommen hat. „Die Querdenker nutzen antisemitische Symbole und stellen diese in einen Zusammenhang, welche den Holocaust verharmlosen. Wir müssen dagegenhalten.“ Daher unterstützt er die Veranstaltung sehr gerne und bedankt sich beim Vorstand für ihr Engagement. Auch er nimmt gerne den Auftrag von Bejarano an, die Botschaft weiterzutragen. Er fand eine Aussage von ihr sehr stark: „Ihr seid nicht schuld, aber ihr müsst darüber aufklären, was passieren kann.“ Dies zeugte für ihn von unglaublicher menschlicher Größe. Auch Marita Salm kann davon berichten, dass das Denkmal von Peter Paul Cahensly immer wieder beschmiert wird. Und Jutta Lippe wird schlecht, wenn sie die Kommentare in den sozialen Netzwerken liest. Daher ist es dem Verein wichtig, immer wieder darauf aufmerksam zu machen und für die Menschlichkeit zu kämpfen. Und auch im Wahlkampf mangele es manchmal an Toleranz.

„Wir sind mehr“ wünschen sich eine stärkere Kooperation mit den Schulen. Da muss angesetzt werden, um die Menschen zu erreichen. Durch die Pandemie war dies nur bedingt gewesen, so dass sie zwar alle Schulen angeschrieben haben, aber noch nicht wissen, wie viele an der Veranstaltung teilnehmen. Da soll in Zukunft ein Augenmerk der Arbeit des Vereins liegen.
Der Vorstand bedankt sich beim Bundesprogramm Demokratie leben, ohne welche die Veranstaltung nicht möglich wäre.

Weitere Informationen finden sich auf der Homepage.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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