Großes ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingshilfe

Im Ausschuss für Familie, Jugend, Integration und Kultur ging es am Dienstag um die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe. Fragen aus dem Gremium drehten sich besonders um die Situation in den Kindertagesstätten.

Melanie Weil kümmert sich derzeit nur um ein Thema – die ukrainischen Flüchtlinge. Für alle anderen Themen hat sie keinerlei Kapazitäten. Aus diesem Grund möchte die Stadtverwaltung eine Stelle für einen zweiten Integrationsbeauftragten schaffen. Das werde Thema in den nächsten Haushaltsberatungen, so der Erste Stadtrat Michael Stanke (CDU). Doch erstmal ging es um Einblicke in die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit.

Großes privates Engagement

Im Landkreis gibt es derzeit 1.800 Flüchtlinge, die sich wie folgt aufteilen: 70 Prozent weiblich, 30 Prozent männlich und 40 Prozent Kinder. Neben Flüchtlinge aus der Ukraine gibt es auch Flüchtlinge aus Afghanistan, Somalia, Irak und Syrien. In Limburg sind 270 Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht und 300 ukrainische Flüchtlinge haben eine private Unterkunft gefunden. Melanie Weil lobte an dieser Stelle das große Engagement der Zivilgesellschaft, denn vieles sei selbständig passiert, ohne dass die Stadt um Hilfe gebeten wurde.

In den Ortsteilen haben sich schnell Helferkreise gebildet, die entweder noch aus den Strukturen von der Flüchtlingswelle 2015/16 beruhen oder es haben sich neue Gruppen gegründet. Diese bieten unterschiedliche Hilfsangebote an über Sachspenden bis hin zu ersten Sprachkursen. Leider gibt es in der Kernstadt noch nicht diese starken Helferstrukturen, obwohl hier die meisten Flüchtlinge untergebracht sind.

Aktuell kämpfen sie mit hohen Sprachbarrieren, denn von den angekommenen ukrainischen Flüchtlingen kann keiner englisch oder deutsch. Zum Glück konnten sie eine Sprachhelferin gewinnen und „sind froh darüber“. Es finden viele Angebote statt, zum Beispiel auch von der Caritas, um die Ehrenamtlichen zu schulen und sie bei ihren Engagement zu unterstützen. Auch wenn sie in der Kernstadt noch helfende Hände bräuchten, so Weil, haben sie noch keinen großen Aufruf gestartet, denn die Zuweisung vom Landkreis sei nicht so hoch wie angekündigt. Ihre große Herausforderung sei es aktuell, Strukturen zu schaffen in der Sozialbetreuung, die nicht vorhanden sind. Der Landkreis schafft dies nicht alleine. Auch die medizinische Betreuung sei nicht immer einfach. Sie werden von heute auf morgen mit Fällen konfrontiert, die sich als Spezialfälle entpuppen, wo dann eine 1:1 Betreuung notwendig ist. „Alle anderen Themen liegen bei mir derzeit auf Eis“, so Weil abschließend.

Nachfragen zur Kommunikation

Christian Spiegelberg, Amtsleiter für soziale Betreuung, sieht auch eine hohe Herausforderung in der Situation, äußert sich aber stolz über vorhandene Strukturen wie das Lädchen, die Malteser und die Caritas. Derzeit ist es für die Stadt noch eine Herausforderung, Wohnraum zu schaffen. Aktuell können sie noch alle unterbringen. Problematisch wird es, wenn die 300 privat untergebrachten Menschen einen Wohnraum brauchen. Es seien auch schon erste Menschen an die Stadt herangetreten und bisher konnte immer geholfen werden. Wenn dann aber auf einmal 300 Personen untergebracht werden müssen, dann werde es schwierig. Aber dennoch rechnen sie mit mehr Menschen, die sie über diesen Weg unterbringen müssen. Dabei zählt auch rein, wie hoch die Zuweisung des Landes Hessen an den Landkreis ist. Wenn es mit der Zuweisung nicht passt, dann kann es auch passieren, dass die Menschen nochmal in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Gießen müssen.

Kai-Hagen Maiwald (Grüne) sieht es etwas kritisch, dass sich die Helfergruppen über WhatsApp organisieren. Er sieht Probleme mit dem Datenschutz. Melanie Weil weist darauf hin, dass sie dies ja nicht von der Stadt vorgeben, sondern dass sich die Gruppen eigenständig organisieren und dann ihre Wege selbst wählen.
Frank F. König (FDP) kritisierte, dass der Einblender auf der Homepage zur Ukrainehilfe nur auf deutsch zu lesen sei und nicht auf ukrainisch. Als Antwort wurde er darauf hingewiesen, dass die ganze Seite übersetzt werden kann in diverse Sprachen. Zudem gebe es vom Bund und vom Land Hessen genügend Anlaufseiten, so dass die Stadt nicht nochmal eine extra Seite aufbauen muss. „Wir setzen auf die Information im Ehrenamt“, so Weil.

Betreuung im Kindergarten

Der Ausschussvorsitzende Andreas Pötz (Grüne) fragte nach, wie es mit dem Kindergarten aussieht. Die Situation in Limburg sei bereits angespannt, die Wartelisten voll. Wie sieht es denn dann mit der Unterbringung von geflüchteten Kindern aus. Auch fragte er nach der Beschulung. Die Beschulung liege nicht im Aufgabenbereich der Stadt, sondern beim Landkreis, so Christian Spiegelberg. Bei den Kitas liege die Verantwortung bei den Trägern, da die Stadt keine eigenen Kitas hat, aber natürlich findet da ein regelmäßiger Austausch statt. Den Betreuungsschlüssel zu ändern, ist keine Lösung zum Wohle aller Kinder. Da die Plätze vormittags alle voll sind, können sie Plätze am Nachmittag anbieten.

Nach den bisherigen Erfahrungen gibt es kaum Anfragen. Unter drei Jahre haben sie gar keine Anfragen und es gibt einige Anfragen für sechsjährige als Vorbereitung für die Schule. Also versuchen sie, weitere Begegnungsangebote zu schaffen. Sprachangebote entstehen gerade. Zu den Platzproblemen kommt hinzu, dass das vorhandene Personal enorm belastet ist und  zudem Personal fehlt. „Jedes Kind ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn Platz da ist, aber kein Personal, dann können wir kein Kind aufnehmen“, so Spiegelberg zusammenfassend zum Thema.

Zum Ende wollte Robert Kleinmichel (SPD) noch wissen, wann man denn mit einer neuen Integrationskraft rechnen könne. Wenn die Politik auf die Haushaltsberatungen warte, könne doch erst Mitte nächsten Jahres mit einer Person gerechnet werden, welche bereits jetzt benötigt wird. Stanke antwortete darauf, dass es sonst nur über einen Nachtragshaushalt gehe.

Wichtige Informationen für Helfer der Ukraine-Flüchtlinge

Für die ehrenamtlichen Helfer bietet das Jobcenter nächste und übernächste Woche jeweils eine einstündige Online-Schulung an, darauf weist die Stadt Limburg hin. Ziel der Schulung ist es, die Ehrenamtlichen fit zu machen, dass sie Geflüchtete beim Wechsel in den Rechtskreis des Sozialgesetzbuches II (SGBII) unterstützen können. Mit dem Wechsel bekommt der Großteil der Geflüchteten aus der Ukraine keine Leistungen mehr vom Sozialamt, sondern vom Jobcenter. Der Übergang funktioniert nicht automatisch. Jede/r Geflüchtete muss persönlich beim Jobcenter vorsprechen und Anträge ausfüllen und braucht dabei Hilfe. Der Gesetzgeber schafft dafür erst Ende Mai eine Rechtsgrundlage und die Änderungen sollen schon zum 1. Juni greifen.

Die Online-Schulung findet statt am Dienstag, 24. Mai, in der Zeit von 14 bis 15 Uhr sowie am Dienstag, 31. Mai, in der Zeit von 10 bis 11 Uhr. Eine Vorab-Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Link zur Teilnahme gilt für beide Termine und funktioniert ohne Login-Daten: An Skype-Besprechung teilnehmen .

Nachfrage beim Kreis

Im März hat der Landkreis auf Einsatzbefehl des Landes Hessen eine Notfallunterkunft für 1.000 Menschen im ehemaligen Impfzentrum errichtet. Diese gilt als Erweiterung der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen und ist keine Gemeinschaftsunterkunft, die der Landkreis nutzen kann. Daher galt die Nachfrage, wie es mit der Unterkunft weitergeht. Derzeit sind im Landkreis 1.815 ukrainische Flüchtlinge, wie Pressesprecher Jan Kieserg mitteilte. Die Notunterkunft ist derzeit unbelegt. Letzte Woche hieß es, die Notunterkünfte in Sporthallen zum 11. Juni geschlossen werden sollen, wie es ein Schreiben des Innen- und Sozialministeriums mitteilte (Quelle Hessenschau). Kieserg teilte mit, dass die Notunterkunft im Landkreis jedoch auf Stand-by bleibe. Derzeit erhält der Landkreis eine Zuweisung von 40 Personen die Woche und es gebe auch schon zehn Menschen, die wieder in die Ukraine zurückgekehrt seien. „Aber die Lage bleibt weiterhin angespannt“, so Kieserg.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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