„Habe das Jahr 2020 für mich abgeschlossen“

Am Samstag 18 Uhr ging Eric Schröder mit dem gemeinnützigen Projekt „Summer Music Livestream“ das erste Mal online. Neben spannenden Interviews zur derzeitigen Situation können sich DJs präsentieren und für die Zuschauer auflegen. 

Ein langer Schlauch führt den Besucher direkt auf ein riesiges Technikpult zu. Auf mehreren Bildschirmen gibt es verschiedene Blickwinkel auf das Setting. Über Regler werden Licht und Ton eingestellt. Hinter dem Technikaufbau mutet das Setting ein wenig nach Urlaub, mit viel grün, Palmen und einer Cocktailbar. Ganz am Ende des langen Schlauches in einer Elzer Lagerhalle ist ein Pult zum Musikauflegen aufgebaut. In diesem Setting hat der junge Eventmanager Eric Schröder von Diamond Media Events am Samstag seinen ersten „Summer Music Livestream“ gestartet. DJs erhalten die Möglichkeit, ihre Musik aufzulegen. Und Schröder möchte mit verschiedenen Menschen ins Gespräch kommen und mit ihnen über ihre Situation sprechen. Kurz vor dem ersten Livestream herrschte angespannte Hektik in der Halle. Letzte Interviewfragen werden besprochen, die Technik getestet. Kurzfristig kam noch eine Absage rein. Und dann ging es los.

„Großes schwarzes Loch“

Der erste Interviewpartner an dem Abend ist Michael Schorn, der Organisator der Foodtrucks. Zu seinen Aufgaben zählt die gesamte Organisation über die Teilnehmer bis hin zu den Absprachen mit den Veranstaltern und der Organisation des Rahmenprogramms. Seine Saison geht normalerweise von Mitte April bis Mitte September und den Events gehen Vorlaufzeiten von bis zu neun Monaten voraus. „Ich befinde mich in einem großen, tiefen, schwarzen Loch“ fasste Schorn zusammen, „ich habe dieses Jahr als Totalausfall verbucht, denn ich habe zu 100 Prozent Ausfälle.“ Er versucht, alle Kosten so weit wie möglich runterzuschrauben. „Wir fahren nur auf Sicht, ich kann nicht sagen, wie es weitergeht, alle Gespräche sind auf Eis gelegt“, so beschrieb er seine momentane Situation. Wenn es irgendwann wieder losgeht, muss er eventuell in der Lage sein, ohne viel Vorbereitungszeit etwas auf die Beine zu stellen.

Von der Politik fühlt er sich im Moment auch gut aufgehoben, die Soforthilfe wurde zügig bewilligt. Aber er erwartet auch nicht, dass das Land Hessen ihn länger als ein Jahr am Leben hält. „Dieses Jahr möchte ich durchhalten und zu denen gehören, die es überleben“, so Schorn weiter, „doch 2021 muss wieder starten, sonst muss ich leider zumachen.“ Und selbst, wenn es wieder losgeht, sieht er eine große Herausforderung darin, alle Restriktionen wie Abstand und Hygienemaßnahmen umzusetzen, was wiederum zu weniger Besuchern der Veranstaltungen führen werde. Eine Möglichkeit für sich sieht er noch darin, seine Material wie Zelte und Sitzgelegenheiten zu vermieten, wenn dann wieder Familienfeiern erlaubt sind.

Livestream Eventbranche Corona
Michael Schorn, Organisator Foodtrucks, hat dieses Jahr bereits als Totalausfall verbucht.

„Habe das Jahr 2020 für mich abgeschlossen“

Der nächste Interviewpartner wurde hinzugeschaltet, die Technik machte es möglich. Einen umfangreichen Einblick gab Dirk Wöhler vom Berufsverband Discjockey e.V., der auch Hintergründe zur politischen Arbeit geben konnte. Er bedankte sich vor allem für die Initiative von Schröder, der damit auf die Probleme der Eventbranche aufmerksam macht. Die Eventbranche war als erstes von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen und Wöhler glaubt, dass sie auch die letzten sein werden, die mit den Folgen zu kämpfen haben. Als aus den Regierungskreisen offenbar wurde, dass Großveranstaltungen bis Ende August verboten bleiben, sei ihm die Galle übergelaufen. „Ich habe das Jahr 2020 für mich abgeschlossen, aber 2021 will ich wieder loslegen“, so Wöhler. Die derzeitige Situation sei für die gesamte Veranstaltungsbranche ein großes Problem, denn es stehe die Frage im Raum, wann die Gelder wieder fließen.

Es sind die Politiker, wo angesetzt werden muss, ist seine Meinung. „Wir müssen für die Branche eine Menge tun, dass es für sie weitergeht und dass wir den Menschen eine Perspektive anbieten können“, so seine klare Haltung. Er wünscht sich von der Politik auch einen intensiveren Blick auf die einzelnen Branchen, statt alle über einen Kam zu kehren. Derzeit kann die Eventbranche nicht arbeiten, hat aber kein Berufsverbot. Gebe es ein Berufsverbot aufgrund von Quarantäne, gebe es Ausfallentschädigungen, die sich am Einkommen des vergangenen Jahres orientieren. Warum kann dieses Instrument nicht auch jetzt angewandt werden, fragt Wöhler sich. Mit solchen Zahlen würde die Politik den Menschen eine Perspektive geben.

Auch die Möglichkeiten des Streamens sei in der derzeitigen Situation eine gute Idee. Aber Wöhler sieht auch die Gefahr darin, dass dies Auswirkungen auf die Eventbranche hat. „Die Menschen bekommen mit, dass man sich nicht mehr ständig treffen muss und Ideen auch online realisierbar sind“, so der Vorsitzende vom BVD. Und noch eine Aufgabe sieht Wöhler in der gesamten Krise. „Wir müssen ein Berufsbild für DJs schaffen mit einer Qualifizierung, damit es ein anerkanntes Berufsbild wird.“ Derzeit gehen viele DJs, die von ihrem Beruf gut leben konnten, zum Arbeitsamt und werden dort als ungelernte Hilfskraft geführt. Dies ist ein Thema, für das sich Wöhler derzeit ebenfalls unter Hochdruck einsetzt.

Den ausführlichen Talk findet ihr hier zum Nachhören.

Jeden Samstag Livestream

Nach den Interviews legten noch drei DJs bis tief in den Abend auf. Bis zu 30 Zuschauer konnte Eric Schröder und dein Team mit dem ersten Livestream erreichen. Bis Ende August ist dieses Format jeden Samstag ab 18 Uhr geplant. Er zeigte sich zufrieden mit dem ersten Stream. Mit diesem gemeinnützigen Projekt würde seine Technik wenigstens nicht ungenutzt herumstehen. Für ihn ist dies die Möglichkeit, den DJs einen Plattform zu bieten, aber auch mit verschiedenen Personen ins Gespräch zu kommen. Er war selbst überrascht über die große Resonanz.

Zum nächsten Livestream geht es hier.

Livestream Eventbranche Corona
Viel Technik ermöglicht das Konzept des Livestreamings, um den Menschen interessante Interviews anzubieten.

Auch andere Kollegen aus der Eventbranche haben die Idee von Livestreams, um die Zuschauer musikalisch zu unterhalten. Für weitere Formate könnt ihr auch auf Facebook informieren wie bei Apollon3 Veranstaltungstechnik oder unicateevents.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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