„Hessen braucht eine echte Verkehrswende“

Am Sonntag fand in Limburg der Autosalon statt. Etwas abseits davon auf dem Bahnhofsvorplatz warb ein breites Bündnis von BUNDjugend Hessen, Verkehrsclub Deutschland (VCD Limburg-Weilburg) und Fridays for Future Limburg-Diez mit einer Mahnwache für eine Verkehrswende in Hessen.

 Über 100 Autos von 16 verschiedenen Herstellern reihten sich am Sonntag in der Limburger Innenstadt aneinander. Die Autohändler freuten sich, nach fast 1,5 Jahren Pause wieder ihre Fahrzeuge präsentieren zu können und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Viele Menschen kamen in die Kreisstadt, um sich zu informieren und auch den verkaufsoffenen Sonntag zu nutzen. Doch vier Menschen machten auch darauf aufmerksam, dass sie den Autosalon nicht so toll finden. Anton Eisenbach von Fridays for Future fand es nicht gut, dass die Stadt diese Veranstaltung unterstützt. „Die Stadt wirbt für den Radverkehr und macht dann einen großen Parkplatz in der Innenstadt auf.“

Umdenken im Verkehr

Dabei geht es den vier Aktivisten nicht um die generelle Abschaffung des Autos. Aber es geht ihnen um ein Umdenken und um eine Steigerung der Verkehrsformen, welche neben dem Auto auch noch existieren. Dies beginnt bei den Fußgängern, geht weiter zu den Radfahrern und führt bis zum öffentlichen Verkehr auf Straße sowie Schiene. Es bedarf einer grundlegenden Verkehrswende in Hessen und dafür sammeln sie jetzt bis zum nächsten Sommer Unterschriften, um ein Volksbegehren in Hessen anzustoßen. Dies wäre das erste Volksbegehren. Dafür sind 44.000 Unterschriften notwendig. Der Verkehrssektor ist mit einem Anteil von rund 20 Prozent einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen in Deutschland. Aber nicht nur der Betrieb von Autos ist extrem klimaschädlich, sondern auch deren Herstellung. Insbesondere Elektroautos haben einen enormen Ressourcenbedarf und verursachen hohe Treibhausgasemissionen in der Herstellung.

„Auch wenn auf dem Limburger Autosalon diesmal neben den Verbrennern E-Autos präsentiert werden, ändert das nichts an der Notwendigkeit einer fundamentalen Mobilitätswende. Um unsere Klimaziele einzuhalten, müssen wir Autos weitestgehend aus den Städten verbannen, um Platz für Fahrradwege und einen attraktiven ÖPNV zu schaffen!“, sagt Jonathan Hornig von Fridays for Future Limburg-Diez.

Verkehr auf dem Land neu denken

Christian Stein, FÖJler bei der BUNDjugend Hessen ergänzt: „Es wird oft gesagt, dass das Auto auf dem Land alternativlos sei. Fakt ist aber, dass bereits heute Kinder, Jugendliche, Menschen mit geringem Einkommen oder körperlichen Einschränkungen nicht an dieser Form der Mobilität teilhaben können. Deshalb brauchen wir einen guten ÖPNV, der für alle Menschen gleichermaßen zugänglich ist.“ Dieser Fakt werde bei den Diskussionen ums Auto immer vergessen.

Volkmar Kluge vom VCD Limburg-Weilburg merkt zudem an: „Limburg liegt unter den sechs Städten, die bundesweit 2020 die Grenzwerte für Stickstoffdioxid überschritten haben, auf Platz drei, weswegen hier so schnell wie möglich Maßnahmen für eine autoarme Innenstadt ergriffen werden müssen, anstatt mit einem Autosalon den motorisierten Individualverkehr zu bewerben.“ Die Mobilität muss weiterentwickelt werden, denn die Städte sind voll mit Autos. Eine bessere Taktung mit Bussen könne zügig umgesetzt werden sowie eine Verbesserung der Radwegestruktur.

Gute Radwege mit klarer Streckenführung

„Wenn die Radwege okay sind, dann pendeln Radfahrer auch bis zu 20 Kilometer zur Arbeit“, so Kluge, „aber die meisten Radwege führen im Zick-Zack und dann werden diese nicht genutzt.“ Es braucht Radwege mit einfacher, zielgerichteter Streckenführung wie auch die touristischen Radwege. Doch die Wege für den beruflichen Radverkehr fehlen derzeit im Landkreis. „Bis ich einen Parkplatz in der Innenstadt gefunden habe, bin ich dreimal mit dem Rad gefahren“, so Kluge weiter. Er hatte auch einen Tipp für Verkehrsplaner parat. Die sollten mal rausgehen, wenn es frisch geschneit hat. Dann würden sie sehen, welche Strecken die Radfahrer nutzen.

Volker Kluge fährt seit vielen Jahren mit dem Rad. Er kann auch verstehen, dass Radfahrer, die zur Arbeit fahren, nicht schieben wollen, denn Schieben sei kein Radfahren. In Limburg selbst wünscht er sich eine Umsetzung der Brücke über die Eisenbahnschienen, damit die Südstadt mit der Innenstadt verbunden wird. Im Masterplan Mobilität ist eine solche Brücke für den Fuß- und Radverkehr aufgeführt. Neben der Verbindung der Quartiere und Förderung von Fuß- sowie Radverkehr werde auch der ÖPNV durch eine solche Maßnahme gefördert und die Stadtteile lebenswerter gestaltet. Im Juni war dies ebenfalls Thema in der lokalen Presse. Damals bescheinigte der Redakteur dieser Brücke eine hohe Priorität, eine Realisierung sei für 2025 angedacht. Aber danach war von diesem Plan nichts mehr zu hören.

Verkehrswende in Hessen

Aber neben den Blick auf Limburg warben die vier auch für die Verkehrswende in Hessen. „Hessen braucht eine echte Verkehrswende, um eine gute Mobilität für alle, mehr Verkehrssicherheit, eine höhere Lebensqualität in den Kommunen und effektiven Klimaschutz zu gewährleisten“, steht auf dem Aufruf zu lesen. Daher soll der Anteil der umweltfreundlichen Verkehrsarten – zu Fuß, auf dem Rad, mit dem ÖPNV – auf 65 Prozent am gesamten Personenverkehr ansteigen. Dafür hat der Trägerkreis mit adfc Hessen, VCD Hessen, Fuss e.V. Radentscheid Darmstadt, Hessen, Kassel und Offenbach, sowie die unterstützenden Organisationen BUND Hessen, Greenpeace und Naturfreunde Hessen ein Verkehrswendegesetz für Hessen formuliert mit den konkreten Zielen:

  • Mehr Radwege und ein hessenweites Radwegenetz
  • Breitere Gehwege und Straßen mit sicherer Überquerung zu Fuß
  • Ein flächendeckendes Liniennetz, kürzere Fahrtzeiten und höhere Frequenz im öffentlichen Verkehr
  • Höhere Verkehrssicherheit besonders auf Schulwegen
  • Mehr und attraktive Alternativen zum Autoverkehr in ländlichen Regionen
  • Eine bessere Verknüpfung von Informationen, Konzepten, Planung und Bau zur Entwicklung einer nachhaltigen Mobilität

Wer diese Aktion unterstützen möchte, findet die Vordrucke zur Unterschrift bisher bei der Hubertus Apotheke und der Schäfer Bücherei.

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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