Hünfelden – Chance, in die richtige Richtung zu wandern

Seit letztem Jahr ist Hünfelden Klimakommune. Doch bereits seit 2002 schreibt sich die Gemeinde das Thema Klimaschutz auf die Fahne. Bürgermeisterin Silvia Scheu-Menzer ist stolz auf das, was bisher erreicht wurde.

Ja, Klimakommune zu sein, sei schön, aber sie könne auch Dinge anpacken, ohne den Titel zu haben. Daher habe es dann doch ein wenig gedauert, bis sich auch Hünfelden dieser hessischen Initiative angeschlossen habe, so Silvia Scheu-Menzer im Interview. Doch mit dem Programm gebe es höhere Fördergelder und es wird auch nach außen sichtbar, welche Klimaschutz-Schwerpunkte die Gemeinde hat. Und jetzt, wo sie den Titel Klimakommune tragen, ist ihr auch wichtig, den Titel mit Leben zu füllen.

Fokus auf erneuerbare Energien

Einen klaren Fokus hat die Gemeinde im Goldenen Grund dabei auf die Energie gelegt. Ihre größte Herausforderung war dabei die Umsetzung des Windparkprojektes und sie ist stolz darauf, dass die Anlagen nun seit einigen Jahren laufen. Mit den bestehenden Bürgerwindpark können 8.000 Haushalte versorgt werden 4.500 Haushalte hat Hünfelden. Zudem hat Hünfelden 2014 gemeinsam mit Bad Camberg und sechs weiteren Kommunen das Stromnetz rekommunalisiert. Die Kommunen sind mit 51 Prozent am Stromnetz beteiligt. „Unser großes Ziel ist es, autark zu werden“, so Scheu-Menzer.

Dieser Weg begann bereits 2002. Damals startete die Gemeinde mit dem kommunalen Förderprogramm „Solarhochburg Hünfelden“. Dies war ein Anstoß, damit auch die Bürger der Gemeinde etwas machen. In den letzten zehn Jahren gab es für dieses Förderprogramm 260 Anträge, es wurden 6,26 Millionen Euro investiert und es gab rund 380.000 Euro Fördermittel. Der Sportplatz, das Schwimmbad (welches aktuell neu gebaut wird), das Rathaus und die Kita beziehen zu 50 Prozent ihren Strom aus zwei Biogasanlagen, welche von heimischen Landwirten betrieben werden.
Auch auf anderen Ebenen ist die Gemeinde aktiv. Seit dem letzten Jahr wird in den Bebauungsplänen einen PV-Anlage auf dem Dach sowie Zisternen gefordert und Schottergärten verboten.

Gut gerüstet

Das Thema Wasser und Hochwasser ist ebenfalls auf der Tagesordnung der Gemeinde. Mit der Wasserrahmenrichtlinie Europa haben sie einen Entwicklungsplan erhalten, an dessen Umsetzung sie dran sind. Darin geht es um die Qualität und Durchlässigkeit von Gewässern, die am Ende auch dem Hochwasserschutz wieder zugutekommen. Ein kritischer Punkt bei Starkregen ist der Wörsbach, der mitten durch die Ortslage geht. In den 60er Jahren erhielt dieser ein Betonprofil. Inzwischen ist die Gemeinde an Planungen, um vor der Ortslage eine Überflutungsfläche zu schaffen. Doch die Maßnahmen dauern alle, denn es müssen Grundstücke getauscht und Planungen erstellt werden. 2018 gab es durch ein bewirtschaftetes Feld Wasser mit Schlamm im Ort. Sie verfolgten die Fließrichtung und konnten eine Fläche zum Ausweichen schaffen. Insgesamt ist die Gemeinde an ihrem Starkregenmanagement dran.

Für den Katastrophenfall sieht Scheu-Menzer die Gemeinde gut aufgestellt. Vor ein paar Jahren haben sie bereits einen Notstromplan erstellt und alle Feuerwehrhäuser haben eine extra Notstromversorgung. Ein mobiles Notstromaggregat für die Wasserversorgung sei bestellt. Im Rathaus fehlt noch eine Notstromversorgung, aber sie haben in Dauborn eine technische Einsatzstelle. Dieses Konzept erfasst neben der kommunalen Infrastruktur auch weitere problematische Stellen wie Menschen, welche auf Pflege angewiesen sind. Wenn etwas passiert, kann Hünfelden eine Halle mit 50 Betten für die Bürger ausstatten. Vor kurzem fand dazu auch eine Informationsveranstaltung für die Bürger statt.

Vorausschauend denken

Und auch wenn die Gemeinde gut aufgestellt ist, gibt es Dinge, die so langsam in den Fokus geraten. „Wir müssen uns damit beschäftigen, was ist, wenn die nächsten Sommer so weiter gehen“, so Scheu-Menzer, „Wir dürfen nicht erst an das Thema denken, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“. Vor allem braucht es ein Konzept für das Rathaus, wo sich die Mitarbeiter täglich aufhalten. Der alte Teil des Rathauses wurde komplett mit Außenbeschattung mittels fester Lamellen ausgestattet, damit es nicht so heiß in den Räumen wird. Bei den Kitas haben sie bereits einen Außenschutz und auch beim Neubau wird dies von Anfang an mitgedacht. Die Gemeinde müsse als Arbeitgeber vorsorge tragen. Zum Thema Hitze gehört für die Bürgermeisterin ebenfalls, das Grün im Dorf zu behalten. Dazu führt die Gemeinde ein Baumkataster und prüft jeden Baum vor dem Fällen sorgfältig. Ein gefällter Baum soll auch direkt ersetzt werden. Sie würde sich wünschen, dass die Menschen manchmal ein anderes Verständnis zu den Bäumen bekommen und sie mehr als Schattenspender sehen statt als Laubblattproduzenten.

Ihr Motto ist „Was jeder einzelne tun kann, soll er tun, um einen Beitrag zu leisten“. Alle Maßnahmen sind wie Mosaiksteine, die sich am Ende zusammenfügen zu einem Ganzen. „Wenn jede Kommune etwas macht, haben wir die Chance, in die richtige Richtung zu wandern. Wir sollten nicht aufgeben und mit Mut vorangehen.“

Alle Artikel zur Sommertour findet ihr unter Klima lokal.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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