„Ich möchte ansprechbar für die Menschen sein“

Für den Wahlkreis Rheingau-Taunus und Limburg kandidiert Anna Lührmann von Bündnis 90/ Die Grünen, um im September in den Bundestag einzuziehen. Damit die Menschen sie kennenlernen, ist sie derzeit vor Ort unterwegs und kommt mit ihnen ins Gespräch.

Schon einmal setzte sich Anna Lührmann (37) für eine Klimahaushalt ein, als sie 2002 mit 19 Jahren als jüngste Abgeordnete in den Bundestag einzog. Für sie ist der Bundestag ein Spiegelbild der Gesellschaft, so dass auch junge Menschen dahin gehören. Von Anfang an begrenzte sie ihr Mandat auf zwei Legislaturperioden und sammelte ab 2009 erstmal internationale Erfahrungen. Sie war im Sudan, studierte, arbeitete für die UN, promovierte in Berlin und Barcelona und ist derzeit noch in Göteborg als Juniorprofessorin und Demokratieforscherin an der Universität tätig.
Jetzt im zweiten Anlauf möchte sie den Klimahaushalt durchbringen, denn in Sachen Klima muss die Politik, aber auch die Gesellschaft „in den nächsten Jahren aufs Gas treten.“ Und so tritt sie auch mit dem Motto an: „Für klimaneutralen Wohlstand müssen wir jetzt die Weichen stellen – mutig, umsichtig und sozial gerecht.“

Besuch von Unternehmen in Hadamar

Um für ihre Werte zu werben, sich vorzustellen, aber auch, um zu erfahren, wo der Schuh drückt, war sie am Dienstag in Hadamar bei verschiedenen Unternehmen unterwegs. Sie ließ sich die Firmen vor Ort zeigen und fragte auch nach, was sich die Unternehmen wünschen. Ziel ihres Besuches war die Firma Enatek, ein erfahrenes Ingenieurbüro für Energietechnik. Weiter ging es zu regionalen Produkten – den Nudelhof Becker sowie die Biogärtnerei in Oberweyer. „Ich möchte erfahren, was die Menschen machen und was sie bewegt“, so Lührmann.
Die Firma Enatek wie auch der Nudelhof kämpfen darum, Mitarbeiter zu finden. Während Enatek mit dem Fachkräftemangel kämpft, sind es beim Nudelhersteller Mitarbeiter, die einfache Tätigkeiten auf Mindestlohnbasis verrichten.

Hans Becker (li) zeigt Anna Lührmann, wie Nudeln in Hadamar produziert werden

Bezahlbare, sichere Energie

Ein Thema beschäftigt Hans Becker, der seit 1986 Nudeln aus Eiern und Hartweizengrieß herstellt, sehr. Dies ist das Thema Energie und Energiepreise. Energie ist bereits teuer und er fände es nicht schön, wenn die Preise noch weiter ansteigen. Diese Preise muss er an seine Kunden weitergeben. Einsparen von Energie habe er auch im Blick, doch seine Maschinen und die Heizung für das Gebäude benötigen eben auch Strom. Auf seinem Gebäude habe er Photovoltaikanlagen. Er kritisierte, dass Kommunen riesige Solarparks auf freie Naturflächen errichten. Dies muss nicht sein. Es sollten erstmal die Dachflächen öffentlicher Gebäude dafür verwendet werden. Und auch wenn er schaut, Energie einzusparen wie das Nutzen von LED-Lampen, so gibt es manche Dinge, die sich für ihn einfach nicht lohnen. So sei sein Betrieb zu klein, um Wärme, die bei den Maschinen entstehen, für andere Prozesse zurückzugewinnen. Vor Jahren habe er sich damit beschäftigt, mit Hackschnitzel zu heizen. Jetzt sei er froh, dies nicht gemacht zu haben, da die Holzpreise steigen. Er muss die Garantie haben, dass er immer arbeiten kann. Daher ist für ihn die Versorgung mit Gas die sicherste Methode. „Egal, was wir machen, es muss stimmig und effizient sein“, so Becker.

Right to repair

Das die Nachfrage nach regionalen Produkten ansteigt, findet er sehr gut. Aber den Landwirten fehle das Land, um diese Nachfrage zu decken. Als letzten Punkt gibt Hans Becker an, dass er das Gefühl habe, dass in Deutschland gerne mal etwas überstürzt wird. Bis 2030 soll das E-Auto bevorzugtes Fortbewegungsmittel sein, aber reicht der Strom dann überhaupt. Und es müssen von der Politik Anreize geschaffen werden, damit aus der Wegwerfgesellschaft wieder eine Gesellschaft wird, die etwas auch mal repariert. Am Ende meinte er, dass sich die Gesellschaft insgesamt einig sein muss, um etwas voranzubringen.

Dem stimmt Anna Lührmann zu. Es muss aufs Gaspedal getreten werden, um in den nächsten Jahren etwas zu erreichen. Sie stimmt Becker zu, dass bei allen Produkten wieder die Möglichkeit bestehen muss, sie zu reparieren. Auf europäischer Ebene setzen sich derzeit verschiedene Gruppierungen für eine „Recht auf Reparatur – Right to repair“ ein.

Themen der Gesellschaft

Für Anna Lührmann zeigt dieser erste Tag im Wahlkreis und die angesprochenen Dinge, dass die Grünen mit ihren Themen inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Uns so wirbt sie nicht nur für ihre Themen, sondern nimmt auch Anregungen der Menschen für ihre Arbeit mit. Und sie möchte den Bürgern zeigen, dass sie ansprechbar ist.
Sie kämpft dafür, dass sich alle für das Klima einsetzen. Jeder muss etwas tun. Und dafür möchten die Grünen Anreize schaffen. An manchen Stellen wird dies ein wenig wehtun im Geldbeutel, aber „wenn wir jetzt etwas machen, dann sind die Maßnahmen später nicht so drastisch.“ Daher wollen die Grünen sich dafür einsetzen, dass die Kosten sozial abgefangen werden. Dazu gehört, dass der CO2-Preis angehoben wird, aber die Einnahmen komplett an die Bürger pro Kopf zurückgezahlt werden. „Drauf zahlen werden die mit großen Autos und großen Häusern.“ Und sie plädiert dafür, dass klimaunfreundliche Subventionen wie Dienstwagenflotten umgeschichtet werden in Subventionen für klimafreundliche Dinge. „Wir müssen die nächsten vier Jahre die Pflöcke einschlagen“, so Lührmann abschließend.

Wer mehr über die Kandidatin erfahren möchte, ich zu einem digitalen Vortrag am 21. Juni eingeladen: Klimaneutraler Wohlstand und Lebensqualität – Grüne Ideen und Konzepte

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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