Identität für die Südstadt schaffen

Die Südstadt Limburg ist Teil des bundesweiten Städtebauförderprogramms „Sozialer Zusammenhalt“.  Mit dem Quartiersmanager Marcus Schenk und der Mitarbeiterin Daniela Selke-Fachinger sprach ich über die Herausforderungen und Wünsche.

Die Stadt Limburg hat sich mit den Kommunalpolitikern und den Menschen vor Ort gemeinsam auf den Weg gemacht, das Quartier Südstadt innerhalb von zehn Jahren attraktiver zu gestalten. Dazu zählen bauliche, aber auch soziale Maßnahmen, um das Quartier lebenswerter zu machen. Unterstützung erhält die Stadt dabei vom Quartiersmanagement und den Städteplanern Rittmannsperger Architekten. November 2017 wurde das Quartier in das Städtebauförderungsprogramm aufgenommen.

Bürger mitnehmen

Die Rolle von Marcus Schenk als Quartiersmanager besteht darin, die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen. Nur mit den Bürgern zusammen lässt sich das Quartier entwickeln. Derzeit betreut Schenk sechs Quartiere in Hessen. Unter allen Quartieren im Förderprogramm sticht die Südstadt Limburg hervor. Der Ausländeranteil im Quartier liegt mit 19,1 Prozent (Stand Januar 2019) knapp über dem der Gesamtstadt mit 18,7 Prozent. Zudem spielt eine Überalterung der Bewohner eine Rolle wie auch der Anteil der Aussiedler und Spätaussiedler. Diese Zahlen finden sich im Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK). Zudem ist es mit das größte Quartier in ganz Deutschland innerhalb des Förderprogramms.

Für Schenk ist die Arbeit sehr präventiv in diesem Quartier. Alteingesessene Bewohner verschwinden, junge Menschen ziehen hinzu und das Gebiet ist durch eine große Heterogenität gekennzeichnet. „Je gemischter ein Gebiet ist, umso besser lässt es sich arbeiten“, ist Schenk überzeugt. Das Quartier ist bisher kein sozialer Brennpunkt und dies soll er auch in Zukunft nicht werden. Bevor Gräben entstehen, möchte Schenk Gemeinsamkeiten zwischen den Bürgern schaffen, damit diese sich mit dem Quartier identifizieren. 

Gespräch mit den Bürgern

Die Aufgabe des Teams im Quartierbüro ist das Gespräch mit den Bürgern. Wo drückt der Schuh? Was wünschen sie sich für ihr Quartier? Daher ist es gut, dass das Förderprogramm über zehn Jahre läuft. Denn mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen und bürgerschaftliches Engagement zu fördern, braucht seine Zeit. Und um das Quartier zu entwickeln, braucht es die Bürger.
Neben dem Quartiersmanagement gibt es den Beirat Südstadtrunde, welcher als bürgerschaftliches Begleitgremium fungiert. In diesem sind Bürger ebenso vertreten wie Institutionen vor Ort. Sie alle haben viele Ideen, aber auch Fragen und sie hinterfragen auch Abläufe. Dies findet Schenk sehr gut. Er lobt diese engagierte Gruppe, die sich einbringt und schaut, was sich tut.

Dieses hohe Maß an Bürgerschaft ist aber auch eine Herausforderung für ihn. Denn sie bringen eine hohe Erwartungshaltung mit. Es ist für ihn eine große Aufgabe, zwischen den Bürgern, den Politikern, der Stadt und allen anderen Beteiligten zu moderieren. Dabei ist er immer neutral in der Moderation. Natürlich äußert er auch mal seine private Meinung, wenn er danach gefragt wird oder ein Diskurs entgleist. Aber Neutralität ist sehr wichtig. Er blickt von außen auf das Quartier, weil er nicht von hier ist. Daniela Selke-Fachinger ist in dem Quartier groß geworden, wohnt jetzt aber in einem anderen Stadtteil. Diese beiden Blickwinkel, von innen wie auch von außen, sind für die Arbeit eine große Bereicherung. Mit seinem Blick von außen sieht Schenk nicht immer die Gefühle, welche an einem bestimmten Bereich innerhalb des Quartiers hängen. Und Selke-Fachinger kann ihm aufzeigen, warum manche Orte für die Menschen eine Bedeutung haben, die er nicht immer gleich sieht. 

Themen der Bürger

Neben diesem allgemeinen Blick stellt sich die Frage, welche Themen die Bewohner in der Südstadt beschäftigen. Was hat sich bereits getan hat, seit das Programm läuft. In den Gesprächen ging es immer wieder darum, dass die Menschen den sozialen Zusammenhalt vermissen. Das Gemeindezentrum ist viel zu klein und für Jugendliche fehlen Möglichkeiten, sich zu treffen. Daher sollen Räume geschaffen werden sich zu treffen. Ein Flohmarkt sowie ein Südstadtkino fanden bereits statt.

Ein geplanter Weihnachtsmarkt musste aufgrund von Corona bereits das zweite Mal abgesagt werden. Für dieses Jahr planen sie ein Stadtfest. Für solche Ideen gibt es den Verfügungsfonds mit einem finanziellen Rahmen von 20.000 Euro im Jahr 2021. Personen oder Gruppen können einen Antrag bis zu 2.500 Euro stellen, um Projekte durchzuführen. Die Südstadtrunde entscheidet über diese Anträge. So habe die Boule-AG, welche sich im Rahmen des Programms gründete, Schilder für ihren Bouleplatz an der Residenz beantragt und diese auch bewilligt bekommen. „Mit dem Verfügungsfonds möchten wir das bürgerschaftliche Engagement vor Ort fördern“, so Schenk. 

Containeranlage für Jugendliche

Dieses Geld reicht natürlich nicht aus, größere Projekte zu stemmen. Wenn sich die Kommunalpolitik für ein Projekt entscheidet, kann sie die finanziellen Mittel bewilligen. Zu den kommunalen Mitteln kommen weitere Fördermittel vom Land und vom Bund. Zu je einem Drittel finanzieren die drei Säulen die Projekte. So wurde vor kurzem der Kauf einer Containeranlage für das Jugendzentrum in der Südstadt vom Magistrat beschlossen. Ein großer Erfolg konnte in dem Bereich die Stadt für sich verbuchen: Sie stellte einen Förderantrag über zwei Millionen Euro für die Entwicklung und Aufwertung einer Sportstätte, welche bewilligt wurden. Derzeit findet eine Machbarkeitsstudie statt, wo dieser Sportplatz im Quartier entstehen kann.

Zudem findet eine Machbarkeitsstudie zu einem Mehrgenerationenhaus statt, welches jedoch nicht als Wohnort, sondern als sozial-kultureller Begegnungsort entstehen soll. Ebenfalls im Blick stehen die öffentlichen Flächen. Im Quartier gebe es viele Grünflächen, doch ihnen fehlt die Aufenthaltsqualität. Und auch das Neubaugebiet in Blumenrod beschäftigt die Menschen. Wohnraum wird benötigt, aber die Bürger haben Angst, wie sich dies auf die Verkehrssituation auswirken wird. Da sei es wichtig, den Menschen vor Ort auch den Blick auf das große Ganze zu geben und nicht nur allein auf das Quartier zu schauen. In der Südstadt wohnen derzeit rund 9.000 Bürger. Sollte das Neubaugebiet in Blumenrod realisiert werden, würde die Südstadt der größte Stadtteil von Limburg werden. 

Wünsche für das Quartier

Zwei Wünsche hat Marcus Schenk für das Quartier.  Er würde gerne einen Arbeitskreis aus allen sozialen Institutionen bilden, die vor Ort aktiv sind. Dies wären zum Beispiel die Stadt, die Lebenshilfe, die GAB, die Caritas und auch die Schulen. Es wäre schön, wenn sie sich gemeinsam über das Viertel austauschen und überlegen, welche Themen es gibt. Und er wünscht sich, dass am Ende Strukturen entstehen, welche sich selbständig tragen. „Wenn ich nach zehn Jahren hier raus gehe, möchte ich, dass es weitergeht und wir überflüssig sind“, so Schenk abschließend. 

Ein Projekt in diesem Programm ist der Bürgerdialog „Mobilität Am Meilenstein“. Dazu fand letzte Woche der dritte Bürgerdialog statt. Themen dort ist das Parken und der Verkehr. Die Bewohner äußerten Unmut über den bisherigen Prozess. Den Artikel dazu findet ihr hier.

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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