In eigener Sache – Politik zum Anfassen

Demokratie ist wichtig und Demokratie ist wertvoll. Diese spielt nicht nur in der Bundespolitik eine Rolle, sondern beginnt auf lokaler Ebene bei den Kommunal- und Kreisparlamenten. Doch wie kann Politik erfahrbar gemacht werden?

Diese Frage trieb mich nach der letzten Kommunalwahl im März 2021 an. Dabei ging es mir auch um eine besondere Gruppe, nämlich die Jugendlichen und Erstwähler. Bereits vor den Kommunalwahlen suchte ich die Gespräche und es zeigte sich sehr oft, dass ein Teil der Jugendlichen überhaupt nicht weiß, wofür sie Kommunalparlamente und Kreistag wählen sollen. Und bei einem anderen Teil der Jugendlichen bestand Frust, dass sie von „der“ Politik sowieso nicht gehört werden. In der aktuellen Corona-Pandemie zeigt sich auch, wie oft die Interessen der Jüngeren in der Politik übergangen werden. Aber allgemein darauf zu schließen, dass Jugendlich politisch desinteressiert sind, wäre zu einfach formuliert. Vielmehr zeigt vor allem der Klimawandel und die Fridays for Future- Bewegung, dass es Themen gibt, für welche sich die jungen Menschen einsetzen. Von der institutionalisierten Politik halten sie sich weitgehend fern, bringen sich aber in Vereinen, Schulen oder anderen Organisationen ein.

Politische Bildung für junge Menschen

Doch wie soll man in Zukunft junge Menschen finden, die sich ehrenamtlich politisch engagieren und die Wahlbeteiligung steigern? Wie diese jungen Menschen zur Mitarbeit bewegen, damit auch in Zukunft die Demokratie besteht? Wie politische Bildung wirksam betreiben? Diese Fragen trieben mich um und jetzt kann ich darüber schreiben, denn im heutigen Kreistag stellte Landrat Michael Köberle das Projekt vor, was aus einer Idee entstand. Vom 9. Bis 11. November organisiert das Jugendbildungswerk des Landkreises Limburg-Weilburg das Leuchtturmprojekt „Pimp your Kreistag“, in welchem sechs Schulklassen aus dem Landkreis sowie die Kommunalpolitiker involviert sein werden.

Wie kam es zu der Umsetzung dieser Idee? In meiner lokaljournalistischen Arbeit habe ich verschiedene Möglichkeiten erlebt, Jugendlichen Kommunalpolitik nahe zu bringen. Es gibt einiger Schule im Landkreis, vor allem die berufsbildendenden Schulen, welche an Sitzungen der Gremien teilnehmen. Auf Wunsch kommen auch Politiker in die Klassen und erzählen etwas zu dem System. Zudem wird immer wieder die Einladung wiederholt, an den öffentlichen Sitzungen teilzunehmen.

Doch wer das System nicht kennt, kann sich manchmal schnell langweilen und wenn man dann Jugendliche in den Sitzungen sieht, spielen die häufig auf ihren Handys, statt dem Sitzungsverlauf zu folgen. Und ich kann sie da teilweise echt sehr gut verstehen. Doch was wäre, wenn man den Jugendlichen ermöglicht, einen tiefen Einblick in die kommunalpolitische Arbeit zu erhalten, indem sie diese selbst mal in einem Planspiel durchlaufen können? Ich bin sehr dankbar, dass diese Idee vom Jugendbildungswerk und einigen Jugendpflegern aus dem Landkreis positiv aufgegriffen und wir zusammen an einer Umsetzung dieser Idee gearbeitet haben.

Politik zum Anfassen

Mit dem Verein „Politik zum Anfassen“ setzen wir im Landkreis dieses Projekt um. An drei Tagen kommen sechs Schulklassen aus allen Schulformen zusammen. Eine Schulklasse übernimmt die vierte Gewalt, die Presse und dokumentiert diesen besonderen Kreistag. Ich freue mich, in dieser Gruppe unterstützend mitwirken zu können. Die anderen fünf Schulklassen bilden jeweils eine Fraktion, welche Ideen erarbeiten, diese in Anträge formulieren und in den Ausschüssen miteinander beraten, bevor am Ende auch eine Kreistagssitzung stattfindet. So haben die jungen Menschen die Möglichkeit, selbst zu erfahren, wie die politischen Prozesse sind, was möglich ist und wie Entscheidungen in die Umsetzung gelangen können. Dabei werden sie von den Kommunalpolitikern vor Ort unterstützt, die ihnen Hilfestellungen bei den Anträgen geben und Einblicke in das System.

Der Verein „Politik zum Anfassen“ führt solche Planspiele auf verschiedenen kommunalpolitischen Ebenen seit 2006 durch. Über 10.000 Schüler haben dadurch bereits erfahren, wie sich Kommunalpolitik gestaltet und was sie bewirken kann. Ihre Lust auf Demokratie geben die Mitwirkenden in dem Verein in verschiedenen Projekten an Kinder und Jugendliche weiter. Die jungen Menschen erleben hautnah, wie Politik und Demokratie funktioniert. Sie erfahren, wie spannend diese Arbeit sein kann. Und vielleicht ist ja die eine oder andere Idee dabei, die dann später von den Kommunalpolitikern aufgegriffen und in die Umsetzung kommt.

Stärkung der Demokratie

Ich bin selbst nicht politisch tätig, sondern sitze auf der Beobachterseite. Ich schaue und höre zu, fange Stimmungen auf und berichte. Die Demokratie liegt mir am Herzen, es ist wichtig, sich dafür einzusetzen und dies auch an die jüngere Generation weiterzugeben. Dies gelingt im persönlichen Umfeld und eben auch, indem man Ideengeber ist. Ich wünsche mir, dass dies ist ein erster Impuls ist, um die nachfolgenden Generationen stärker mit einzubeziehen, damit diese Lust auf Demokratie bekommen und wir auch in Zukunft auf eine starke Demokratie bauen können.

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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