Individuelle, statt pauschale Lösungen
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Seit Beginn der Schule beklagen Eltern die überfüllten Schulbusse, in denen kein Abstand halten möglich ist. Die Schulelternbeiräte aus dem Landkreis fassten nun einige mögliche Maßnahmen zusammen. Der Thematik nahm sich ebenfalls der Kreistag an.
Im letzten Kreistag nahmen die Freien Wähler die Schulbusthematik zum Anlass für einen Antrag. Der Kreisausschuss soll prüfen, inwieweit ein verbessertes Schulbusangebot überfüllte Schulbusse vermeidet. Die CDU und SPD plädierten mit ihrem Änderungsantrag für veränderte Schulanfangszeiten und damit einer Entlastung der Schulbusse. Die Schulelternbeiräte des Landkreises bezogen Stellung dazu. Nun war es Thema im Ausschuss Schule, Jugend und Bau sowie Raumordnung, Wirtschaft und Verkehr.
Individuelle, statt pauschale Lösungen
Nach einer sehr konstruktiven Diskussion einigten sich die Ausschussmitglieder darauf, eine Beschlussempfehlung für den Kreistag zu geben. Ein bestehendes Konzept des Landkreises soll jeweils an die aktuelle Sach- und Gefahrenlage angepasst werden. So stehen dem Landkreis elf weitere Busse zur Verfügung, die bei Bedarf eingesetzt werden können wie zum Beispiel bei einem hohen Infektionsgeschehen an einer Schule und damit eventuell verbundene Massentests. Ansonsten waren sich alle einig, dass es für den Landkreis keine pauschalen Lösungen gibt. Es ist nur eine individuelle Lösung des Problems in Zusammenarbeit mit den Schulen, dem Verkehrsbetrieben, dem Landkreis sowie den Eltern und Schülern möglich.
Den Ausschussmitgliedern ging vor der Sitzung die Stellungnahme der Schulelternbeiräte zu. Björn Jung, Vorsitzender des Kreiselternbeirates erhielt Redezeit und durfte kurz die Maßnahmen aus der Stellungnahme vortragen. Die Eltern sehen eine Kombination aus verschiedenen Maßnahmen geeignet. Diese wären mehr Busse auf den überlasteten Linien, die Einbeziehung der Eltern mit Appell für eine erhöhte Rücksichtnahme, die Nutzung aller Busse auf einer Linie und das Vorantreiben der Digitalisierung und Schaffung eines Digitaltages mit Unterricht auf Distanz.
Besonnen und achtsam mit Situation umgehen
Albrecht Fritz, FW, begründete nochmals Antrag, dass der Kreis prüfen soll, ob nicht ein verbessertes Schulbusangebot bereitgestellt werden kann. Der Tausch normaler Busse durch Gelenkbusse könnte schon einiges erreichen. Die Fahrdienste durch die Eltern dürfen in seinen Augen nicht zur Regel werden. „Der Kreis muss die Beförderung sicherstellen“, so Fritz.
Michael Uhl (SPD) möchte „besonnen und achtsam mit der Situation umgehen.“ Der Ausschuss könne nur eine Empfehlung für die maximale Personenzahl geben, aber da gebe es gesetzliche Vorgaben, an welche sich die Verkehrsbetriebe halten. Halbe Klassen seien eine Möglichkeit, doch da müsste geschaut werden, was an den jeweiligen Schulen möglich ist.
Zum Thema Digitalisierung sieht Bernd Steioff, Die Linke, Schulleiter der Schule im Emsbachtal, ein Problem. Er stellte die Frage, wann die Endgeräte verteilt werden, denn ohne diese bräuchte er sich keine Gedanken über digitalen Unterricht zu machen. Landrat Michael Köberle (CDU) wies darauf hin, dass 3.200 Endgeräte bestellt sind. Jedoch gebe es Lieferschwierigkeiten, so dass erst 700 Geräte da sind. Der Landkreis habe sich für Ipads entschieden, da diese mit allen Systemen kompatibel sind. Es gab von einigen Schulen Kritik, doch der Landkreis möchte ein einheitliches System, welches für alle passt.
Über 400 Busse mit Abstand notwendig
Die Schulproblematik mit allen Themen habe der Landkreis beständig im Blick. So fand erst vor kurzem ein Gespräch mit allen Beteiligten statt, um die aktuelle Situation zu betrachten. Zur Schulbussituation erläuterte Köberle, dass es im Landkreis 105 Busse gibt, welche täglich 240 Fahrten vornehmen. „Für einen Abstand von 1,5 Metern würden wir mehr als 400 Busse benötigen“, so Köberle. Er wies darauf hin, dass sich der Landkreis elf Busse für zusätzlich Kapazität gesichert hat und zudem ein Konzept erstellt hat, wie in den einzelnen Situationen gehandelt werden soll. „Uns ist es wichtig, dass wir Konzepte haben, die wir umsetzen und einhalten können“ so Landrat. Er nutzte auch die Gelegenheit, die Verwaltung und besonders das Gesundheitsamt zu loben, die derzeit einen guten Job machen. Und ihm war es wichtig, darauf hinzuweisen, dass auf jedes einzelne Geschehen unterschiedlich eingegangen werden muss. Und dies bestehe aus einem Mix verschiedenen Maßnahmen, die je nach Lage zum Greifen kommen.
Keine Fahrt voll ausgelastet
Dirk Plate von der Verkehrsgesellschaft Lahn-Dill-Weil (VLDW) gab ebenfalls eine Einschätzung ab. Die Forderung von Albrecht Fritz nach Gelenkbussen wäre mit Kosten verbunden, welche nicht händelbar sind. Aber er die Verkehrsgesellschaft beobachtet ständig die Situation und die Mitarbeiter führen Zählungen in den Bussen durch. In den letzten Wochen wurden 119 Fahrten kontrolliert. „Bei keiner Fahrt wurden die gesetzlichen Bestimmungen überschritten“, so Plate. Zudem würden für mehr Busse die Fahrer fehlen. Auch wies er darauf hin, dass keine Busse zu 100 Prozent ausgelastet waren. „Wir kommen nicht an die Grenzen“.
Dennoch ist ihm bewusst, dass sich die Schüler besser auf die Busse verteilen könnten und daher nochmal an diese appelliert werden sollte, alle verfügbaren Busse zu nutzen. So fahren auf der Strecke Löhnberg-Weilburg morgens vier Busse und der erste, welcher zehn Minuten vor dem zweiten fährt, transportiert nur vier Fahrgäste. „Warum steigen die Schüler nicht in den ersten Bus? Da ist noch Potential vorhanden“, so Plate. Wobei es aus dem Westerwald nach den Herbstferien noch eine Veränderung geben wird, um für eine Entlastung zu sorgen. Abschließend meinte er: „Von unserer Seite aus muss nichts gemacht werden, aber wir nehmen uns natürlich dem Thema an.“ Zur Schulzeitstaffelung gebe es nach den Herbstferien einen Modellversuch in Dillenburg. In Absprache mit der Schule wurden auch die Fahrpläne angepasst. Da erhielte man dann genaue Zahlen, ob dies eine Lösung wäre.
Lösungen müssen realistisch sein
Jörg Zimmermann, Die Linke, fragte nochmal genauer nach, ob es denn wirklich unmöglich sei, sich in einem Schulbus zu infizieren. Köberle teilte darauf hin mit, dass nie gesagt wurde, dass man sich in einem Bus nicht infizieren kann. Aber die Scouts, welche die Nachverfolgung der Infektionsketten übernehmen, konnten bisher noch kein Infektionsgeschehen auf einen Schulbus zurückführen.
Wolfgang Lippe, Bündnis 90/ Die Grünen regte an, die Eltern mit einzubeziehen, um die Schüler auf die Busse zu verteilen. Steioff ergänzte, dass auch die Kommunen ihre Ordnungsamtmitarbeiter mit zur Kontrolle der Busse einsetzen können. Beides wurde jedoch als zu unkompliziert und nicht machbar abgetan.
Dr. Frank Schmidt, SPD, mahnte an, Maßnahmen zu treffen, welche realistisch sind. Zudem äußerte er, dass nicht alles am Landkreis hängen bleiben kann. „Es müssen Entscheidungen vom Verkehrsministerium her und dieses muss dann auch die Finanzierung tragen.“ Auch er plädierte dafür, miteinander zu reden und situationsbedingt zu entscheiden.
Dr. Michael Jung vom Schulamt sieht es problematisch, die Schulanfangszeitenstaffelung, wie sie jetzt modellhaft in Dillenburg stattfinden, einfach zu überragen. Es könnte zu Konflikten mit der Ganztagsbetreuung kommen. Daher plädierte auch er für individuelle statt pauschale Lösungen.
Zum Thema gab es auch einen Artikel in der Nassauischen Neuen Presse am 06. Oktober: „Elf Schulbusse in Reserve“