Internationale Holocaust-Gedenktag am 27.Januar – Den Opfern gedenken

Am 27. Januar 1996 führte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ein. Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz. Am 27. Januar 2005 erklärten die Vereinten Nationen diesen Tag zum Internationalen Gedenktag. Auch im Landkreis Limburg-Weilburg finden Veranstaltungen zum Gedenken statt.
Bereits am vergangenen Sonntag trafen sich aus Anlass des Gedenktages Vertreter:innen der jüdischen Gemeinde, der Politik und gesellschaftlicher Gruppierungen sowie der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit auf dem jüdischen Friedhof in Limburg. Dort erinnert eine Säule mit zahlreichen Namen an die jüdischen Bürger:innen, die dem Holocaust zum Opfer gefallen sind. Auch das Erinnern hat sich in diesem Jahr der Corona-Pandemie gebeugt, vergessen worden ist es jedoch nicht.

„Es ist wichtig, das Erinnern immer wieder wach zu rufen“, verdeutlichte Elena Kopirovskaja als Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, die sich über den gesamten Landkreis verteilt. Zusammen mit Rabbiner Shimon Großberg und dem Limburger Bürgermeister Dr. Marius Hahn hatte sie sich der Aufgabe gestellt, an die 195 Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. „Ohne Erinnerung an die Vergangenheit gibt es keine Zukunft“, mahnte die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde vor den Gästen, dem Limburger Stadtarchivar Dr. Christoph Waldecker und Dr. Manfred Diefenbach, dem katholischen Vorsitzenden der Gesellschaft für christlich-jüdischen Zusammenarbeit.

Eingebettet in von Rabbiner Shimon Großberg vorgetragene Gebete verlasen Elena Kopirovskaja und der Bürgermeister die Namen der Opfer, Elena Kopirovskaja die Namen der jüdischen Opfer, Marius Hahn die übrigen Opfer.  Am kommenden Sabbat werden die Namen der jüdischen Opfer auch beim Gottesdienst im jüdischen Gemeindezentrum verlesen (Quelle Pressemitteilung Stadt Limburg)

Während Rabbiner Shimon Großberg das Gedenken und Erinnern an die Limburger Opfer des Holocaust mit Gebeten begleitete, verlasen Elena Kopirovskaja als Vorsitzende der jüdischen Gemeinde und Bürgermeister Dr. Marius Hahn die Namen der Opfer. Bildhinweis: Stadt Limburg

Digitales Gedenken

Der Verein „Weilburg erinnert“ gedenkt in digitaler Form gemeinsam mit dem regionalen Fernsehsender „WEILBURG TV“. Die Vorstandsmitglieder haben unter Einhaltung strengster Hygienevorschriften an verschiedenen Standorten in Weilburg fünf Lebensschicksale exemplarisch für alle verfolgten, deportierten und ermordeten Weilburger Bürger:innen mit dem Fernsehteam aufgenommen. Zum Abschluss wurden im Bereich des jüdischen Friedhofes annähernd 100 Kerzen für die namentlich bekannten und die noch vielen Unbekannten aus Weilburg entzündet. Die Mitglieder verlasen ihre Namen und Lebensschicksale, in Erinnerung an das Leiden der Betroffenen und zur Mahnung, „dass Auschwitz nie wieder sei“.
„Das Gedenken am 27. Januar verschlägt einem die Sprache“, sagte Markus Huth, erster Vorsitzender des Vereins, „Worte versagen angesichts dieser Tötungsmaschinerie aus Deutschland.“ Die Liste der Opfer des Nationalsozialismus sei endlos, Juden, Christen, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Andersdenkende, Männer und Frauen des Widerstandes, Wissenschaftlerinnen, Künstler, Journalistinnen, Kriegsgefangene und Deserteure, Greise und Kinder an der Front, Zwangsarbeiterinnen… Unzählige entrechtet, verfolgt, gequält, ermordet. „Der Nationalsozialismus war auch in Weilburg“, so Huth, „allen Verfolgten ist gemeinsam, dass sie vom NS-Staat aus der ‚Volksgemeinschaft‘ herausdefiniert wurden, nach Auffassung der NS-Ideologie waren sie nicht Bestandteil des ‚gesunden Volkskörpers‘, der zum Paradigma erhoben worden war.“

Warnung und Mahnung

„Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit und die Verantwortung gegenüber der Zukunft geben für’s Leben die richtige Haltung“, diese Worte des noch am 9. April 1945 ermordeten lutherischen Theologen Dietrich Bonhoeffer sei ein Grundmotiv von „Weilburg erinnert e. V.“. Er stehe für „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ seit seiner Gründung 2018, Erinnerung an alle Opfergruppen, die dem NS-Terror zum Opfer fielen. Anlass war auch die vom damaligen Kinder- und Jugendparlament initiierte Ausstellung im Bergbau- und Stadtmuseum „erfasst, verfolgt, vernichtet – kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“, über die Euthanasiemorde an Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen. In den Tötungsanstalten, Ursprünge der späteren Vernichtungslager, wurde systematisch-industriell sogenanntes „lebensunwerte Menschenleben“ beseitigt, auch in Hadamar.

Der Holocaustgedenktag gilt als Warnung und Mahnung, jegliche Erscheinungen von Intoleranz, Fremdenhass, Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus aufmerksam zu beobachten und ihnen entschieden in Wort und Tat entgegenzutreten. „Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich“, sagte Markus Huth, es werde immer Menschen geben, die sie gefährden. Er appelliert an uns alle, die Lehre aus der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus zu ziehen und „sich mutig für unsere Demokratie einzusetzen, sie zu verteidigen und zu stärken. ‚Weimar ist nicht daran zugrunde gegangen, dass es zu früh zu viele Nazis gab, sondern dass es zu lange zu wenig Demokraten gegeben hat‘, dieses Zitat von Altbundespräsident Richard von Weizsäcker muss für uns Warnung und Auftrag zugleich sein.“

Huth dankte im Namen des gesamten Vorstands des Vereins „Weilburg erinnert“ Ralph und Sabine Gorenflo von WEILBURG-TV für die Aufzeichnung und Produktion des Gedenkstreams sowie seinen Vorstandskolleginnen Martina Hartmann-Menz und Martina Zimmermann für die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung der virtuellen Veranstaltung. „Nicht schweigen, nicht verschweigen. Gedenken, Namen nennen, Lebensgeschichten aus dem Todesdunkel der Lager, Mordanstalten und Ghettos befreien – und dies für alle Opfergruppen. Dafür werden wir uns auch in Zukunft einsetzen.“

Die Aufzeichnung der Gedenkveranstaltung findet ihr ab 16 Uhr unter folgendem Link.

Lesenswert zu dem Thema auch der Aufruf, in Weilmünster den Schauplatz von NS-Verbrechen nicht zu missbrauchen.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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