Jugendherberge Odersbach – Zukunft mit neuem Konzept?

Im August gab der Deutsche Jugendherbergsverband (DJH) Hessen bekannt, zum Jahresende die Jugendherberge in Weilburg-Odersbach zu schließen. Stadt und Landkreis möchten die Jugendherberge gerne retten, doch mit einem Weiter so ist dies nicht möglich. Neue Konzepte müssen her. 

Im Kreisausschuss für Jugend, Schule und Bau gab Bürgermeister Dr. Johannes Hanisch einen Einblick in den derzeitigen Ist-Zustand zur Situation der Jugendherberge in Odersbach. „Ein Fünkchen Hoffnung ist vorhanden“, so Hanisch in seinen Ausführungen. Mit dem Landesverband befinde sich die Stadt Weilburg in einem konstruktiven, zukunftsgerichteten Dialog. Auch der Landesverband möchte sehr gerne an dem Standort festhalten. Doch ohne Investitionen ist dies nicht möglich.

Bekannter Investitionsstau

Bereits vor Corona war bekannt, dass in die Jugendherberge Odersbach investiert werden muss, damit sie auch für die Zukunft attraktiv bleibt. Der Landesverband hat jedoch keine Gelder, um diese Investitionen zu leisten. Daher sah das Modell vor, dass die Stadt einen Kredit aufnimmt und für die nötigen Investitionen aufkommt. Eine Refinanzierung würde dann über die Pacht laufen, welche vertraglich noch bis 2024 geht. Doch dann kam Corona und der Landesverband beschloss, drei Jugendherbergen, darunter auch Odersbach, zum Jahresende zu schließen. Dies hat vor allem finanzielle Gründe. Zudem kann der Landesverband derzeit keine Refinanzierung stemmen.

Der Bau aus den 60 Jahren war immer für Schulklassen ausgerichtet. Doch in absehbarer Zeit werden Schulklassen dort nicht unterkommen. Zudem hat sich das Bild der Jugendherbergen in den letzten Jahren stark gewandelt und es geht mehr und mehr in die Richtung Familienfreundlichkeit. Doch mit Acht-Bett-Zimmern und Bad auf dem Gang ist Odersbach für Familien nicht attraktiv. Bisher geht Hanisch von einer Investitionssumme ab drei Millionen Euro aus. Doch darauf mochte er sich in der gestrigen Sitzung nicht festlegen, denn ohne Konzept sei ein genauer Kostenplan nicht möglich. Daher geht es jetzt darum, ein zukunftsfähiges Konzept zu entwickeln. Die gute Nachricht in dem ganzen Prozess – der 31. Dezember 2020 als Schließungsdatum steht nicht mehr fest. Alle Beteiligten an den Gesprächen wollen nichts übers Knie brechen, sondern sich bis ins nächste Jahr die Zeit nehmen, um die Herberge auch in Zukunft zu erhalten.

Motto Wald

Weilburg hat eine enge Verbindung zur Natur. Hessen Forst sitzt in Weilburg und ebenfalls das Forstliche Bildungszentrum. Daher sei es eine Möglichkeit, mit dem Thema Wald zu spielen. Nachhaltigkeit, Umwelt- und Naturschutz könnten sich im inhaltlichen Konzept niederschlagen und dies dann wiederum im Bau selbst. „Wenn ich weiß, wo wir mit dem Gebäude hinwollen, dann kann ich den Investitionsbedarf ermitteln“, so Hanisch. Als Beispiel führte er an, dass mit dem Konzept Wald das Gebäude eine Holzfassade erhalten könnte, was das Thema direkt aufgreift. Bis diese Richtung steht, rechnet er mit nächstem Jahr.

Er legte aber auch klar, dass die Stadt die Investition alleine nicht stemmen kann und er daher auf Unterstützung vom Kreis hoffe. Nicht unbedingt finanzieller Natur, aber als Gesprächspartner, Ideengeber und Aufzeiger von Fördermöglichkeiten für ein solches Projekt. Der Landkreis engagiert sich auch bei den anderen Einrichtungen im Landkreis wie der Jugendherberge in Limburg oder dem Schullandheim Burg Waldmannshausen nicht finanziell. Daher liegen die Schritte zum Erhalt der Jugendherberge in der Hand der Stadt Weilburg. Dennoch sichert der Landkreis seine flankierende Unterstützung zu.

Es kamen aus dem Gremium noch die Fragen auf, ob nur das Grundstück attraktiv ist und eventuell ein Neubau der bessere Weg sei. Und es wurde angeregt, nicht nur den Wald in den Fokus zu nehmen, sondern auch die Lahn mit allen Möglichkeiten und das Radfahren ins Konzept einzubinden. Der Ausschussvorsitzende Manuel Böcher fasste am Ende zusammen, dass der Ausschuss das Thema weiterhin wohlwollend begleiten werde und wenn konkrete Ideen vorliegen, das Thema nochmal in die Beratung aufnimmt.

Steady

Lange Geschichte der Jugendherberge

Bereits im Kreistag im September war die Jugendherberge Thema und bestand der allgemeine Konsens, um den Fortbestand der Jugendherberge zu kämpfen. Christian Radkovsky (SPD) wies darauf hin, dass die Geschichte schon immer eine enge Verbindung zum Kreis hatte. 1920 als Walderholungsheim für betroffene Kinder aus dem 1. Weltkrieg errichtet, war es später ein Standort für die Erholung von Kindern aus Berlin, um mal Wald zu sehen. Der heutige Bau stammt aus den 60er Jahren. In den 80er Jahren wurden dort Kinder aus Tschernobyl untergebracht und 2015 auch Geflüchtete. Damals äußerte er sich so: „Wir sollten die Krise als Chance begreifen und Jugendherberge neu denken.“ Kurzfristig sollten Maßnahmen zur Sicherung umgesetzt und langfristig Konzepte für den Fortbestand aufgestellt werden. Er warb für die Entwicklung eines Konzeptes, welches dem Standort ein attraktives Alleinstellungsmerkmal gibt.

So könne sich CDU und SPD vorstellen, dass die Jugendherberge verstärkt genutzt wird durch Naherholungs- und Fortbildungsaktivitäten des Landkreises und seiner Institutionen mit dem Ziel einer Stärkung der Auslastung. Auch warben die zwei Fraktionen für Unterstützung bei notwendigen baulichen Umgestaltungen. Zudem sei zu prüfen, inwieweit der Kreis durch eine (nach seinen Möglichkeiten) finanzielle und konzeptionelle Unterstützung zu Fortbestand und Weiterentwicklung einen Beitrag
leisten kann. Bei den Konzepten wäre eine Neuausrichtung der Positionierung der Jugendherberge als Haus für Umweltpädagogik und Waldökologie mit aktivtouristischen Angeboten möglich. Dazu sollten alle möglichen Partner wie die Stadt Weilburg, Hessenforst, Jugendwaldheim und Tiergarten sowie heimische Schulen eingebunden werden. Neben dem neuen Konzept ist zudem eine umfassende Modernisierung und energetische Sanierung der Jugendherberge notwendig. Im Kreistag setzte sich ebenfalls die Fraktion der Freien Wähler für einen Fortbestand der Jugendherberge mit Unterstützung des Kreises ein.

Zahlen zur Jugendherberge

Die Jugendherberge Odersbach steht auf einem Areal von rund 15.000 Quadratmetern. Sie hat 25 Zimmer mit 156 Betten sowie drei Veranstaltungsräume. Im Jahr hat sie rund 10.000 bis 12.000 Übernachtungen. Wobei der Anteil an an Freizeitübernachtungen und Familien langsam zunimmt und die Buchung als Tagungsort in den letzten Jahren abnahm.

1974 war der Landkreis der Betreiber. 2000 übernahm die Weilburger Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft das Gebäude und vermietet es seitdem an den Landesverband Deutscher Jugendherbergen.

Lesenswert auch der Artikel auf Mittelhessen: „Gibt es einen Plan B für die Weilburger Jugendherberge?“

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Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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