Keine schnelle Gutscheinlösung für den Limburger Einzelhandel
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Der Einzelhandel leidet unter Corona. In Limburg soll ihm geholfen werden, doch bis auf etwas Wahlkampfgetöse hat sich erstmal nichts getan.
Vergangenen Freitag präsentierte Bürgermeister Dr. Marius Hahn eine Idee, welche er mit dem CityRing Limburg besprochen hat. Mit einer Gutscheinlösung soll der Einzelhandel unterstützt werden. Gutscheine sollen zu 30 Euro erworben werden können und die Stadt legt 10 Euro drauf, so dass für 40 Euro eingekauft werden kann. 30.000 Euro würde die Stadt zur Unterstützung dieser Aktion bereitstellen. Am Montag sollte dies als Initiativantrag in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht werden.
Ebenfalls am Freitag wartete die CDU Limburg mit einer Gutscheinlösung für den Einzelhandel auf. Ihre Idee – auf den 20 Euro-Gutschein 5 Euro draufzulegen. Die Differenz sollte ebenfalls die Stadt tragen. In einem Dringlichkeitsantrag sollte dies ebenfalls auf die Tagesordnung der Stadtverordneten. Bis Montag Abend wurde in den sozialen Medien eine Diskussion darüber ausgetragen, wer die Idee zuerst gedacht hat und wer sich eventuell nur mit fremden Federn schmückt.
Hohe Hürde Geschäftsordnung
Bei dem gesamten Wahlkampfgetöse hätte jedoch klar sein müssen, dass es derzeit nicht möglich ist, einen Antrag mit besonderer Dringlichkeit auf die Tagesordnung zu bekommen. Wobei die Zeit drängt. Denn beide Parteien würden gerne das Weihnachtsgeschäft mit dieser Aktion ankurbeln. Doch da sich die Stadtverordnetenversammlung derzeit im kleineren Rahmen trifft, konnte die Hürde, die Anträge als Dringlichkeit auf die Tagesordnung zu heben, überhaupt nicht erreicht werden. Die beiden Anträge hätten eine 2/3 Mehrheit aller Stadtverordneten bedurft – als 30 Stimmen von 45 Stadtverordneten. Jedoch fand das verkleinerte Parlament nur mit 13 Stadtverordneten statt. Und so war von vorneherein klar, dass es keiner der beiden Anträge auf die Tagesordnung schafft. Zudem zeigte die durchgeführte Abstimmung, dass nicht alle Fraktionen diesen Vorschlag mittragen möchten.
Laut NNP vom 18. November tagte der Magistrat inzwischen und der Bürgermeister habe den Auftrag erhalten, mit den Fraktionen über das Gutschein-Modell der Stadt zu sprechen, um möglichst schnell eine Lösung zu finden. Im Dezember könnte der Antrag der CDU regulär auf die Tagesordnung kommen und wenn er Zustimmung findet, im kommenden Jahr umgesetzt werden.
Kostenloser ÖPNV und Gutschein-Aktion
Vor dem Eintreten in die Tagesordnung konnten CDU und Bürgermeister die Dringlichkeit ihrer Anträge begründen. Die Grünen enthielten sich mit ihrer Stimme beim Antrag des Bürgermeisters. Auf Nachfrage teilte Fraktionsvorsitzende Sebastian Schaub mit, dass ihm die Dringlichkeit beim Initiativantrag des Bürgermeisters nicht deutlich wurde. „Der Bürgermeister hat lediglich die Kernpunkte seines Antrags vorgetragen und ist auf die Begründung der Dringlichkeit fast nicht eingegangen. Und das trotz mehrfacher Ermahnung des Stadtverordnetenvorstehers. Offenbar war der Bürgermeister der Meinung, dass die Regeln der Stadtverordnetenversammlung für ihn nicht gelten. So handelt man nicht wenn man tatsächlich ein dringendes Anliegen hat“, so Schaub auf Nachfrage.
Dennoch findet er die Idee der Gutscheine grundsätzlich gut. Auch in anderen Städten wird diese umgesetzt. Etwas später in der Tagesordnung versuchte er daher nochmal einen Antrag der Grünen mit einem kostenlosen ÖPNV-Angebot für die Adventssamstage mit einer Gutscheinaktion zu verbinden. Doch dies war dem Stadtverordnetenvorsteher Stefan Muth zu konstruiert, so dass er dies nicht zuließ. „Da hätten wir als Stadtverordnete, wenn die Beteiligten alle früher miteinander geredet hätten, wahrscheinlich eine gute Aktion für die Stadt bauen können“, bedauert Schaub den Verlauf.
Der Antrag für den kostenfreien ÖPNV in der Adventszeit wurde abgelehnt, weil die Frist zu kurzfristig ist, um dies umzusetzen. „Die Begründung für die Nichtdurchführbarkeit bei unserem Antrag, ebenso wie die Dringlichkeitsanträge sind uns leider erst im Lauf des gestrigen Tages zugegangen. Daher gab es zu wenig Zeit, aus den auf dem Tisch liegenden Anträgen einen Vorschlag zu destillieren der den Einzelhändlern der Innenstadt helfen könnte“, so Schaub. Und abschließend sieht auch er eine verpasste Chance für die Stadt, die im Wahlkampfgetöse untergegangen ist.
Gegenstimmen zur Gutschein-Aktion
Klar gegen eine Gutscheinaktion, egal in welcher Ausgestaltung, hat sich FDP-Fraktionsvorsitzende Marion Schardt-Sauer ausgesprochen. Sie fordert eher richtige Hilfen für den Einzelhandel als nur Aktionismus. „Wir müssen dem Einzelhandel in Limburg helfen, aber aus dem angespannten städtischen Haushalt eine Million Euro für Einkaufsgutscheine bereit zu stellen, löst keine Probleme. Der Effekt wird schnell weitgehend wirkungslos verpuffen, während die entsprechenden Haushaltsmittel in der Krise noch dringend gebraucht werden“, so Marion Schardt-Sauer. Sie ist überzeugt davon, dass die Kunden durch bezuschusste Gutscheine nicht unbedingt mehr einkaufen werden. Die Menschen blieben der Innenstadt fern, um Kontakte in der Corona-Krise zu vermeiden. Zumal bleibt aufgrund der geschlossenen Gastronomie und Restaurants sowie fehlender kultureller Events das „Einkaufserlebnis Innenstadt“ aus.
Wirklich helfen würde nach Auffassung der FDP-Fraktion in der aktuellen Situation eine Wiederzulassung des Parkens auf dem Neumarkt. „Das Parken in Parkhäusern und die Nutzung von engen Aufzügen schreckt insbesondere ältere Menschen vollkommen nachvollziehbar davon ab, bei den aktuell hohen Infektionszahlen die Innenstadt aufzusuchen“, stellte Schardt-Sauer fest. Parkmöglichkeiten im Freien und zentral in der Innenstadt seien sicherer und ermöglichten den notwendigen Abstand. Deshalb würden mit dieser Maßnahme, die nichts koste, mehr Menschen die Entscheidung treffen, Einkäufe wie gewohnt in den Geschäften vor Ort zu erledigen, statt auf den Online-Handel umzusteigen, so Schardt-Sauer. Hier müsse endlich ein Umdenken in der Stadtpolitik erfolgen.
Viele ungeklärte Fragen
Eine Bezuschussung von Gutscheinen mit Steuergeldern werfe hingegen auch ordnungspolitisch viele ungeklärte Fragen auf. „Wer soll entscheiden nach welchen Kriterien welche Geschäfte von Gutscheinen profitieren und welche nicht? Warum soll der Steuerzahler sich an den Einkäufen von Privatpersonen – unabhängig von deren Einkommenssituation – finanziell beteiligen? Warum sollen mit Steuergeldern bezuschusste Gutscheine nur in der Innenstadt eingelöst werden können, wenn außerhalb der Innenstadt Geschäfte vergleichbare Warensortimente anbieten? Das ist eine massive Wettbewerbsverzerrung“, so Schardt-Sauer. Zudem entstehe bei der Abrechnung der Gutscheine ein erheblicher Verwaltungsaufwand, der ebenfalls nicht kostenneutral sei.
„Kurzum: Diese Vorschläge sind kurzfristiger Aktionismus und natürlich kommt schnell der Gedanke auf, dass dieser auch etwas mit der bevorstehenden Kommunalwahl zu tun hat“, so Schardt-Sauer. Die FDP-Fraktion werde sich an diesem Wettlauf um die Ausgabe von Steuergeldern nicht beteiligen, sondern fordere echte und nachhaltige Lösungen für den Einzelhandel.