Klare rechtliche Verhältnisse, aber auch große Herausforderungen
Am Freitag, 3. Juli hat der Bundesrat nach mehrjähriger Hängepartie grünes Licht für die Neuregelung der Sauenhaltung gegeben. Marco Heep, Vorsitzender des Kreisbauernverband Limburg-Weilburg, sieht für die Landwirte große Herausforderungen mit dieser Novelle.
Nach endlosen Debatten, Verhandlungen, Runden Tischen und gleich mehreren Gesetzesentwürfen ist die Haltung von Muttersauen mit der Zustimmung des Bundesrates per Gesetz neu geregelt worden. Aus Sicht der Landwirtschaft hat die neue Verordnung nur einen Vorteil: Endlich wurden klare rechtliche Verhältnisse für die sauenhaltenden Betriebe geschaffen. Und diese Veränderungen stellen die verbliebenen Sauenhalter vor große Herausforderungen. So die Meinung von Marco Heep, dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes Limburg-Weilburg und selbst Halter von Sauen. Er hätte sich mehr Einbeziehung der Fachleute und weniger politischen Aktionismus erwünscht.
Sinkende Anzahl der Sauhaltung in Deutschland
Die Statistik, welche der Kreisbauerverband vorlegt, zeigt, dass die Anzahl der in Deutschland gehaltenen Sauen seit Jahren sinkt. Die Anzahl der in Deutschland gehaltenen Zuchtsauen hat von 2008 bis 2019 um 46 Prozent abgenommen. In Hessen sank die Zahl der Sauenhalter seit November 2019 um 6,4 Prozent. Im Landkreis selbst gibt es rund 20 sauhaltende Betriebe.
„In Zukunft wird das Gros der Ferkel im Ausland zur Welt kommen“, ist sich Heep sicher. Nur kann niemand die Frage beantworten, wie dort die Haltungsbedingungen der Tiere tatsächlich sind. „Welche Belastung und Leid der Transport über weite Strecken verursacht und wie viel CO2 emittiert wird, ist bedeutungslos“, so Heep weiter. „Aus den Augen aus dem Sinn“ gilt bei uns leider auch in der Tierhaltung wie in vielen Bereichen der Produktion von Konsumgütern.
Tierschutz bedeutet für uns Landwirte und vor allem für die Sauenhalter Schutz jedes einzelnen Tieres, also auch des neugeborenen Ferkels. Bei Geburt und Aufzucht im Freilauf werden nachweislich mindestens doppelt so viele Ferkel von der Muttersau erdrückt im Vergleich zur Haltung mit sog. Kastenständen. Die Sau befindet sich nur in diesen Kastenständen, wenn sie besamt werden und wenn sie ihre Ferkel säugt. Die restliche Zeit befinden sich sich in großen Gruppen, zusammen mit den anderen Schweinen. Der Kastenstand ist die einzige technische Möglichkeit, den Ferkelverlust zu verhindern.
Fünf Quadratmeter Platz
Fünf Quadratmeter Platz sollen die Sauen in Zukunft im Deckzentrum (Teil des Stalls) haben, statt bisher zwischen 2 und 2,5 Quadratmeter. Ökobetriebe müssen den Tieren bisher 4,4 Quadratmeter zur Verfügung stellen. Die neuen Vorgaben setzen die 5 Quadratmeter voraus, weshalb alle Betriebe – ökologisch und konventionell – umbauen müssen. Für erfahrene Tierhalter sind die fünf Quadratmeter eine absurd hohe Zahl, festgelegt mit dem eindeutigen Ziel, möglichst viele Sauenhalter in Deutschland zur Aufgabe zu bewegen.
Vor kurzem erst genehmigte, in manchen Fällen noch gar nicht oder gerade erst fertig gebaute Ställe nach bisher geltenden Vorgaben müssen nun in sechs Jahren wieder umgebaut werden. Mit einer Amortisationszeit von mindestens 20 Jahren bei Stallbauten stellt dies eine Form der Enteignung dar. Der Bund will für den Umbau der Sauenhaltung 300 Millionen Euro bereitstellen. „Die Kosten für den Umbau werden jedoch auf 5 Milliarden geschätzt“, so Heep. Dies ist eine finanzielle Herausforderung für die Landwirte.
Mehr Augenmaß und weniger politischer Aktionismus
Eine Regelung mit Augenmaß, unter Einbeziehung von Fachleuten und ohne politischen Aktionismus hätte alle nach vorne gebracht: Tierschutz, Verbraucherschutz und das Image unserer Tierhaltung. Mit der Novellierung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wurde wider besseren Wissens durch parteipolitischen Aktionismus und ohne jeden Sachverstand auf dem Rücken der Landwirtschaft agiert.
„Wir Tierhalter versorgen unsere Tiere 365 Tage im Jahr, früh morgens und oft auch spät abends. Wir leben mit Preisschwankungen, überbordender Bürokratie und Anfeindungen durch den Tierschutz. Auch in der Corona-Krise gab es keine Kurzarbeit in der Landwirtschaft und keine Lieferprobleme bei Nahrungsmitteln. Und jetzt wird ein solches Gesetz ratifiziert– so sollte eine Gesellschaft mit den Menschen, die Sie ernährt nicht umgehen“, so Heep abschließend.
Mehr zur Neureglung findet ihr auch unter agragheute: „Bundesrat besiegelt aus für Kastenstand“