Klimawandel lokal – Herausforderung für die Feuerwehr

Mit Zunahme der Unwetterereignisse, aber auch der Trockenheit und dadurch vermehrt Brände sind die Einsatzkräfte der Feuerwehr immer stärker gefordert. Welche Situationen zu bewältigen sind, zeigte die Katastrophe im Ahrtal im vergangenen Jahr. Doch sind die Feuerwehren auf solche Ereignisse überhaupt vorbereitet? Wir wirkt sich der Klimawandel auf dieser Ebene aus?

Jens Motsch, Autor des Buches „Meteorologie für die Feuerwehr. Die Auswirkungen des Klimawandels auf das Einsatzgeschehen“ und Angehöriger der Freiwilligen Feuerwehr Homburg (Saar) sieht da noch einige Defizite, welche dringend angegangen werden müssen. Zwar sei das Thema seit Jahren auf dem Schirm, aber bis zur Katastrophe im Ahrtal haben sich die wenigsten richtig damit beschäftigt. Und so stellt er beim Interview zwei Fragen in den Raum: Reichen die technischen und personellen Ressourcen? Reichen die Ausbildungs- sowie Fortbildungsmaßnahmen?

klimawandel und Feuerwehr
Jens Motsch gibt Einblicke in die Herausforderungen für die Einsatzkräfte mit dem Klimawandel

Herausforderung für die Einsatzkräfte

In seinen Augen ist es wichtig, dass sich die Kommunen mit möglichen kritischen Wetterlagen auseinandersetzen. „Wenn ich eine Situation verstehe, stehe ich ihr besser gegenüber“, so Motsch. Er empfiehlt auch, den Satz, man habe sich ein solches Wetter nicht vorstellen können, zu vermeiden. Ein Wetter falle nicht plötzlich vom Himmel, sondern es gibt Wettervorhersagen, welche Hinweise über ein Geschehen geben können.

Vor allem muss in die Feuerwehren investiert werden, denn denen ihre Einsatzkraft ist nicht unendlich. Wenn sie neben dem regulären Tagesgeschäft wie einem Verkehrsunfall oder einem Hausbrand zu weiteren Einsätzen wie Vegetationsbränden, Straßensicherung nach Stürmen oder Menschenrettung bei Hochwasser rausfahren müssen, sind die menschlichen Ressourcen auch irgendwann endlich. Es sind bereits kleine Dinge, wie die Ausstattung der Fahrzeuge mit Getränken, die ein Schritt in die richtige Richtung sind, so Motsch.

Als diese Szenarien müssen in die Bedarfsplanung der Kommunen mit reinfließen. „Unwetterszenarien müssen bei der Bedarfsplanung mitgedacht werden“, so der ehrenamtliche Fachberater für Wetterlagen im Bereich Brand- und Katastrophenschutz des Saarpfalz-Kreises. „Der Klimawandel ist kein Phänomen der Zukunft mehr, sondern wir müssen uns jetzt anpassen und neue Strukturen denken.“ Für die lokalen Feuerwehren sieht er daher auch, dass sie umdenken müssen, denn es wird nicht mehr alles zu schützen sein und „wir müssen uns davon verabschieden, alle Sachgegenstände zu retten.“ Auch die Feuerwehrleute werden an ihre Grenzen kommen.

Thema für die Ausbildung

Jens Motsch hat eine klare Forderung: dieses Thema muss in die Ausbildung der Feuerwehren mit aufgenommen werden. Bisher ist dieses Thema in keinem Ausbildungswerk und mit Ausnahme von Würzburg auch in keiner Landesfeuerwehrschule mit drin. In der Landesfeuerwehrschule Würzburg gibt es den Schwerpunkt Vegetationsbrandbekämpfung. Zudem empfiehlt er eine stärkere Vernetzung zwischen den Kommunen, den Einsatzstäben, den menschlichem Know-How und der Technik. Dazu gehören auch gemeinsame Übungen der Einsatzkräfte im Landkreis, nicht nur aus Feuerwehr, sondern auch aus Technischem Hilfswerk und der Rettungsdienste. In waldreichen Gebieten empfiehlt er die Zusammenarbeit mit dem Forstamt, denn „die kennen ihren Wald“. Die können sagen, welche Waldwege für die Einsatzfahrzeuge zur Verfügung stehen.

Er kritisiert, dass es bei 16 Bundesländern 16 verschiedene Regelungen gibt und zudem die Kommunen unterschiedliche finanzielle Möglichkeiten haben. Dennoch sollte allen bewusst sein, dass es ohne das Ehrenamt nicht gehen wird. Eine Wertschätzung dem Ehrenamt gegenüber sei da, aber in seinen Augen könnte es noch mehr sein.

Noch eine Aufgabe fürs Ehrenamt?

Neben den präventiven Maßnahmen steht auch die Frage im Raum, ob die Einschätzung der Wetterlage auch noch auf das Ehrenamt abgewälzt werden kann. Die Feuerwehr-Einsatzkräfte sind Generalisten. Für die Einschätzung von Unwettern, großen Vegetationsbränden oder Starkregenereignissen sind jedoch Spezialisten notwendig. Diese würde er auch nicht bei den Feuerwehren vor Ort ansiedeln, aber alle miteinander vernetzen. Solange es keinen Spezialisten gibt, könnte man mit Meteorologen vor Ort Kontakt aufnehmen, die die Einsatzkräfte mit Daten versorgen. Aber es wird kein Weg daran vorbeiführen, einen Fachberater Wetter als Spezialisten an der Hand zu haben, so sein Fazit zur Gesamtlage.

Situation im Landkreis Limburg-Weilburg

Thomas Schmidt, Vorsitzender vom Kreisfeuerwehrverband Limburg-Weilburg findet es wichtig, dass auf allen Ebenen, von der Kommune über den Landkreis bis zum Land und Bund überprüft wird, ob die bestehenden Rechtsgrundlagen, Einsatzpläne und Ressourcen bezogen auf die aktuellen und kommenden Herausforderungen ausreichend sind. Jedoch findet er es zu kurz gesehen, dies nur auf den Klimawandel zu betrachten. Dieses Gebiet gehört mit zur Gefahrenanalyse, aber nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahre zählen auch die Fragen, wie mit einer weiteren Pandemie umgegangen werden soll. Weitere Herausforderungen sind auftretende Tierseuchen oder was zu tun ist, wenn weltweit Lieferketten existentieller Güter zusammenbrechen. Was ist zu tun bei einem Blackout oder einem Cyberangriff mit Ausfall von Internet und Telekommunikation?

Es sind viele Bereiche, die bei der Gestaltung von Einsatzplänen und Ressourcen eine Rolle spielen sollten. Und Schmidt ist sich sicher, dass er damit noch nicht die ganze Palette an Eventualitäten zusammengefasst hat. „Aus unserer Sicht muss ein solches Risikomanagement umfassend sein und darf auch sehr unwahrscheinliche Risiken nicht außen vor lassen. Die Erfahrung zeigt, dass wir mehr und mehr mit Ereignissen konfrontiert werden, die wir vor deren Eintritt dem Grunde nach oder in deren Ausmaß für unwahrscheinlich gehalten haben“, so Schmidt abschließend.

Beim Pressesprecher vom Landkreis habe ich nachgefragt, wie die Feuerwehr für die Herausforderungen gerüstet ist. Die Antworten findet ihr hier: „Landkreis sieht sich gut aufgestellt“ 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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