Kreistagsgeflüster – Wahlen, Wahlen, Wahlen und mehr
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Kreisgeflüster – ein neues Format mit dem Geschehen rund um dem Kreistag Limburg-Weilburg. Ein Blick von der Seitenlinie auf das kommunalpolitische Gremium.
Zwei Themen bestimmten den gestrigen Kreistag – die Wahlen und der Akteneinsichtsausschuss. Für mehr war dann einfach keine Zeit mehr übrig.
Die Presse sitzt im Saal am rechten Rand, direkt hinter den Linken und den Grünen mit Blick auf das gesamte Gremium. Von hier aus bekommen wir alles mit. Und sind für jeden zu finden, der mit uns sprechen möchte. Hier waren wir am gestrigen Kreistag zum Däumchen drehen verdammt. Denn nach geschäftlichen Dingen und den Berichten aus dem Kreisausschuss ging es rein in die Wahlen. Und die zogen sich bis halb zwei wie Gummi. Genügend Zeit, Kaffee zu trinken, etwas zu essen oder ins Gespräch miteinander zu kommen.
Wahlen zur Besetzung verschiedener Posten
Am Beginn einer neuen Legislaturperiode werden die Verwaltungsräte der Sparkassen Limburg und Weilburg neu besetzt, ehrenamtliche Richter:innen für den Hessischen Verwaltungsgerichtshof und Patientenfürsprecher:innen sowie Stellvertreter für die Kliniken im Landkreis gewählt. Weitere Wahlen betrafen Mitglieder des Jugendhilfeausschuss des Kreises, Mitglieder für die Betriebskommission des Eigenbetriebes Gebäudewirtschaft des Kreises sowie die Mitglieder für die Verbandsversammlung des Abwasserverbandes Christianshütte. Dies alles fand in geheimer Wahl statt und dauerte schonmal länger, weil aufgrund von Corona besondere Hygienebedingungen eingehalten wurden.
Und ein zweiter Grund für die lange Zeit – dass irgendwie jeder Wahlgang mit einer Besonderheit aufwartete. Es wurde gelost, wegen Stimmgleichheit. Hier gewann beide Male der Wahlvorschlag der FDP vor dem Wahlvorschlag der AfD. Es musste ein Wahldurchgang wiederholt werden, weil die erforderliche 2/3-Mehrheit fehlte und am Ende schlug die Länge auch auf die Abstimmung, denn auf einmal gab es Ja-Stimmen und Enthaltung gleichzeitig. Und so war es 13.30 Uhr, bis der Kreistag in die weitere Tagesordnung einstieg.
Akteneinsichtsausschuss
Bereits in der ersten Kreistagssitzung nach der Kommunalwahl beantragte die FDP die Bildung eines Akteneinsichtsausschuss, um zu erfahren, wer in den ersten drei Monaten des Jahres 2021, als der Impfstoff noch Mangelware und die Inzidenzen hoch waren, unrechtmäßig außerhalb der Priorisierung geimpft wurde. Damals wurde der Antrag verschoben, weil es rechtliche Bedenken bezüglich des Datenschutzes gab. Die FDP fragte damals polemisch, was denn alles in den Akten drinstehe und verschwiegen werden solle. Bereits vor einigen Wochen signalisierten die Grünen und die Linken, dass sie ebenfalls für eine Aufarbeitung sind.
Klaus Valeske begründete für die FDP nochmals den Antrag. Sie möchten sie Impfungen am 1. Januar sowie im ersten Quartal aufarbeiten, um Fehlverhalten aufzuzeigen. Natürlich wollen sie dabei den Datenschutz nicht verletzen. „Nach seiner Entschuldigung habe der Landrat eine vollständige Aufklärung zugesagt, auf die warten wir bis heute“, so Valeske. Einige Menschen würden sich hinter dem Datenschutz verschanzen, doch die sorge nicht für Vertrauen in der Bevölkerung. „Ein Schweigen wird die Bürger weiter enttäuschen“, so Valeske. Und dann verglich er den Antrag der GroKo und der Grünen mit einem „zahnlosen Tiger“. Es würde zwar noch Akteneinsichtsausschuss heißen, aber keiner mehr sein.
Diesen Worten schloss sich Bernd Steioff, die Linken an und äußerte, dass der Impfstoff zu knapp war und durch Impfvordrängler andere Menschen sterben musste. Dies erzeugte lauten Unmut unter den anderen Kreispolitikern.
Wichtiger Datenschutz
Christian Wendler, CDU, war der Meinung, dass mit der Entschuldigung und dem Aufzeigen der Abläufe am 1. Januar der Landrat seiner Aufklärungspflicht bereits nachgekommen sei. Dennoch werte er das Recht der Hessischen Landkreisordnung (HKO) hoch, nach welcher jede Fraktion einen Antrag auf Akteneinsicht stellen darf. Daher soll der Kreisausschuss vorlegen, wie viele Personen geimpft wurden und wie viele außerhalb der Priorisierung geimpft wurden. Zudem gab Wendel zu bedenken, dass wir uns noch immer in einer Pandemie befinden und die Aufgabe auch bewältigt werden muss. Aber über allem steht der Datenschutz der Daten.
Sabine Häuser-Eltgen, Grüne, wurde sehr ungehalten und sagte, es sei ein Unding, dass den Grünen vorgeworfen werde, dass sie keine Aufklärung wollen. Immerhin waren sie mit die Ersten, die eine vollständige Aufklärung forderten. Aber auch sie sehen die Gesundheitsdaten einer Person als hohes Gut. Der Schutz dieser Daten stehe über allen anderen Interessen. „Wir werden nachfragen und nachhaken, damit der Ausschuss keine Farce wird“, so Häuser-Eltgen weiter, „Fehler müssen aufgearbeitet und Personen zur Verantwortung gezogen werden.“ Nur so könnte in Zukunft besser gehandelt werden. Es soll aber niemand an die Wand gefahren werden.
Appell an Geimpfte
Tobias Eckert, SPD, sieht es als richtig an, dass die Kreispolitiker die Vorgänge vom 1. Januar bewerten. Er sei dabei, „Ross und Reiter zu nennen, die ohne Priorisierung von der Impfung profitiert haben.“ Aber die FDP möchte Daten aus einem ganzen Quartal und anhand von Gesundheitsdaten beurteilen, ob jemand gerechtfertigt oder ungerechtfertigt geimpft wurde. Da gehe die SPD nicht mit. Zudem findet er es schädlich für die Arbeit der Kreispolitiker an, wenn sie sich gegenseitig diskreditieren.
Ebenso sieht es Georg Horz von den Freien Wählern. „Wenn die unterschiedlichen Anträge zu einer Schlammschlacht im Gremium führen, haben wir mit Kugeln auf Spatzen geschossen.“ Er appelliert viel mehr an die weiteren sechs Personen aus dem Krisenstab, es dem Landrat gleichzutun und ihre Impfung öffentlich zu machen.
Meysam Ethemai, AfD, lehnt einen Akteneinsichtsausschuss ab. Es wäre schlimmer gewesen, wenn sich der Landrat infiziert hätte und für mehrere Wochen ausgefallen wäre. So konnte mit der Impfung seine Arbeit aufrechterhalten bleiben. Er meinte dann nur, dass der Landrat dazu stehen sollte und keinen Grund habe, sich zu entschuldigen.
Am Ende entschied die Mehrheit der Stimmen von CDU, SPD und Grüne für einen Akteneinsichtsausschuss. Der Kreisausschuss soll bestätigen, welchem Personenkreis die Menschen angehören, die am 1. Januar eine Impfung erhielten. Die Namen der anderen geimpften Mitglieder des Krisenstabes bleiben aus Datenschutzgründen weiterhin ungenannt. Der Kreisausschuss stellt dem Ausschuss für 1. Januar bis 31. März anonymisierte Übersichten zur Verfügung. Aus denen soll hervorgehen, wie viele Personen erhielten die Impfung, wie viele welcher Priorisierungsgruppe angehörten und wie viele Personen außer der Reihe die Impfung erhielten. Für Letztere ist der Kreisausschuss verpflichtet, die Gründe darzulegen.
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