Kreistagsgeflüster – Zahnlose Tiger, spürbare Stille und viele Diskussionen
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Mit der neuen Legislaturperiode startete ich das Format „Kreistagsgeflüster“ mit meinem Blick von der Seitenlinie aus. Die ersten Monate des neuen Kreistags sind vorbei und nicht alles, was ich nach der ersten konstituierenden Sitzung vermutet habe, ist eingetroffen.
Die Presse sitzt, wenn man den Saal betritt, auf der rechten Seite, direkt in der Nähe der Linken und den Grünen. Von dieser Seitenlinie aus gibt es einen guten Blick auf das Gremium, hier bekommen wir vieles mit. Zwischen den Zeilen ist dies manchmal mehr als nur Anträge und Beschlüsse zu verschiedenen Themen. Daher gibt es heute mal einen Blick aus meiner Perspektive, als Abschluss des Jahres aus dem Kreistag.
Frust bei den Linken
Die Ausgangssituation nach den Kommunalwahlen war leicht verändert. Während CDU und SPD Sitze abgeben mussten, waren Bündnis 90/ Die Grünen die stärksten Gewinner im März. Hat dies zu neuen Mehrheiten geführt? Nein. Weiterhin haben CDU und SPD als große Fraktionen die Mehrheit im Parlament und bleiben in der großen Koalition. Und dies zeigen sie direkt bei der Konstituierung der Ausschüsse – die Vorsitze zu den Ausschüssen bleiben in schwarz-roter Hand. Zwar kam aus der Opposition der Wunsch, es wie auf Landes- und Bundesebene zu machen und jeder Fraktion einen Vorsitz zu geben, doch die kleinen Parteien wurden nicht erhört.
Überhaupt die kleinen Parteien – mit am aktivsten am Geschehen sind die Freien Wähler und die Linke und dennoch sind sie nur zahnlose Tiger. Sie brüllen laut, doch wirklich etwas bewirken tun sie nicht. Oftmals belächelt, manchmal verwirrend gehen gute Sachen auch mal unter. Überhaupt ist der Stand der kleinen Fraktionen immer wieder Thema im Kreistag. Sehr gut ist der Frust der Linken zu verstehen. Mit zwei Personen haben sie keinen Fraktionsstatus. In der letzten Legislatur durften sie als Beisitzer in den Ausschüssen zwar nicht mit abstimmen, hatten aber Rederecht. Doch dies haben sie inzwischen als Gruppierung nicht mehr.
Finden dann im Kreistag viele Punkte ohne Aussprache statt, dann ist der Frust von Bernd Steioff zu verstehen, der am Rande schimpft: „Dann brauchen wir gar nicht mehr kommen.“ Denn ohne Abstimmungen in den Ausschüssen oder Redebeiträgen im Kreistag sei die Arbeit der Linken nicht zu erkennen. Dennoch ist es manchmal dann etwas zu viel, wenn Steioff anmahnt, als Gruppierung keine Unterlagen zugeschickt zu bekommen. Er erhält die Zusage, dass die Linken alle Unterlagen erhalten und dann wird dennoch weitere Male angemahnt, man werde ausgeschlossen. Dies ist dann zu viel und es möchte keiner mehr hören. Und so ist es ein häufiges Bild, dass die Augen rollen, wenn sich bei den Linken ein Arm hebt. Diese Kritik begleitet den Kreistag seit der konstituierenden Sitzung.
Schweigende AfD
Nach der konstituierenden Sitzung mutmaßte ich, dass die bisherig recht stille AfD sich mehr einbringen möchte, da sie sich in der ersten Sitzung nach der Wahl sehr aktiv zeigte. Doch diese Vermutung bewahrheitete sich nicht. Vielmehr ist es auf dieser Seite des Parlaments recht still. Eigene Anträge kamen bisher noch nicht, die Nachfragen zu einigen Ausführungen eher zum Kopfschütteln. Wobei im letzten Kreistag der Kreistagsvorsitzende Joachim Veyhelmann darauf hinwies, dass jeder Fragen stellen darf und es keine dummen Fragen gebe. Dennoch trugen sie nichts Wesentliches zu den Themen bei.
Doch ich bleibe dabei, die Misstöne aus der ersten Kreistagssitzung nach der Kommunalwahl sind als Grundrauschen weiterhin vorhanden und können jederzeit durch laute Zwischenrufe und Unterbrechungen von Reden hervorbrechen.
Wie umgehen mit sozialen Netzwerken?
Mit den sozialen Medien möchten die Fraktionen auf ihre Arbeit aufmerksam machen. Auf Twitter gibt es unter #ktlw Anmeldelisten und kurze Schlagabtausche, meistens mit einem kleinen Augenzwinkern. Sehr beliebt für die Kreistagssitzungen ist inzwischen Instagram. Nicht nur einzelne Teilnehmer machen Fotos davon, dass sie vor Ort sind – und ehrlicherweise gewähre ich auch Einblicke – doch vor allem die CDU-Fraktion ist dazu übergegangen, ihre Redner zu fotografieren und online zu stellen. Dabei sagt die Geschäftsordnung des Kreises unter §14 (2): „Tonaufzeichnungen im Sitzungsraum sind nur als Hilfsmittel der Schriftführung für die Anfertigung der Niederschrift erlaubt. Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen bedürfen der Einwilligung des vorsitzenden Mitgliedes des Kreistages.“
Im letzten Kreistag wies Joachim Veyhelmann darauf hin, dass er viele Handys sehe und nicht abschätzen kann, ob Videoaufnahmen gemacht werden. Er möchte hinterher keine Aufnahmen im Netz sehen und man müsse generell darüber sprechen, wie damit umzugehen sei. Dabei sprach er keine Fraktion direkt an. Dies hinderte die CDU nicht daran, auch für die restliche Sitzung ihre Redner zu fotografieren.
Nachtrag – Wie die CDU inzwischen mitteilte, galt diese Aufforderung nicht ihr, denn sie habe eine Erlaubnis des Vorsitzenden für ihr Handeln. Seine Mahnung habe einer anderen Fraktion gegolten.
Pandemie bestimmt die Themen
Es sind neben den Redebeiträgen und lauten Äußerungen die kleinen Gesten, welche wir von der Presse von der Seitenlinie beobachten, die uns ein Blick auf das Ganze vermitteln und Stimmungen untermalen. Daneben sind es aber auch die verschiedenen Anträge, die über die Zeit beobachtet einen interessanten Blick auf das Parlament geben.
Das ganze Jahr über die Kommunalwahlen hinweg trieb die FDP das Thema Untersuchungsausschuss zur Impfung des Landrates am 01.Januar voran. Zu Beginn der Impfkampagne war der Impfstoff knapp. Mit einem Akteneinsichtsausschuss wollte die FDP wissen, wie der Impfstoff in den ersten drei Monaten verwandt wurde. Monatelang stritten die Fraktionen über dieses Thema, doch bei einem solchen Antrag gilt, dass er keiner Mehrheit im Parlament bedarf. So nahm dieser im Oktober seine Arbeit auf. Doch manchmal sollten sich die Parlamentarier auch fragen, ob ihr Engagement bei den Bürgern noch ankommt. Ich kann mich erinnern, dass die Reaktion auf die Artikel zu diesem Ausschuss nicht in der Tonalität waren, dass sich die Bürger erfreut zeigten, dass etwas passiert. Vielmehr waren die Reaktionen so, dass kein Hahn mehr danach krähen würde.
Ein weiteres Thema sind die Luftfiltersysteme in Klassenräumen. Vor den Sommerferien von der Mehrheit des Parlamentes abgelehnt, weil nicht so effektiv wie lüften. Dann vom Kreisausschuss auf Intervention des Landrates Michael Köberle angeschafft bestimmen sie die Diskussionen im letzten Quartal. Sieht der Kreis vor, diese in Durchgangszimmern einzusetzen sowie nach einer Infektion, wünscht sich die FDP, alle Klassenräume mit diesen Geräten auszustatten. Und mit dem Anstieg der Omikron-Variante wird das Thema der Pandemiebewältigung weiterhin auch die Themen im Kreistag prägen.
Am Ende möchte ich jedoch sagen, dass bei allen Misstönen und Uneinigkeiten viele Themen auf eine breite Mehrheit stoßen und Zustimmung durch alle Parteien erfahren. Dies ist am Ende bei aller Kritik gelebt Demokratie.