Landkreis möchte bis 2030 klimaneutral werden
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Der Landkreis Limburg-Weilburg möchte bis 2030 klimaneutral werden. Einen guten Anfang machen der AbfallWirtschaftsBetrieb (AWB) und das Kompostwerk, die klimaneutral, unabhängig und autark laufen. Es ist ein wesentlicher Beitrag zur Energiewende.
Der Betriebsleiter Bernd Caliari stellte der grünen Bundestagsabgeordneten Anna Lührmann sowie der Fraktionssprecherin der Grünen Kreistagsfraktion, Sabine Häuser-Eltgen einen Einblick in den Betrieb und die Abläufe. Zusammen mit dem Ersten Kreisbeigeordneten Jörg Sauer und der Klimaschutzmanagerin des Landkreises, Verena Nijssen, diskutierten sie über weitere Klimaschutzmaßnahmen.
Region erhalten
„Der Klimawandel zerstört die Schönheit der Region und die Ressourcen“, heißt es in einem vierminütigen Film zum Thema Klimaschutz im Landkreis. Es müsste schleunigst etwas unternommen werden, um die Schönheit der Region zu erhalten. Und alle sind sich einig- es bedarf vieler kleiner Schritte, um gemeinsam etwas zu bewegen. Im Angesicht des Krieges in der Ukraine ist ein Umdenken und Handeln noch notwendiger als davor. Dies wurde in der Diskussion sehr deutlich.
Die Kreisverwaltung kann bei ihren Gebäuden und ihren Zuständigkeiten schauen, wie sie Energien eingespart und klimaneutraler arbeitet. Dafür hat der Landkreis in den letzten Jahren unter anderem sehr viel in den AbfallWirtschaftsBetrieb gesteckt. Damit zeigt die Kreisverwaltung, dass man sich bereits auf kommunaler Ebene für die Energiewende engagieren kann.
Passivhaus als Verwaltungsgebäude
Vor drei Jahren wurde das bis dahin bestehende Verwaltungsgebäude durch ein Passivhaus ersetzt. Dieses besitzt keine Heizung mehr. Dennoch wurden einige Eigenheiten für die Mitarbeiter umgesetzt und so lassen sich die Fenster öffnen, wie Bernd Caliari erläuterte. In diesem Haus gebe es eine ständige Durchlüftung, alte Luft wird rausgeleitet und frische Luft hinein. Besonders auch in der Pandemie kam dies den Mitarbeitern zugute. Danach ging es mit den E-Autos über die Deponie. Auf den alten Müllbergen stehend, denn 30 Jahre lang wurde der Müll abgelagert, meinte Caliari, dass der „Berg arbeitet“. Zum einen setzt sich der Berg noch. Zum anderen entsteht im Müll Methan. Dieses Deponiegas wird gesammelt und hochwertig verbrannt. Die entstehende Wärme dient zum Heizen der Gebäude der AWB. Auf dem gesamten Gelände gibt es insgesamt 95 Methan-Brunnen. Von diesen wird das Gas zu einer dezentralen Gassammelstation geleitet.

Qualitativ hochwertiger Kompost
Der Abfall des Landkreises wird inzwischen nicht mehr abgelagert, sondern recycelt und verwertet. Abfälle werden im Werk in Rennerod verwertet zur Gewinnung von Energie sowie Wärme. Der Bioabfall wird im Kompostwerk verarbeitet. In der großen, modernen Anlage wird der Biomüll innerhalb von drei Wochen mittels Luftdurchflutung zu Kompost umgewandelt und dann zweimal ausgesiebt. Dafür stehen neun Kammern zur Verfügung, die verschlossen werden. Der gesamte Prozess, um aus Biomüll Kompost zu machen, dauert ungefähr ein viertel Jahr.
Der Kompost, der am Ende herauskommt, ist qualitativ hochwertig und besitzt das Gütesiegel. Die Abgabe ist sehr gefragt in der Landwirtschaft, aber auch im Garten- und Landschaftsbau. Immer mehr Nachfrage gibt es für den Ökokompost. Teilweise kann das Kompostwerk die Nachfrage nicht mehr stillen. Grünschnitt kommt in die Kompostierung oder Verbrennung. Das Kompostwerk gibt es seit 1997 und wurde vor drei Jahren umgebaut und ertüchtigt. Riesige Biofilter sorgen dafür, dass es in den umliegenden Ortschaften keine Geruchsbelästigung gibt. Zudem befindet sich auf dem Dach des Kompostwerkes die größte Solaranlage im Landkreis.
Damit der Kompost das Gütesiegel erhält, darf er keine Fremdstoffe enthalten. Daher schickt die Kreisverwaltung seit einigen Monaten Beauftragte zu Stichproben mit der Müllabfuhr mit, um die Biomülltonnen zu kontrollieren und bei zu vielen Fremdstoffen diese nicht mitzunehmen. Durch die Aufklärung zum Thema habe sich sehr viel getan und die Fremdstoffe im Biomüll sind deutlich zurückgegangen. Zu der Aufklärung gehört auch dazu, darauf hinzuweisen, dass nicht alle Produkte, wo „biologisch abbaubar“ sind, für die braune Tonne geeignet sind. Zum einen können die Mitarbeiter nicht erkennen, ob solche Tüten biologisch abbaubar sind. Zum anderen sind die drei Wochen viel zu kurz, damit diese Produkte kompostieren.
Mehr dazu findet ihr auch im Artikel „Was gehört in welchen Müll?“
Erneuerbare Energien im Fokus
Mit dem Krieg in der Ukraine rückt das Thema erneuerbare Energien vor Ort noch stärker in den Fokus und alle Akteure erhoffen sich dadurch einen gehörigen Schub bei diesem Thema. Das Ziel von Jörg Sauer war immer, bis 2030 klimaneutral zu werden. DAzu gehört, die eigenen Gebäude, die Schulen und den Fuhrpark klimaneutral zu betreiben. Jetzt glaubt er auch, dass dies zu leisten ist. Dafür wünscht er sich, dass manche behördliche Prozesse schneller laufen. „Wir wollen richtig Gas geben“, so Jörg Sauer. Und dafür müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen. Der Kreis habe auf kreiseigenen Gebäuden insgesamt 24 Photovoltaikanlagen. Es gebe noch das Potential für weitere 20 Anlagen. Alle sind sich bewusst, dass die Nachfrage hochschießen wird. Dies könnte sich zum einen darauf auswirken, PV-Anlagen zu bekommen und zum anderen darauf, auch die notwendigen Fachkräfte für die Installation vor Ort zu haben.
Die erfolgreichste PV-Anlage des Landkreises befindet sich auf der Halle des Kompostwerkes. Diese Anlage erbringt eine Leistung von maximal 609,12 Kilowatt (kWp). Jährlich werden damit etwa 550.000 Kilowattstunden Elektrizität ins Netz gespeist. Dies reicht für die Versorgung von mehr als 200 Zwei-Personen-Haushalten aus.
Photovoltaik auf der Deponie
Zudem plant der Landkreis eine große PV-Anlage auf dem Gelände der Deponie. Auf den verfüllten Flächen können insgesamt auf 12.000 Quadratmetern PV-Anlagen errichtet werden. Das Projekt befindet sich in einem sehr frühzeitigen Planungsstatus. Zuerst ist der Abschnitt A dran. Der bereits vollständig verfüllte mehr als 30 Meter hohe Hügel dient als Untergrund für die ersten Solarpanels, wenn die Endabdeckung vorhanden ist. Im zweiten Teil sollen Anlagen auf dem benachbarten Deponieabschnitt B entstehen. Für eine solche Anlage müsste laut dem Ersten Kreisbeigeordneten rund vier Millionen Euro einkalkuliert werden. Diese neue Anlage könnte bis zu 13 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen. Damit könnten etwa 4.300 Zwei-Personen-Haushalte komplett mit umweltfreundlich erzeugtem Strom versorgt werden.
Auch Anna Lührmann glaubt, dass die politische Situation im Osten der Energiewende in Deutschland einen Anschub geben wird. „Vor dem Hintergrund des Krieges rückt die Frage nach der Energiesicherheit in unserem Land in den Fokus“, so Lührmann, „wir müssen alles dafür tun, unsere Energieabhängigkeit zu verringern.“ Auch die Klimaschutzmanagerin Verena Nijssen sieht in der Energieerzeugung das größte Potential. In einigen kreiseigenen Gebäuden wurde bereits auf Pellets umgestellt. Nicht mehr in vielen Gebäuden gebe es eine Ölheizung, in manchen aber noch eine Gasheizung. Zudem wurde in vielen Bereichen auf E-Mobilität umgestellt. Zudem sieht sie ein ungeheures Potential im Nutzerverhalten, aber dann braucht es auch Personen vor Ort, die dies betreuen. Diese Aufgabe könne sie allein nicht bewältigen.
Auch wenn es noch einige Hürden gibt, haben Sauer und Nijssen das Gefühl, dass es inzwischen einen Paradigmenwechsel gab. Der Schwerpunkt habe lange nicht auf den erneuerbaren Energien gelegen, doch so langsam ist ein Bewusstsein dafür da.
Zu dem Besuch im Kompostwerk passt auch die Pressemitteilung des Landkreises: „Was hat die braune Tonne mit Stränden, Ackerböden und Ozeanen zu tun?“
