Lokalgespräch mit Lukas Wetten – Blick von oben
„Der Blick über die Welt hinaus ist der einzige, der die Welt versteht“
-Richard Wagner-
Wer träumt nicht davon, aus einer völlig neuen Perspektive einen Blick auf die Welt zu werfen? Die Heimat von oben zu sehen? Eine völlig andere Sicht auf Hadamar und die Umgebung erlangte ich durch Videos von „Erebos Air“ auf Facebook.
Natürlich wollte ich wissen, wer sich dahinter verbirgt und welche Faszination dieses Hobby auf denjenigen ausübt. Den Traum von einer neuen Perspektive hat sich Lukas Wetten (16) erfüllt und lässt alle daran teilhaben. So oft es ihm die Zeit erlaubt, lässt er seinen Multicopter in die Lüfte steigen und nimmt diesen Blick mit einer kleinen Kamera auf. Diese Videos bearbeitet er dann und stellt sie auch seinen YouTube-Kanal „Erebos Air“.
Wie ein wilder, übergroßer Bienenschwarm hört sich der Multicopter an, als Lukas ihn startet. Die vier Propeller drehen sich und heben das Fluggerät gleichmäßig in die Luft. Lukas lässt den Copter vor sich schweben und dann düst er mit 60 km/h in den Himmel und ist bald nur noch als Punkt auszumachen. Das das Fluggerät sich „nur“ 100 m über uns befindet, ist kaum zu glauben. Auf dem Bildschirm des IPads kann ich sehen, was die Kamera am Copter sieht.
Faszination am Multicopter
Es sei die Technik des Gerätes, was ihn so fasziniert sowie die neuen Blickwinkel. Angela, seine Mutter, erzählt von einer Technikbegeisterung, die schon sehr früh bei dem 16-jährigen vorhanden war. Bereits mit Lego Technik habe er sehr viel getüftelt und bei Jugend forscht erlangte der Schüler bereits einen Sonderpreis für Kreativität. Letztes Jahr schenkten sie ihm einen Copter – „doch leider war der nur für Indoor, was wir erst später mitbekamen“- und da war das Fieber geweckt. Für den jetzigen Copter hat der 16 jährigen sein Geld gespart und sich mit allen Rechten vertraut gemacht. Dieser Einsatz brachte ihm am Ende auch die Zustimmung seiner Mutter, die am Anfang dagegen war.
Bei schönem Wetter geht es nach draußen und der Multicopter steigt in die Lüfte. Da kommen schnell 1 – 1,5 h Flugstunden zusammen. Das Videoschneiden nimmt auch nochmal 3 h in Anspruch. Neben der Schule und diesem Hobby bleibt kein Platz für andere Dinge. Die Technikbegeisterung ist in dem gesamten Gespräch zu spüren. So erfahre ich, dass es sich um eine DJI Phantom 3Pprofessional handelt mit Fernbedienung und Kamera. Der Multicopter ist nachträglich mit Carbon Propellern ausgerüstet, die robuster sind. Über ein IPad erhält Lukas Livebilder, wenn sein Copter in der Luft schwebt. Das Gerät erkennt die Erde unter sich und orientiert sich daran, was für einen stabilen Stand sorgt. Mit dem GPS wird stets aufgezeichnet, wie die Koordinaten des Copters sind. Der Copter kehrt durch vorher einprogrammierte Daten immer wieder an seinen Startpunkt zurück. Der Point of Interest gehört ebenfalls zu den erwähnenswerten Funktionen. Durch Festlegung dieses Punktes kann ein Objekt des Interesses in einem vorher definierten Radius umflogen werden wie ein Turm oder ein Platz.

An Gesetze halten
Einen Multicopter darf nicht überall fliegen, wie es der Bediener möchte. Gesetze geben vor, wo ein Copter aufsteigen darf, in welcher Höhe er fliegen darf und was gefilmt werden darf. Es gibt Flugverbotszonen, welche in Karten eingezeichnet sind. Lukas kritisierte, dass es vom Hersteller keine Infos zu den Gesetzen gibt. Auch insgesamt sei das Luftfahrtgesetz recht schwammig formuliert. Im Gesetz steht, dass keine Menschenmassen überflogen werden dürfen. „Ich gehe mit normalen Menschenverstand an die Sache ran und fliege so, dass ich keine Menschen gefährde“, so Lukas. Weiterhin hat bemannte Luftfahrt immer Vorfahrt. Industrieanlagen, militärische Anlagen oder Flugplätze dürfen nicht überflogen werden. Weiterhin muss ein Pilot sein Fluggerät immer im Blick haben, also ist ein Aufsteigen bei Nebel oder in der Nacht nur bedingt möglich.
Ein wichtiger Punkt ist auch die Einhaltung von Persönlichkeitsrechten. Bei Menschen in der Nähe dreht Lukas die Kamera weg oder schaltet sie aus. Bei der Videobearbeitung werden Menschen rausgeschnitten oder unkenntlich gemacht. „Ich achte immer darauf, dass niemand erkennbar ist.“ In der Community der Modellflieger ist er fleißig unterwegs, man tauscht sich aus und verfolgt die Dinge anderer Nutzer. Momentan kämpfen die Modellbauflieger mit einer Petition gegen das Vorhaben von Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Dieser möchte die Flughöhe von Modellflugzeugen auf 100 m Höhe beschränken. „Das finde ich nicht gut und dies sollte nochmal überdacht werden.“ Die Modellflugzeuge könnten ihre Kunststücke nicht mehr machen, weil ihnen die Schwunghöhe fehlen würde. Jedoch würde er für eine Registrierung der Modellflugzeuge plädieren, wie es in den USA schon vorgeschrieben ist.
Vom Hobby zum kleinen Gewerbe
Für Lukas handelt es sich nicht nur um ein Hobby, sondern er würde gerne ein kleines Gewerbe damit starten. Mit den neuen Blickwinkeln aus der Luft kann er unvergessene Aufnahmen von Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten machen. Inspektionen schwer zugänglicher Anlagen wie Regenrinnen oder Solaranlagen ist kostengünstig möglich. Für die Landwirtschaft sind Kartierungen möglich. Aufnahmen von Firmengebäuden können Marketing unterstützen. Forschung in der Natur ist möglich. Der Einsatz ist unendlich. Und er sei kostengünstiger als Aufnahmen mit einem Hubschrauber zu machen. Dafür hat sich Lukas eine Aufstiegsgenehmigung beim RP Kassel besorgt und auch die nötige Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Wer Interesse daran hat oder nähere Informationen sucht, kann dies auf der Webseite von Erebos Air tun.
Multicopter oder Drohne?
„Es heißt nicht Drohen“, belehrt mich Lukas, „ sondern Quadrocopter.“ (da er mit vier Rotoren fliegt). Drohnen fliegen von alleine, aber der Multicopter wird die ganze Zeit von ihm bedient. Per Definition ist eine Drohne ein unbemannter militärischer Flugkörper, der fern- oder programmgesteuert zu seinem Ausgangspunkt zurückkehren kann – also per Definition ein Mittel des Militärs. Insgesamt sei es ein heikler Begriff. Beim Begriff „Drohne“ hätten viele sofort eine Verbindung zum Krieg und damit habe sein Hobby nun gar nichts zu tun.
Die Reaktionen auf ihn und sein Fluggerät sind auch sehr unterschiedlich. 60 Prozent, hauptsächlich ältere Leute, äußern sich eher negativ und vermuten gleich Spionage. Da sei es gut, dass seine Flüge mit allen Koordinaten immer aufgezeichnet werden, so dass er jederzeit nachweisen kann, wann er wo geflogen ist und welche Aufnahmen gemacht worden sind. „Alle Schritte sind später nachvollziehbar, falls es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen sollte“, so Lukas.
Welche Objekte stehen auf der Wunschliste?
In Hadamar hat Lukas alles abgegrast. Der 16 jährige sagt selbst, dass er mit dem Multicopter seine Heimat, die Region und die Landschaft besser kennenlernt. Im Sommer freue er sich auf den Herzenberg, wenn alle Rosen blühen. Und wenn alle Wetterbedingungen perfekt sind, möchte er den Limburger Dom umfliegen. Er möchte auch die Burgen und Kirchen außerhalb von Hadamar abfliegen.
