Mehr Frauen in die Kommunalpolitik „Wir können alles schaffen“

Frauen sind deutlich unterrepräsentiert in der Kommunalpolitik. Im Landkreis Limburg-Weilburg liegt der Anteil der Frauen in den verschiedenen Gremien bei rund 14 Prozent und da sind die Gremien des Landkreises selbst noch nicht mit eingerechnet.

Den höchsten Anteil hat Löhnberg mit 30 Prozent gefolgt von Bad Camberg (25 Prozent) und Limburg (22 Prozent). Das traurige Schlusslicht bildet Weinbach mit 0 Prozent Frauen in den politischen Gremien.

Frauen für Kommunalpolitik begeistern

Seit Jahren setzt sich Ute Jungmann-Hauff, Frauenbeauftragte des Landkreis Limburg-Weilburg sowie Carmen von Fischke, Frauenbeauftragte der Stadt Limburg, dafür ein, mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu begeistern. Die Kick-Off-Veranstaltung „Mehr Frauen in die kommunalen Parlamente“ zeigte, dass bei allen Klischees und Schwierigkeiten es sich dennoch lohnt, sich aktiv vor Ort zu beteiligen. Seit 2010 laufen unter diesem Motto vielfältige Veranstaltungen, um Frauen für das Thema zu begeistern und Ängste abzubauen.

Dr. Kyra Naudascher-Jankowski führte mit teilweise spitzer Zunge, aber alles auf den Punkt gebracht, kurzweilig durch die Podiumsdiskussion. Erfahrene Politikerinnen erzählten dort von ihren Eindrücken, wie es um die Frauen in der Kommunalpolitik steht, was sie nicht so gut finden, aber warum es sich dennoch lohnt, sich zu beteiligen. Silvia Scheu-Menzer, parteilos, ist Bürgermeisterin von Hünfelden und sitzt bei der SPD mit im Kreistag. Sabine Häuser-Eltgen ist Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen im Kreistag und engagiert sich in der Stadtverordnetenversammlung in Bad Camberg. Ingrid Friedrich, CDU, ist erste Beigeordnete in Elz und ebenfalls in den Kreisgremien vertreten. Über alle Parteigrenzen hinweg zeigten sie auf, dass sie mit den gleichen Herausforderungen kämpfen. Sie machten den rund 20 Frauen aber auch Mut, sich einzusetzen. „Macht etwas für euer Dorf, eure Stadt oder euren Kreis, nehmt andere Frauen mit für eine lebenswerte Zukunft“, so Ingrid Friedrich. Und Sabine Häuser-Eltgen ergänzte: „Wir können alles schaffe. Yes we can!“ Bevor es zu diesen Mut machenden Abschlussworten kam, fand eine rund 90-minütige interessante Diskussion zu verschiedenen Themen statt.

Verschiedene Wege in die Politik

Die Wege in die Politik können sehr verschieden sein. Bei Ingrid Friedrich war dies nie so geplant, erinnert sie sich. Doch heute sagt sie, „wenn ich es nicht gemacht hätte, würde mir was fehlen.“ Ihre Geschichte lässt die Frauen schmunzeln. 1990 war Ingrid Friedrich Fastnachtsprinzessin. Zwei oder drei Jahre Später vor der nächsten Kommunalwahl meldete sich der damalige Bürgermeister bei ihr. Sie suchten eine Frau, die am Mikrofon reden könnte. Und sie habe während der Fastnacht die Menschen erreicht und mitgenommen. Dies könne sie auch in der Kommunalpolitik. Sie war dann natürlich stolz, dass sie direkt gewählt wurde und auch für viele Jahre den Vorsitz vom Haushalts- und Finanzausschuss übernommen habe. Ihre Rezepte, sich in der Männerdomäne zu behaupten, sind ganz unterschiedlich. Während Häuser-Eltgen zu Ellenbogen und Humor tendiert, setzt Scheu-Menzer auf Selbstbewusstsein und Mut.

Es gibt keine Frauenthemen

Sowieso ist Mut immer wieder das Schlagwort, welches von den drei erfahrenen Politikerinnen angebracht wurde. Mut, ein Thema anzupacken, Mut seine Meinung zu vertreten und Mut, auf sich aufmerksam zu machen. So plädierte Friedrich auch dafür, die Themen, die den Frauen wichtig sind, zu besetzen und sich nicht nur in sogenannte Frauenthemen reinstecken zu lassen. „Es gibt keine Frauenthemen“, bekräftigt Häuser-Eltgen, „denn alle Themen gehen uns alle an!“. Auch die Bürgermeisterin sieht dies so, wobei sie zu bedenken gibt, dass nicht unbedingt alle Themen auch von den Männern angestoßen werden und dass dann ein weiblicher Blickwinkel nicht verkehrt ist. „Was will ich selbst, wo liegen meine Stärken, wo meine Interessen. Wir sollten uns nicht in Schubladen stecken lassen“, so Scheu-Menzer.

Die Tendenz der Meinungen ging im Gespräch auch Richtung Frauenquote. Wobei sich Scheu-Menzer als Architektin erinnert, dass sie mal in ein reines Männergremium kam. Sie habe sich sehr gefreut und es auf ihre guten Leistungen zurückgeführt. Und sie erinnerte sich, wie mies sie sich fühlte, als sie erfuhr, dass sie nur die Quotenfrau war. Aber heute stimmt sie ihren Mitstreiterinnen zu, dass die Quote häufig der Eintritt ist und von innen könnten die Frauen dann viel besser gestalten und zeigen, was in ihnen steckt.

Feststecken in Klischees und Frauenbildern

Bei allem Positiven, was die drei Rednerinnen aufzeigten, gaben sie aber zu, dass viele Frauen noch im Klischee feststecken und sich organisatorisch eher um Kinder und Familie kümmern. So packen sie das Thema Kommunalpolitik häufig nicht an, weil sie nicht wissen, wie sie es organisieren sollen. „Das sind Fragen, die würde sich ein Mann nie stellen“, bemerkte eine Teilnehmerin und recht hat sie damit. Und dies zeigt sich in mehreren Bereichen. Ein Mann würde sich wählen lassen und einfach anpacken, egal, ob er etwas von der Materie versteht oder nicht. Eine Frau würde sich fragen, ob sie nicht fehl am Platz ist, da sie einen Haushaltsentwurf nicht verstehe. „Wir bringen uns selbst in die Rolle und müssen auch an unserem eigenen Frauenbild arbeiten“, so Scheu-Menzer. Und Häuser-Eltgen schiebt nach: „Wir müssen unsere Bedürfnisse deutlicher mitteilen.“

Doch der Abend war nicht nur dazu da, Einblicke in das Leben als Kommunalpolitikerin zu geben und Ängste abzubauen. Es diente auch dazu, erste Verknüpfungen zu den anderen Frauen zu bilden. Denn darauf sind die Frauen auch stolz, dass sie über die Parteigrenzen hinweg ein Frauennetzwerk gebildet haben, in dem sie sich gegenseitig austauschen und weiterhelfen, auch wenn dieses Netzwerk manchmal von den Männern etwas suspekt betrachtet wird. Aber in dieser Runde sprechen die Teilnehmerinnen die Themen offen an und befinden sich in einem gleichgesinnten Umfeld.

Programm – Engagiert vor Ort

Das Programm steht. Je nach aktueller Corona-Situation kann es zu Änderungen kommen.

Workshop „Souveräne Kommunikation- Schlagfertigkeit am 18. November
Vortrag „Arbeits- und Funktionsweise der Parlamente, Ausschüsse und Beiräte“ am 20. Januar 2021
Leseabend „Starke Frauen“ am 23. Februar 2021
Workshop „Souveräne Kommunikation – Effektive Gesprächsleitung“ am 21. März 2021
Podiumsdiskussion zum internationalen Frauentag am 8. März 2021
Ausstellung Frauenprojekte „Gärten der Solidarität“ im März 2021

Weitere Veranstaltung sind bis Oktober 2021 geplant. Anmeldungen und weitere Informationen gibt es im Frauenbüro.

Lesenswert dazu auch mein Interview mit Irmgard Claudi, CDU-Fraktionsvorsitzende in Elbtal und Mitglied im Kreistag.

Frauennetzwerk macht sich stark für Frauen in der Kommunalpolitik (v.l.): Ute Jungmann-Hauff, Ingrid Friedrich, Sabine Häuser-Eltgen, Carmen von Fischken, Kyra Naudascher-Jankowski sowie Silvia Scheu-Menzer

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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