Mengerskirchen –156 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien
Wenn die Sonne scheint und Wind geht, dann produziert Mengerskirchen 156 Prozent Strom, 56 Prozent mehr, als wie die Kommune selbst braucht. Damit ist der Marktflecken im Landkreis Limburg-Weilburg vorne, was das Thema erneuerbare Energien betrifft. Und die Bürger profitieren auch davon, denn es gibt eine Energiegenossenschaft, die Windpark Mengerskirchen GmbH.
Dies war nur ein Thema beim Interview mit Bürgermeister Thomas Scholz (CDU). Seit 2010 ist Mengerskirchen Klimakommune und gehört mit zu einer der ersten Klimakommunen im Landkreis. Bereits 2009 habe die Kommune ein ganzheitliches Energiekonzept erstellt, welches die Gemeindevertretung 2011 verabschiedet hat. Neben einem Windpark gibt es Photovoltaikanlagen auf gemeindlichen Gebäuden sowie ein Bürgersolarprojekt auf den Kitas Mengerskirchen und Winkels.
Bürger mitnehmen
Da das Thema Klimawandel nicht nur die erneuerbaren Energien betrifft, wurde die Energiekommission im April um den Aspekt Nachhaltigkeit erweitert. Mit dieser Initiative und in Zusammenarbeit mit den Landwirten gibt es in Mengerskirchen inzwischen auf fünf Hektar Blühstreifen. Weiterhin wurden Obstbaumalleen angelegt, denn auch das Thema regionale Versorgung wird immer wichtiger. Bei Neubauten ist Dachbegrünung vorgeschrieben. Energetische Maßnahmen werden gefördert.
Seit 2005 ist Thomas Scholz Bürgermeister im Marktflecken und er selbst sagt, dass ihm bei allen Projekten Fördern und Fordern als Grundsatz dient. Ihm ist es wichtig, die Bürgerschaft auf breiter Ebene in die Projekte mit einzubeziehen und mitzunehmen. Dies habe für ihn mit Respekt und Wertschätzung zu tun. Beim Thema Nachhaltigkeit ist es daher auch wichtig, Bedarfe und Lösungen eng zusammenzubringen. 2018 wurde die Straßenbeleuchtung komplett auf LED umgestellt. Und auch da werde immer wieder geprüft, wie lange die Schaltzeiten sein müssen, was rechtliche vorgeschrieben ist und welche Einsparpotentiale es an der Stelle noch gibt. Auch werde das E-Ladenetz Stück für Stück erweitert.
Förderung energetische Projekte
Er habe sich auch schon mit dem Thema lokales Wärmenetz beschäftigt. Doch er betont auch, dass er erst seine Hausaufgaben mache, um dann mit einem umfangreichen Entwurf und allen Zahlen in die Öffentlichkeit zu gehen. Dabei ist es ihm wichtig, solche Projekte nicht ideologiebetrieben voranzutreiben, denn „am Ende zählt immer die Wirtschaftlichkeit“. Er möchte keine Projekte umsetzen, die dauerhaft von Subventionen abhängig sind. Und die Finanzen, welche zum Beispiel durch die Umstellung auf LED eingespart wurden, haben sie wiederum in ein Förderprogramm für die Bürger fließen lassen, um ihnen einen finanziellen Anreiz zu geben, ihre weiße Ware wie Kühlschränke und Waschmaschinen, in energiesparende Modelle umzutauschen. Ihm ist es wichtig, bei den Bürgern aktiv ein Bewusstsein für die Themen zu schaffen. Und er beginnt direkt in der Verwaltung, indem das Thema Energie sparen und Nachhaltigkeit in allen Referaten mitgedacht wird.
Im Gespräch zeigt sich, dass der Bürgermeister dabei nicht nur die Einsparung von CO2-Emissionen im Blick hat, sondern auch Folgen des Klimawandels mitdenkt. So haben laut Scholz die öffentlichen Gebäude sowie die Kita-Außenanlagen Verschattungsmaßnahmen, damit die Menschen Schutz vor der Hitze suchen können. Im Wald findet derzeit eine aktiver Umbau mit Mischanpflanzungen statt, wo man erst in einigen Jahren das Ergebnis sehen wird. „In den letzten Jahren haben wir 25 Hektar neue Waldfläche angepflanzt“, so Scholz. Im Windpark seien 1 Hektar Wald gerodet worden und inzwischen vier Hektar neue Waldfläche als Ausgleichsmaßnahme entstanden.
Vorbereitung auf Auswirkungen
Mit den Landwirten gebe es eine gute Zusammenarbeit. Sie lassen keine Flächen brach liegen, wo möglicher Starkregen dann den Schlamm in die Ortschaften mitreißt. In Zusammenarbeit mit der Jagdgenossenschaft werden Gräben und Einläufe regelmäßig freigehalten. Im Jahr 2020 wurde das Bachbett verbreitert, damit viel Wasser in die Breite gehen kann. Nun arbeitet die Kommune an einer Hochwassersimulation, um mögliche Gefahrenstellen zu identifizieren.
Die Wasserversorgung habe die Kommune seit Jahren auf der Agenda. Die Netzstruktur werde stetig modernisiert und in den letzten Jahren wurden neun Kilometer an Leitungen erneuert. Alleine kann sich Mengerskirchen nicht mit Wasser versorgen. Mengerskirchen befindet sich im Wasserbeschaffungsverband Dillkreis Süd, der die Wasserversorgung sichert. Aus diesem Netzwerk beziehen 25 Prozent ihres Wassers. Dennoch appelliert er an die Bürger und Unternehmen, sorgsam mit der Ressource umzugehen.
Und sollte mal der Strom durch ein Unwetterereignis ausfallen, hat der Marktflecken auch vorgesorgt und im Sommer auch eine Übung dazu absolviert. Das Feuerwehrhaus in Winkels kann vom Stromnetz abgekoppelt und mit Notstrom versorgt werden. Ansonsten besitzen alle Feuerwehrhäuser Notstromaggregate.
Im Gespräch wird immer wieder deutlich, dass Scholz viel Wert auf das Miteinander der verschiedenen Strukturen legt, denn nur im Miteinander könne man den Herausforderungen der Zeit begegnen. Er äußerte am Ende auch den Wunsch, dass die Menschen nicht immer nur schauen sollen, was der Staat für sie tun kann, sondern dass sie auch mal selbst anpacken und aktiv werden. Dies geht los, die Kanäle vor der eigenen Haustüre frei zu halten und das eigene Grundstück zu pflegen sowie die Straßen und Einlaufrinnen zu reinigen. Auch sollten sie achtsam sein und bei der Dürre ihr warmgelaufenes Auto nicht unbedingt auf einen dürren Grasstreifen stellen. Alle sollten wachsam bleiben.
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