Mobilitätsgewinn mit dem Fahrrad

Der Verkehr ist nach dem Bereich Energie und Industrie der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen und produziert 20 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes. Daher ist der Verkehrssektor ein wichtiger Baustein, an dem etwas für den Klimaschutz getan werden kann und muss. Doch dies gestaltet sich nicht immer einfach, was der Bereich Radverkehr zeigt. Im ersten Beitrag geht es um den Mobilitätsgewinn, welcher durch das Fahrrad entsteht.

Radfahren ist gesund, verbessert die Ausdauer und es gibt keine CO2-Emissionen, was gut für die Umwelt ist. Wer mit dem Rad unterwegs ist, verbraucht weniger Zeit für die Parkplatzsuche und es ist insgesamt günstiger als andere Verkehrsmittel. Dennoch liegt der Anteil der Radfahrer in Hessen bei nur rund acht Prozent. Fehlende Infrastruktur sowie fehlende Sicherheit führen Befragte häufig an, warum sie am Ende doch nicht das Rad nehmen. Dabei ist das Rad in all seinen Formen ein echter Gewinn für die Mobilität.

Neue Freiheit mit dem Fahrrad

Oliver Moschner-Schweder, Vorsitzender vom ADFC (Allgemeinen Deutschen Fahrradclub), Kreisverband Limburg-Weilburg, erinnert sich noch sehr gut an seinen Aha-Moment mit dem Fahrrad. Als Kind ist er in einem 350-Seelen-Dorf aufgewachsen. Als er mit zehn Jahren sein erstes Fahrrad bekam, war er auf einmal mobil. „Ich kam mit dem Rad dahin, wo ich hinwollte“, erinnert er sich und beschreibt dies als sehr befreiendes Gefühl. Für ihn war es als Kind und Jugendlicher eine neue Freiheit, später auch ein Sport und inzwischen auch Entspannung. An fünf von sieben Tagen ist er mit dem Rad unterwegs, setzt sich für eine bessere Infrastruktur ein und wirbt für die Nutzung des Rades.

Fünf Gründe führt er an, die ihm als Argumente immer wieder begegnen, warum jemand nicht aufs Rad umsteigt. Als erstes Argument werde immer schlechtes Wetter genannt, doch er sei in seinem ganzen Leben bisher selten nass geworden. Als zweites werde angeführt, dass die Menschen bei der vorhandenen Topografie ins Schwitzen kommen. Dieses Argument verliere jedoch seine Wirkung mit den Pedelecs, so Moschner-Schweder. Beim Argument Verkehrssicherheit sieht er sein Engagement, um etwas zu verbessern. Das Argument Transportmöglichkeit gilt auch nicht mehr vollumfänglich mit dem Aufkommen der Lastenräder. Als letztes Argument werden zu weite Strecken angeführt. Er ist kein dogmatischer Verfechter des Radfahrens und ihm ist durchaus bewusst, dass in der ländlichen Region das Fahrrad das Auto nicht zu 100 Prozent ersetzen kann. Aber es sind die kleinen Schritte, die zu einer Wende führen, so seine Meinung.

Acht Prozent Radfahrende

Gefühlt sind mehr Fahrradfahrende auf den Straßen unterwegs, doch laut Statistik hat sich an den Zahlen in den letzten Jahren wenig geändert. In Hessen liegt der Anteil der Fahrradfahrenden bei acht Prozent, in Limburg laut Stadt bei sieben Prozent. Dies widerspricht sich mit dem Ergebnis des Fahrrad-Monitors 2021. Laut dieser Umfrage im Auftrag des hessischen Verkehrsministeriums möchten 42 Prozent der hessischen Bürger mehr Rad fahren. Damit liegt Hessen über den deutschlandweiten Schnitt von 40 Prozent. Und auch wenn rund 59 Prozent regelmäßig Fahrrad fahren, wobei regelmäßig ein paar Mal im Monat bedeutet, machen Radfahrende am Gesamtverkehr nur einen einstelligen Prozentsatz aus. An erster Stelle steht aber noch immer das Auto.
Wobei Oliver Moschner-Schweder das Auto nicht verteufeln möchte. Er hat auch Strecken, welche er mit dem Auto fährt. Aber es sind die kurzen Wege im Ort, die nicht immer mit dem Auto gefahren werden müssen. Oder er klappt sein Fahrrad zusammen, nimmt den Zug und fährt am Ziel weiter mit dem Rad. Daher setzt er sich für ein umfangreiches Umdenken der Mobilität ein, welche alle Fortbewegungsarten enthält.

Das Bewusstsein für das Fahrrad als klimaschonendes Verkehrsmittel ist in der Bevölkerung in Teilen vorhanden. Seit Jahren steigen die Teilnehmerzahlen an der bundesweiten Aktion „Stadtradeln“, welche vor kurzem auch wieder zu neuen Rekordzahlen im Landkreis führten. Zuhauf waren Teilnehmende auf zwei Rädern unterwegs und es waren Radfahrende zu sehen, die sonst nicht auf zwei Rädern zu sehen waren. Doch nach den drei Wochen ist der Effekt zum großen Teil wieder verpufft. Rund zwei bis vier Prozent erkennen in der Aktion eine Chance und nehmen auch danach häufiger das Rad. Dies sei ein angenehmer Mitnahmeeffekt, so Moschner-Schweder.

Laute Stimme für Radfahrende

Doch insgesamt seien ihm die Radfahrenden zu leise und daher engagiere er sich im ADFC, um eine laute Stimme für die Interessen zu sein. Er bringt sich ein, arbeitet an Konzepten mit, kritisiert Ergebnisse und versucht, den Prozess der Mobilitätswende konstruktiv mitzugestalten. „Wir wollen Menschen aufs Rad bringen“, so der Vorsitzende, „dann darf es nicht unbequemer als das Autofahren sein“. Doch leider ist dies häufig so, wenn die gute Infrastruktur fehlt. Dann enden Radwege einfach kurz vor Querungen, damit sich niemand Gedanken machen muss, wie eine sichere Querung umgesetzt werden kann. Oder der Radweg endet mitten auf einem Fußweg. Bleibt der Radfahrende auf dem Fußweg, kostet dies eine Strafe. Es gibt einige Stellen im Landkreis, wo so die Radfahrenden in eine Illegalität reingedrängt werden, kritisiert er.

Zu lange ging das Signal an die Autofahrenden, dass ihnen die Straße allein gehöre. Doch zum Glück erkennt Moschner-Schweder langsam ein Umdenken. Aber es gebe noch immer Autofahrende, welche die Menschen auf dem Fahrrad schneiden. Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist die Meldeplattform Radverkehr. Werden Schäden innerhalb einer Kommune gemeldet, werden diese sehr schnell behoben. Probleme gebe es allerdings bei den Strecken, welche Hessen Mobil betreut. Da passiert leider nicht viel, doch die Unzufriedenheit damit fällt auf den Landkreis und die Kommunen zurück, auch wenn denen die Hände gebunden sind.

Er hofft, dass die aktuellen Spritpreise mehr Menschen auf das Rad lockt. Auch die Verkleinerung des CO2-Abdruckes rückt mehr und mehr in den Blickpunkt. Für eine Person allein macht dies nur einen geringen Anteil aus, aber je mehr sie werden, umso größer ist die Auswirkung auf das Klima. Dahingehend berät er auch Unternehmen auf ihrem Weg zur Klimaneutralität. Der Umstieg auf das Rad sei dabei ein wichtiger Beitrag. Die persönlichen, positiven Nebeneffekte seien eine wichtige Triebfeder und dann auch  noch ökologisch einen Beitrag zu leisten, komme als Argumente gut an. Wer aufs Rad steigt, kann entspannen, bekommt mehr von seiner Umgebung mit und tut sich selbst etwas Gutes. Somit ist das Fahrrad ein Gewinn auf verschiedenen Ebenen.

Eine gute Übersicht zu Hessens Verkehr in Zahlen findet ihr hier

Wie sieht es mit der Rad-Infrastruktur im Landkreis Limburg-Weilburg aus? Mit Schulnote 4 schneidet sie nicht so gut ab.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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