Moritz Promny: „Corona ist der Nachhilfelehrer für die Defizite, die wir in der Bildung haben“
Zu einem digitalen Gespräch mit Moritz Promny, FDP-Sprecher für Bildungspolitik, lud die FDP Limburg-Weilburg ein. Vor allem die Digitalisierung von Bildung stand dabei im Fokus.
Mit dem Ankommen des Corona-Virus in Deutschland und dem Lockdown wurden auch die Schulen und Kindergärten geschlossen. Ab Mitte April kam es zur schrittweisen Öffnung und seit dem Montag, 22. Juni dürfen alle Grundschüler wieder zur Schule gehen. In der Zeit dazwischen waren die Schüler auf Homeschooling angewiesen und es zeigte sich, dass es an vielen Stellen haperte. Moritz Promny zieht ein klares Fazit: „Die Corona-Pandemie ist der Nachhilfelehrer für die Defizite, die wir in der Bildung haben.“
Misere an vielen Stellen
Dabei sind es verschiedene Stellen, welche die Misere deutlich machen. Es sind die fehlenden Endgeräte bei den Schülern. Die Infrastruktur ist nicht überall gegeben, so dass manche Schüler auf der Strecke bleiben oder die Lehrer ihre Inhalte gar nicht transportiert bekommen. Und in der Ausbildung der Lehrer fehlt der Aspekt, wie Inhalte digital an die Schüler vermittelt werden können. Darüber wird zwar seit Jahren geredet, doch es bestand nie die Notwendigkeit, mit Power an die Sache heranzugehen. Und nun war von jetzt auf gleich der Druck so groß, denn Schule musste trotz Corona irgendwie weitergehen.
Auch wenn zwei Drittel der Schulen bereits an Glasfaser angebunden sind, fehlt dies noch bei einem Drittel. Und obwohl es Fördergelder gibt, werden diese entweder nur zögerlich abgerufen oder es dauert „über die ganzen Fördermittelkonstrukte einfach zu lange, bis die Gelder bei den Schulen ankommen“, so Promny. Daher hat sich die FDP auch dafür eingesetzt, mehr Geld in den Ausbau der Serverkapazitäten, dem Support sowie die Fortbildung von Lehrern zu stecken. „Zu glauben, man könne da sparen, ist ein Irrglaube“, so die Meinung des Landtagsabgeordneten. Zudem begrüßt er einen Entwurf der SPD, dass das Lehramtsstudium neu strukturiert werden muss und die Erfahrungen, vor allem im digitalen Unterrichten, mit hineinfließen müssen. Dieser Entwurf befindet sich derzeit in der Diskussion.
Doch nicht nur das Digitale ist Thema, was uns zukünftig beschäftigen wird. Insgesamt ist Promny der Meinung, dass das Thema Schule neu gedacht werden muss. Verändert sich eventuell das Bild Schule durch die Krise? Eine Zuhörerin regte an, für kurze Zeit den Samstagsunterricht wieder einzuführen, um Defizite aufzufangen. Doch dies lehnt der Politiker ab. Es sei zwar diskutiert worden, doch die Umsetzung wäre einfach zu komplex, so dass es als nicht zielführend verworfen worden sei.
Unwort des Jahres
Eine Frage ging in Richtung Kindergärten, wo es derzeit einen großen Unmut bei den Erzieherinnen, aber auch bei den Eltern gibt. Der Landespolitiker kann diesen Unmut absolut verstehen. Mit diesem Unmut ist man direkt bei der Systemrelevanz, indem die Berufe unterteilt wurden und damit auch die Chance auf Notbetreuung oder eben nicht. Mit der ganzen Krise ist es dann auch ein Wort, welches Promny aufstößt und was für ihn bereits jetzt das Unwort des Jahres 2020 ist – systemrelevant. „In der Gesellschaft ist jeder systemrelevant und nur mit jedem als Teil bildet die Gesellschaft ein Ganzes.“
Daneben sieht er auch eine absolut schlechte Kommunikation des Sozialministers Kai Klose. In seinen Augen habe dieser versagt. Auch die Kommunikation von Kultusminister Alexander Lorz kritisierte er. „Es ist alles zu kurz gedacht. Es ist keine gute Kommunikation, freitags zu sagen, wie es montags weiter geht“, so Promny. Er hätte sich gewünscht, dass sich bereits jetzt Gedanken gemacht werden, wie es nach den Sommerferien weiter geht. Doch jetzt sei ein eine Kompetenzgruppe berufen wurden, um darüber zu beraten. Die Idee der FDP ist es, jetzt Impulse zu geben, dass die Lehrer sich in den Ferien weiterbilden und sich digital fit machen. „Es gibt einige Möglichkeiten“, so seine Meinung.
Rückgang an Ausbildungsplätzen
Beim Thema Bildung spielen auch die Berufsschulen eine Rolle und die Landtagsabgeordnete Marion Schardt-Sauer wollte wissen, wie es da aussieht. Durch die Krise ist es leider so, dass sich bereits jetzt ein Rückgang an Ausbildungsplätzen um 30 Prozent abzeichnet. Die Coronakrise ist auch eine Wirtschaftskrise und die Unternehmen überlegen sich, ob sie ausbilden. Dies ist eine Frage, die auch Promny umtreibt. In diesem Bereich geht es nicht nur um die Sicherheit an den Schulen, sondern auch um die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln im Ausbildungsbetrieb. Er stehe da im stetigen Austausch mit dem Verband.
Hier gab es auch die Nachfrage, ob sich die Landesregierung bemüht, Lehrer an die Berufsschulen zu holen, da es bereits jetzt einen Lehrermangel gebe. Es sei schwierig, Menschen aus der Wirtschaft an die Berufsschulen zu bekommen, so der Landespolitiker und derzeit gebe es auch keine Programm dafür, auch wenn die Stellen vorhanden sind.
Sein Learning aus der ganzen Situation? „Ich appelliere daran, dass es eine wissenschaftliche Evaluation gibt und die Erkenntnisse in dem Pandemieplan 2020/21 niedergeschrieben werden. Dieser Pandemieplan gehört dann regelmäßig auf Wiedervorlage.“ Insgesamt fand er das Gespräch sehr bereichernd und nimmt die Impulse aus der Region gerne für seine Arbeit mit.