Müll eine Identität geben

Ein dreiviertel Jahr haben sich die Schüler der Klasse 2b der Schule im Emsbachtal mit dem Thema Müll beschäftigt und lustige Müllmonster kreiert. Die daraus entstandenen Werke präsentierten sie am Freitag in einer Ausstellung. 

Michael Jackson hängt von der Decke. Mimi, die Katze, rollt über die Leinwand und etwas raketenähnliches leuchtet im Dunkeln. So verschieden die Figuren sind, haben sie alle eins gemeinsam- sie wurden aus Müll hergestellt. Klopapierrollen oder alte Plastikflaschen erhielten Kulleraugen und einen Mund. Aus Draht wurden Arme und Beine geformt. Alter Müll erhielt eine neue Form.
Seit einem dreiviertel Jahr sitzen die Schüler der Klasse 2b der Schule im Emsbachtal in Niederbrechen zusammen mit ihrer Lehrerin Kerstin Janoszka an diesem Projekt mit ihren Müllmonstern und präsentierten ihre Werke nun in einer „Müllmonster-Ausstellung“. Diese Objekte entstanden mit der Künstlerin Claudia Sárkány, die seit August des vergangenen Jahres das „Fliegende Künstlerzimmer“ auf dem Schulhof bewohnt.

Fliegende Künstlerzimmer

Die Crespo Foundation rief, gemeinsam mit dem Hessischen Kultusministerium und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Jahr 2018 das Programm „Das fliegende Künstlerzimmer“ als neues Programm „Kultureller Bildung an Schulen“ ins Leben und ein Künstlerzimmer hat seinen Platz in Niederbrechen gefunden.
Vor einem dreiviertel Jahr wandte sich die Lehrerin Kerstin Janoszka an die Künstlerin, um mit ihr zusammen ein Projekt umzusetzen. Bereits im Sachkundeunterricht hatten sie das Thema Müll und Müllvermeidung und wollten das Thema durch den kulturellen Ansatz weiter vertiefen. Normalerweise ist es Janoszka gewohnt, dass die Kinder schnelle Ergebnisse wollen und sich nicht lange mit etwas intensiv beschäftigen können. Doch hier ergab sich ein Prozess, bei dem die Kinder immer wieder neue Ideen mitbrachten und sich das Projekt stetig weiterentwickelte.

Ausstellung im Fliegenden Künstlerzimmer

Für Claudia Sárkány war diese Arbeit ungewohnt, hatte sie in ihrem künstlerischen Leben vorher noch nie mit Grundschülern zusammen gearbeitet. Daher sei ihr erster Impuls auch gewesen „Oh Gott, Grundschüler.“ Und dann auch noch das Thema Müll, was eigentlich so gar nicht ihr Interesse weckte. Doch dann erlebte sie, wie die Grundschüler immer begeistert dabei waren, nachgefragt haben und großes Interesse an dem Projekt zeigten. „Ich war total beeindruckt, welche spannenden und humorvollen Ideen sich während des Projektes ergaben“, erinnert sich die Künstlerin. Sie haben nicht nur gebastelt, sondern die entstanden Müllmonster haben eine Identität bekommen, eine Biografie. „Die Müllmonster sind lebendig geworden“, so Sárkány.

Müll eine Identität geben

Alle Figuren kommen sehr freundlich rüber und sind sofort sympathisch, wenn die Leibspeise Zimtschnecken oder Gummitierchen sind. Sie haben lustige Namen wie „Flumsi“ oder „Flaschi“. Und jeder hat so sein Lieblingsmonster. Als sich die Klasse damit beschäftigt hatte, dass auch Kleidung aus recycelten Materialien hergestellt werden kann, kam die Idee auf, sich selbst als Müllmonster zu verkleiden. Und so gab Schulleiter Bernd T. Steioff nach einer kurzen Begrüßung die Bühne frei für die „futuristische Kollektion der Klasse 2b“. Die sei das Ergebnis einer langen, intensiven künstlerischen Arbeit, wofür er sich bei der Künstlerin sowie der Lehrerin und der gesamten Klasse bedankte. Die Ergebnisse schauten sich auch die Gäste Bürgermeister Frank Groos, Landtagsabgeordnete Marion Schardt-Sauer sowie die Schulsozialpflegerin Madlen Wagner an und zeigten sich beeindruckt von den kleinen Künstlern.

Die Ausstellung war für die gesamte Schulgemeinde und die Eltern geöffnet. Dies gibt ebenfalls die Ziele der Crespo Foundation sehr gut wieder. Im Verständnis eines ganzheitlichen Bildungsgedankens soll das Programm für alle Mitglieder der Schulgemeinde Kunst unmittelbar erfahrbar machen. Und so unterhielten sich Schüler der siebten Klasse mit den kleinen Künstlern, fragten sie nach ihren Werken und die Kleinen der Schulgemeinde hatten die Chance, etwas über ihre Arbeiten zu erzählen.

Projekt hat Spaß gemacht

Immer drei Grundschüler standen den besuchenden Klassen Rede und Antwort zu dem Projekt. Frederike, Levin und Ida (alle acht Jahre alt) sind total begeistert. Ihnen hat es sehr viel Spaß gemacht, mit verschiedenen Mitteln Monster zu bauen. Sie würden sogar zu Hause in den Müll klettern und Material für neue Monster suchen. „Aber wir klettern nicht in die braune oder schwarze Tonne“, so Frederike und Ida einstimmig. Sie haben sich in dem Künstlerzimmer, welches komplett aus Holz ist, sehr wohl gefühlt. „Wir haben uns frei gefühlt“, so die drei. Und es sei immer sehr ruhig gewesen und nicht so laut wie sonst in der Klasse. Alle drei sind sich einig- es sei schön, die Projekte ausstellen und somit zeigen zu können.

v.l. Frederike, Levin und Ida präsentieren stolz die Müllmonster

Das Müllmonster-Projekt ist nicht das einzige Projekt, welches in der engen klassen- und fächerübergreifender Zusammenarbeit mit den Lehrern der Schule entwickelt wurde. Die Schüler schrieben Liebeslieder, setzten sich mit den Konsum sozialer Medien auseinander oder drehten einen Film über das Schlafen. „Das Fliegende Künstlerzimmer eröffnete eine überraschende, herausfordernde, unterhaltsame und nachdenklich machende Erfahrungswelt – direkt an der Schule aber gleichzeitig ganz anders als der übliche Schulalltag – und wurde von den Schülern mit großer Freude besucht“, so Steioff. Die Arbeit von Claudia Sárkány ist mit den Sommerferien beendet, doch die Arbeit des „Fliegenden Künstlerzimmers“ geht weiter im neuen Schuljahr mit einem neuen Künstler.

Mehr zu den Projekten findet ihr auch auf der Seite des „Fliegenden Künstlerzimmers“.

 

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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