NABU möchte weiterhin höchsten Schutz für den Wolf

Beim Thema Naturschutz prallen manchmal unterschiedliche Sichtweisen aufeinander. So sehen Jäger das Thema Wolf aus einem anderen Blickwinkel als Naturschützer. Nachdem vor kurzem Waldbrunner Jäger ihre Sichtweise aufzeigten, fragte ich beim NABU Hessen nach, wie dieser zum Thema steht. 

Vor kurzem zeigten Jäger aus Waldbrunn auf, dass sie sich mehr in Sachen Wolfmanagement wünschen. Sie forderten eine Obergrenze für den Wolfbestand. Sie sehen keine Notwendigkeit mehr für einen vollumfänglichen Schutz dieses Raubtieres. Zudem wünschen sie sich eine sachliche Diskussion und keine Romantisierung des Wolfes. Doch wie sieht dies die andere Seite? Mit Ingeborg Till vom NABU Hessen sowie Sprecherin der Landesarbeitsgruppe Wolf sprach ich über das Thema.

Erweiterter Herdenschutz für Weidetierhalter

Für sie ist ganz klar, dass Weidetierhalter die Unterstützung durch das Land brauchen. Aber sie betont auch, dass Artenschutz nicht bei einer Tierart anfängt und bei einer anderen Art aufhört. Es sei wichtig, dass alle Arten – Pflanzen wie auch Tiere – konfliktarm miteinander existieren können.
Durch die Vorgaben der europäischen Vorgaben der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie gilt der Wolf zu den durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützten Tierarten in Deutschland. Und Till weist darauf hin, dass gegen andere Länder bereits Klagen laufen, weil sie Obergrenzen für den Wolf eingeführt haben. Zum Beispiel habe die Bejagung in Frankreich gezeigt, dass sie keinen großen Nutzen habe und auch bei der Bevölkerung nicht akzeptiert wird.

Auf der einen Seite steht der Wolf, auf der anderen Seite die Weidetierhalter. Daher ist für Till ganz klar, dass der Herdenschutz sehr wichtig ist. Denn sie stimmt den Jägern zu, der Wolf erbeutet das, was er leicht fangen kann. Daher braucht es vernünftige Zäune. Denn wenn der Wolf einmal einen richtigen Stromschlag durch einen Zaun erhalten hat, dann nimmt er Abstand davon, denn der Wolf sei lernfähig.

Verbesserte Förderstruktur

Die Jäger kritisierten, dass die Weidetierhalter nicht ausreichend unterstützt werden, doch dem kann die Sprecherin vom NABU Hessen widersprechen. Ende April stellte die Umweltministerin Priska Hinz einen neuen Wolfsmanagementplan vor und in dem wurde auch die Förderstruktur verbessert. Die Weidetierhalter erhalten eine Förderung zur Errichtungen eines effektiven Zaunes sowie eine Förderung für die laufenden Betriebskosten. Für den Zaunbau und die Wartung derselbigen erhalten die Weidetierhalter Unterstützung durch Dienstleister. Und auch die Kosten für Herdenschutzhunde werden übernommen (Quelle Umweltministerium Hessen)

Sie kann das Argument, dass Herdenschutzhunde gefährlich sind, nicht nachvollziehen. Für Hunde-erfahrene Weidetierhalter sind Herdenschutzhunde eine gute Lösung. Natürlich könne dafür nicht jeder Hund genommen werden. Sie empfiehlt die Zusammenarbeit mit dem Verband Herdenschutz e.V., bei dem die Hunde auch geprüft werden, dass sie nur ihre Herde beschützen, aber kein auffälliges Verhalten gegenüber Menschen zeigen. Ihr ist klar, dass Weidetierhalter Unterstützung brauchen, nur manchmal nicht wissen, wo sie diese erhalten.

Keine Regulierung des Wolfbestandes

Ingeborg Till ist gegen eine Regulierung durch den Menschen. Die Wolfsrudel haben ihre Reviere, welche sie gegen Eindringlinge von außen schützen würden. „Die sorgen von sich aus für eine Regulierung“, ist sich die Sprecherin sicher. Eine weitere Regulierung würde durch die vorhandene Beute stattfinden, denn Beute reguliert Beutegreifer. Wenn weniger Beute vorhanden ist, finden die Wölfe auch weniger Nahrung, was sich auch auf ihren Bestand auswirke. In den neuen Bundesländern, in denen die Wölfe in hoher Dichte vorkommen, sind die Bestände stabil und es kommen keine neuen Tiere hinzu. Aus diesem Grund sieht sie keine Notwendigkeit für eine Regulierung.

Die Jäger aus Waldbrunn würden sich wünschen, dass für den Wolf eine ähnliche Regelung gilt wie für Hirsche. Es gibt Hirsch-freie Regionen. Taucht dort ein Hirsch auf, darf der Jäger ihn erschießen. Eine solche Regelung fänden die Jäger für den Wolf auch gut. Ingeborg Till sieht darin zwei Probleme. Zum einen sind die Hirsch-freien Zonen inzwischen recht umstritten. Die Universität Gießen befasste sich mit dem Thema und stellte eine genetische Verarmung der Rotwildpopulation fest. Zudem verliere das Rotwild durch Inzucht Vitalität und Gesundheit. Dies können auch bei den Wölfen geschehen, wenn es Wolfs-freie Regionen gibt. Zum anderen fragt sie sich, wer dies kontrollieren soll. Bei einem 250 Quadratkilometer großem Revier für ein Rudel und zahlreichen Jagdrevieren sieht sie keine Chance, dies zu koordinieren.

Klare Regeln im Wolfsmanagementplan

Zudem weist die Sprecherin der Landesarbeitsgruppe Wolf darauf hin, dass es auch heute schon Möglichkeiten gibt, einen Wolf zu entnehmen. Nämlich dann, wenn er verhaltensauffällig ist und eine Gefahr darstellt. Till könne auch den Vorwurf der Jäger, bei einem Autounfall mit einem Wolf nichts machen zu können, nicht verstehen. Im Wolfsmanagementplan ist dieser Fall sehr genau geregelt. Wenn der Wolf noch laufen kann nach dem Unfall, soll er in Ruhe gelassen werden. Mehrere Untersuchungen bei toten Wölfen hätten gezeigt, dass diese sehr resistent sind. Sind sie stark angefahren und können nicht mehr aufstehen, dann werde eine sachkundige Person die Tötung vornehmen. „Die Handlungsweisen sind klar definiert“, so Till.

Ja, auch sie kenne Leute, die das Thema Wolf romantisieren, aber davon nimmt sie persönlich Abstand. Sie arbeitet in deiner Arbeitsgruppe zusammen mit Biologen, Landwirten und Jägern. Sie alle betrachten das Thema objektiv und nicht mit verklärten Blickwinkeln. Gemeinsam bringen sie sich für den Schutz des Raubtieres ein. Auch könne sie das Argument, dass Stadtmenschen die Wolfspolitik machen, nicht nachvollziehen, komme sie doch selbst vom Land. Zudem gebe es Studien, die keiner Unterschied in der Betrachtungsweise zeigen, egal ob Stadt- oder Landmensch. Und wenn Differenzen in der Betrachtungsweise vorhanden sind, dann ist sie für eine sachliche Diskussion.

Einfluss auf das Ökosystem?

Es gibt eine Untersuchung zum Yellowstone Nationalpark in Amerika, bei dem den Wölfen ein positiver Effekt auf das Ökosystem zugeschrieben wird. Ob solche Effekte auch in Deutschland nachweisbar sind? Dazu könne sie nicht so viel sagen, da die Situation hier ein wenig anders ist als in dem Nationalpark. In Deutschland findet eine Wildregulierung durch die Jäger statt, daher sei es nicht genau zu benennen, ob der Wolf einen positiven Einfluss auf das Ökosystem hat. Dazu befindet er sich erst seit 20 Jahren wieder in Deutschland. Dennoch benennen manche kleinere Auswirkungen. „Die Rehe werden schwerer, da kranke und alte Tiere durch die Wölfe aus der Gruppe genommen werden. Auch Verbiss-Schäden sind dort zurückgegangen, wo es Wölfe gibt“, so Till.

Auch den Vorwurf der Jäger, dass es keine aktuellen Zahlen zur Wolfspopulation gibt, möchte Till nicht so stehen lassen. Das Wolfsmonitoring findet jeweils vom 1. Mai bis zum 30. April des Folgejahres statt. Danach werden die Zahlen je nach Bundesland zusammengerechnet und ausgewertet. Nachdem alle Zahlen zusammengefasst sind, werden diese auch veröffentlicht, was meist im Sommer geschieht. Zudem weist sie darauf hin, dass das Wolfszentrum jede Sichtung in Hessen sowie jeden Verdachtsfall veröffentlicht.

Am Ende plädiert sie dafür, dass der Wolf wie alle Arten zum Naturschutz dazugehört. Wer Fragen zum Thema Wolf hat, kann sich an das Wolfszentrum wenden.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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