„Natur hilft sich selbst“

Die SPD Limburg lud zu einem Ortsbegang mit der Revierförsterin Nadine Ströbele sowie Jörg Ahner, Forstamtsleitung Forstamt Weilmünster, in den Linterer Wald ein. Sie wollten wissen, wie die aktuelle Situation im Wald ist und welche Arbeiten zukünftig anstehen. 

Nach dem Waldbegang von rund zwei Stunden gab es zwei Erkenntnisse. „Die Natur heilt sich selbst“, wie Nadine Ströbele an verschiedenen Stellen bemerkte. Und viele Probleme sind menschengemacht. Und es zeigte sich, dass die Nutzer des Waldes manche Dinge anders einordnen als die Fachleute.

Wenig Wald für Limburg

Nur fünf Prozent der Limburger Gemarkung besteht aus Wald und dieser ist noch zersplittert. Die kleinen Parzellen befinden sich überall an den Rändern der Stadt, eine Parzelle sogar in Elz – der Offheimer Kopf. Zu Beginn des Waldbegang gab es ein paar Fakten zum Limburger Wald an sich und der Baumverteilung. Im Linterer Wäldchen, welches sich eigentlich auf Eschhöfer Gemarkung befindet, sind Eichen dominant. Zwischen den Eichen lassen sich auch einige Buchen und Ahorn finden. Fichten fanden sich im Offheimer Wäldchen, wo es aktuell aufgrund des Fichtensterbens Kahlflächen gibt. Der Offheimer Kopf ist aktuell komplett aus der Bewirtschaftung draußen. Dort fällen die Forstleute weder Bäume, noch entfernen sie umgekippte Bäume.

Direkt zu Beginn kam die Frage auf, ob die Menschen sich einfach liegengebliebene Bäume als Brennholz aus dem Wald holen dürfen. Immerhin sei die Frage nach Brennholz gestiegen wie die Preise auch. Die beiden Fachleute verwiesen darauf, dass nur Holz mit Erlaubnis aus dem Wald geholt werden darf. Alles andere sei Diebstahl. Doch dies sei bisher noch nie passiert. Allgemein gilt die Faustregel, dass eine Handvoll aus dem Wald geholt werden darf – eine Handvoll Pilze oder auch eine Handvoll Reisig.

„Natur hilft sich selbst“

An verschiedenen Stellen im Wäldchen zeigten die beiden Forstleute auf, was sie machen und wo sie eventuell der Natur einfach ihren Lauf lassen. Direkt am Feld stehen die Bäume recht hoch. Hier schaffen sie kleine Buchten, wenn sie einen Baum entnehmen müssen und versuchen einen stufigen Waldrand aufzubauen. Diese seien ökologisch wertvoll und bei starken Winden käme ein abgestufter Waldrand besser zurecht, wo hohe Bäume einfach schneller knicken können. Etwas tiefer im Wäldchen drin zeigen die beiden Fachleute, wie der Wald aufgebaut ist. In Reihe wurden dort vor 85 Jahren Eichen in Reihen angepflanzt.

Vor 40 bis 50 Jahren wurde die Buche als Schattenbaum in den Unterbau eingebracht. Diese sorgt dafür, dass der Stamm der Eichen astfrei bleibt und schönes, gerades Holz liefert. „Wir gehen mit Fingerspitzengefühl an diese Fläche“, erklärt Ahner. Behindern sich die Kronen der Eichenbäume gegenseitig, nehmen sie Bäume raus. Sie müssen aber aufpassen, dass sie nicht zu viele Bäume rausnehmen, weil dann die Sonneneinstrahlung zu groß ist auf die stehengebliebenen Bäume. Zudem sollen die Flächen nur minimal befahren werden, um den Boden nicht zu stark zu verdichten. Durch die vielen Eichen gibt es im Linterer Wald auch immer Probleme mit dem Eichenprozessionsspinner. Warnungen sind an allen Zugängen vorhanden.

Schauen, was passiert

Und Ströbele weist darauf hin, dass sie Eingriffe in den Baumbestand nur nach ökologischen Gesichtspunkten bewerten und nicht nach der Nachfrage nach Brennholz. Läuft man am Bach vorbei, kommt man an eine relativ große Fläche, wo es immer wieder Nachfragen gibt, wann sich da etwas tut. Dort befand sich eine große Fläche Esche, doch durch das Eschentriebsterben mussten 120 Festmeter auf einmal gefällt werden. Sie haben dann auch überlegt, was sie mit dieser Fläche machen und wollen erstmal abwarten und schauen, was die Natur bringt. Aktuell finden sich auf der Fläche Zitterpappeln, Ulmen und Weiden. Das Problem auf der Fläche ist das Rehwild. Weil der Weg so nah an der Wohnbebauung und zu den Feld- und Radwegen ist, kann dort nicht gejagt werden. Die Rehe fressen jedoch alle jungen Triebe ab. Dennoch möchten sie noch ein wenig warten, denn beiden sind davon überzeugt, dass sich die Natur am Ende selbst hilft.

Insgesamt klang durch, dass sie so wenig wie möglich eingreifen wollen und der Natur ihren Raum geben wollen, denn sie für sich braucht. Dies kostet auch mal Zeit. Ein Waldumbau ist nicht in ein paar Jahren getan, sondern erst in 40 bis 50 Jahren wird man sehen, ob dieser Waldumbau funktioniert. Und auch, wenn die Eichen aktuell gut mit der Dürre zurecht zu kommen scheinen, macht die große Anzahl an Schädlingen ihnen Probleme. Doch egal, welchen Baum man aktuell nehmen würde, jeder habe seine eigene Krankheit, so Ströbele. Bei den Eschen war es das Eschentriebsterben, beim Ahorn ist es die Rußrindenkrankheit. Da helfe nur, die Bäume gut im Blick zu behalten und kranke Bäume rauszunehmen.

Menschengemachte Probleme

So manche Themen im Wald sind aber auch menschengemacht. Dies zeigt sich direkt am Eingang in das Wäldchen von der Birkenstraße aus. Auf dem Eckgrundstück entsteht gerade ein Mehrfamilienhaus, welches keine zehn Meter von der Baumgrenze entfernt steht. Die beiden Forstleute fragen sich nur, wer sowas genehmigen konnte. Früher musste die Wohnbebauung einen Abstand von 30 Metern zum Waldrand haben, doch dies wurde irgendwann gekippt. Bereits jetzt sei abzusehen, dass sich die Bewohner irgendwann über die Bäume beschweren werden, weil das Laub die Regenrinne verstopft oder auf den Balkonen landet. Und wenn mal durch ein Unwetter ein Baum aufs Haus zu kippen droht, muss schnell reagiert werden. Für die älteren Häuser dort am Waldrand soll es wohl Absprachen gegeben haben, dass sie später keine Regressansprüche stellen dürfen. Aber die Unterlagen dazu sind nicht auffindbar.

Bereits jetzt muss dann das Forstamt darauf reagieren. Die Bäume werden bei acht bis zehn Meter gekappt und dürfen nicht höher wachsen. In Absprache mit der Stadt sorgen sie dann dafür, dass nichts passiert. Aber so sollte es nicht sein. Und auch an anderen Stellen im Wald weisen die beiden darauf hin, dass sie „Verkehrssicherungsmaßnahmen nur machen, weil die Menschen durch den Wald gehen.“ Im Gegenzug sind es dann die Menschen, die sich beschweren, wenn Einschnitte gemacht werden. Aber es möchte ja auch niemand, dass den Waldgängern ein Ast auf den Kopf fällt. An den aufgestellten Sitzbänken prüft Ströbele zweimal im Jahr, ob sich über der Sitzfläche Totholz befindet und ob dies entfernt werden muss. Sie regte an, dass eventuell geprüft wird, welche Sitzbänke überhaupt genutzt werden. Insgesamt war es ein interessanter Einblick in den Wald und seine Bewirtschaftung.

 

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

One thought on “„Natur hilft sich selbst“

  • 5. September 2022 um 20:28
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    Schöner Bericht Heike

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