Pfarreiwerdung pastoraler Raum Limburg: „Aus zehn macht eins“
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Am 6. März fand der Auftaktgottesdienst im Limburger Dom statt – bisher zehn Pfarreien sollen zu einer Pfarrei neuen Typs im pastoralen Raum Limburg zusammenwachsen.
Am 1. Januar 2023 soll diese neue Pfarrei dann gegründet werden. Hierbei handelt es sich um einen geistlichen wie auch strukturellen Prozess, bei dem die Gläubigen mitgenommen werden sollen. Mitglieder des Pastoralausschuss geben Einblicke in den Prozess.
Kirche verändert sich
Immer weniger Gläubige gehen in die Kirche, die Austritte nehmen zu und die Todesfälle kommen hinzu. Allein in Elz gibt es seit 2012 16,9 Prozent weniger Katholiken. In Lindenholzhausen sind es 16,9 Prozent, in Eschhofen 12,6 und in Offheim sogar 18,6 Prozent. In St. Marien gab es 2012 noch 4458 Katholiken, heute sind es 3756. Dazu kommt der Mangel an hauptamtlichen Nachwuchs in der Seelsorge. Freigewordene Stellen werden nicht neu besetzt. Aus diesem Grund wurde bereits unter Bischof Franz Kamphaus über die Zukunft der Pfarreien gesprochen. Seitdem haben sich mehrere Pfarreien zur Pfarrei neuen Typs zusammengeschlossen.
Bereits 2016 gründete sich St.Peter und Paul, Bad Camberg. 2019 folgten Heilig Geist Goldener Grund und Heilig Kreuz Oberlahn sowie in 2020 St. Johannes Nepomuk Hadamar und St. Blasius im Westerwald. Mit als letzter pastoraler Raum macht sich Limburg auf den Weg. Die Pfarreien Dompfarrei St. Georg, St. Antonius (Eschhofen), St. Hildegard (limburg), St. Jakobus (Lindenholzhausen), St. Johannes (Elz), St. Josef (Staffel), St. Lubentius (Dietkirchen), St. Marien (Limburg), St. Nikolaus (Dehrn) sowie St. Servatius (Offheim) wollen zusammenwachsen. Zum Auftaktgottesdienst konnten aufgrund von Corona nur 120 Vertreter der Gremien teilnehmen. Aber als sichtbares Zeichen erhielt jede der zehn Gemeinden eine Kerze überreicht, welche jetzt als Symbol des Aufbruchs in den zehn Pfarrkirchen brennt.
Mit letzte Pfarrei im Bistum
Katharina Höhler, Vorsitzende des Pastoralausschuss, zeigt auf, dass eine relativ große Pfarrei auf geografisch engem Gebiet entstehen wird. Damit ist der pastorale Raum Limburg anderen Pfarreien, welche auf größerem geografischen Gebiet verteilt sind, im Vorteil. „Dieses enge Beisammensein ist ein Vorteil, denn in manchen Köpfen sind Teile bereits zusammengewachsen“, so Höhler. Auch wenn Corona bremsend und hindernd auf viele bekannte Dinge einwirkt, so wurde durch die Pandemie auch die Entstehung neuer Ideen befördert. Höhler hofft, dass dieser Schwung auch beim Zusammenwachsen erhalten bleibt. Viele Aufgaben warten auf die Gläubigen. Eine gemeinsame Homepage existiert schon. Der nächste Schritt wäre ein gemeinsamer Pfarrbrief. Aber auch Themen wie Verwaltung, Kindertagesstätten, Vermögen sowie Öffentlichkeitsarbeit müssen angepackt werden. Die einzelnen Pfarreien müssen sich einer Bestandsaufnahme unterziehen und eine Gründungsvereinbarung muss erarbeitet werden.
Wirkte Corona bremsend auf den Prozess, so dass der pastorale Raum Limburg mit als letztes zur Pfarrei neuen Typs wird? Nein, so Dompfarrer Gereon Rehberg. Mehrere Dinge spielten hinein. Zum einen gab es für den Raum eine Stadt-Land-Diskussion. Sollten die Pfarreien aus der Stadt Limburg eine Pfarrei bilden und die Pfarreien aus dem ländlichen Raum eine andere, wurde lange diskutiert. Bischof Georg Bätzing wollte diese Trennung nicht. Zwei Punkte laut Höhler waren auch der Tod von Pfarrer Franz-Josef Kremer aus Elz und der Weggang von Pfarrer Friedhelm Meudt aus Dietkirchen. Aber jetzt habe man sich auf den Weg gemacht.
Gesicht der Kirche vor Ort
Wird der Dom automatisch Pfarrkirche der neuen Pfarrei? Das sei der Wunsch vom Bischof, so Rehberg. Doch er selbst würde dies gerne nochmal zur Diskussion stellen, ob dies so sinnvoll sei. Im Dom sei zu viel reglementiert. Unterstützung erhält Rehberg vom Beisitzer Egon Weidenfeller, der den Meinungsbildungsprozess auch noch nicht abgeschlossen sieht. Der Dom sei bereits Diözesan- und Bistumskirche, da sei es nicht notwendig, dass er auch Pfarrkirche werde. In diesem Punkt ist es Rehberg auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Zusammenwachsen der Pfarreien nicht bedeutet, dass die Sakramente zentralisiert werden.
In anderen Medien wurde bisher der Prozess der Pfarreiwerdung auf die geplanten Veränderungen auf dem Domberg und dem Unverständnis der Gläubigen der Domgemeinde auf diese Maßnahmen reduziert. Im Gespräch mit den Mitgliedern des Pastoralausschuss zeigt sich jedoch, dass die Menschen ganz andere Themen bewegen. „Die Menschen bewegt die Frage, wer am Ende das Gesicht der Kirche vor Ort sein wird, wer der zukünftige Ansprechpartner“, so Höhler. Peter Sehr unterstreicht, dass die Befürchtungen da sind. „Die Menschen haben eine Sehnsucht nach ihrem Pfarrer. Und diese Ängste müssen wir ihnen nehmen.“
Wobei Ulrich Heun anmerkte, dass die Grenzen nicht mehr so starr in den Köpfen der Menschen sind. Bereits jetzt finden Besuche in anderen Gottesdiensten statt und die Menschen wählen am Ende das Angebot, was am besten zu ihnen passt. „Wenn das Gemeindeleben weiterhin stattfindet, dann ist alles gut“, so Heun, Kirche muss vor Ort erlebbar bleiben.“ Und Weidenfeller ergänzt: „Elz-Offheim war früher undenkbar, doch inzwischen sind diese beiden Gemeinden schon zusammengewachsen und alles findet sich langsam.“ Alle seien guten Mutes, dass das Zusammenwachsen klappt. In seinen Augen müssen die Menschen noch stärker das Kirchturmdenken überwinden und über den Tellerrand schauen. Unterstützt wird dieser Prozess, dass sich die Pfarrer in den Kirchen abwechseln, damit die Gläubigen Kontakt zu den verschiedenen Bezugspersonen erhalten.
Einbindung von Ehrenamtlern
Ein Punkt in dem Prozess ist die Einbindung von Ehrenamtlern und da stellt sich die Frage, wie diese für das Amt gewonnen werden sollen. Alle sind sich einig, dass dies eine große Herausforderung sein wird und bei aller Einbindung der Ehrenamtler dürfen diese nicht überlastet werden. Aber für Höhler ist auch ganz klar, dass nicht jede Gemeinde vor Ort Dinge neu erfinden muss. Viel mehr setzt sie darauf, dass sich innerhalb der Pfarrei Gruppen zu einem Thema finden und dann die Synergien nutzen. Wenn dann in Dehrn eine Gruppe ist, die gute Ideen in der Jugendarbeit haben, die funktionieren, dann beraten sie in Offheim, was möglich ist.
Werden alle Pfarreien in der neuen Pfarrei gleichberechtigt sein? Ein weiterer Diskussionspunkt, mit dem sich der Pastoralausschuss befassen muss. Derzeit sind alle gleichberechtigt. In der neuen Struktur wird es einen Pfarrgemeinderat und einen Verwaltungsrat geben und es muss darüber gesprochen werden, die sich diese zusammensetzen. „Wir wollen niemanden abhängen“, so Rehberg. Jedoch gibt er auch zu bedenken, dass Elz mit über 4.000 Mitgliedern die größte Pfarrei ist und Staffel mit rund 450 die kleinste. Und dann muss darüber gesprochen werde, ob beide gleichberechtigt in den Entscheidungen sind.
Hemmung des Prozess durch Corona
Corona hat den ganzen Prozess gewaltig gehemmt und ist auch für die nächsten Schritte eine große Herausforderung. „Das Rinnsal wird zur Zeit gestaut“, drückt es Pfarrer Rehberg in Bildern aus. Auch wenn ein Umschwenken auf das digitale Miteinander funktioniert hat, so fehlen doch die großen Zusammenkünfte, um in Workshops Ideen zu sammeln und sich auszutauschen. Daher wird es eine Herausforderung sein, unter diesen Bedingungen die Menschen mitzunehmen und einzubinden. Daher arbeiten sie derzeit mit Hochtouren an einem gemeinsamen Layout für den Wiedererkennungswert. Zum Ende weist Katharina Höhler darauf hin, dass der Prozess mit dem 1. Januar 2023 nicht beendet ist, sondern dann erst richtig losgeht. Denn dann müssen die Gläubigen die neuen Strukturen mit Leben füllen und „wir müssen das zarte Pflänzchen zum Wachsen bringen.“
Im Pastoralausschuss befinden sich neben der Vorsitzenden Katharina Höhler und dem Pfarrer Gereon Rehberg als priesterlicher Leiter, weiterhin Ulrich Heun als zweiter Vorsitzender und Pastoralreferentin Renate Russ (St. Johannes Elz). Sie gehört mit Pastoralreferentin Katharina Kunkel (St. Hildegard, Limburg und St. Josef, Staffel) und den drei Gemeindereferentinnen Jasmin Jung (St. Lubentius, Dietkirchen und St. Nikolaus, Dehrn), Christa Mohr (St. Servatius, Offheim) und Bernhard Harjung (St. Jakobus, Lindenholzhausen) sowie den Diakonen (im Nebenamt), Heinz-Georg Muth, Bernd Trost und Wolfgang Zernig zum Pastoralteam. Weiterhin gehören die priesterlichen Mitarbeiter Pfarrer Steffen Henrich, Pfarrer Dr. Andrzej Majewski sowie die beiden Pallottinerpatres Pater Antonius Schröers und Benjamin Atanga mit zum Team.
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