Pfarrer Andreas Fuchs: „Ich biete mich einfach mal an“

Um auch in Zeiten der geschlossenen Kirchen für die Bürger da zu sein, sitzt Pfarrer Andreas Fuchs jeden Nachmittag zwei Stunden vor der Pfarrkirche, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. 

„Buona sera“ ertönt es von den vorbeifahrenden Radfahrern. Ein Auto hält an, die Scheibe geht runter und ein fröhliches „Guten Tag“ erschallt. Seit dem 21. März sitzt Pfarrer Andreas Fuchs täglich von 16 bis 18 Uhr vor der Kirche und es findet Kommunikation auf der Straße statt. Für den Pfarrer etwas völlig Neues mit neuen Erlebnissen. Und für die Menschen ein niederschwelliges Angebot auch bei geschlossenen Kirchen nicht auf die sozialen Kontakte verzichten zu müssen. Doch Pfarrer Fuchs freut sich auch darauf, am Sonntag wieder gemeinsam mit seiner Gemeinde einen Gottesdienst feiern zu dürfen.

„Ich biete mich einfach mal an“

Als bekannt wurde, dass es keine Gottesdienste mehr geben darf, stellte sich der Pfarrer die Frage, wie es in der Zeit weitergehen soll. Das Telefon wurde stärker besetzt, die Seelsorge verstärkt, die Internetseite anders gestaltet und in der Kirche wurden Ausdrucke für die Menschen für Gebete ausgelegt. Doch eins war dem Pfarrer schnell klar: „Den Menschen wird dennoch etwas fehlen, nämlich die persönliche Begegnung.“ Er wollte Präsenz zeigen, denn eine Ausgangssperre gab es nicht und so dachte er sich: „Ich biete mich einfach mal an.“ Seit dem 21. März sitzt er seitdem täglich zwei Stunden vor der Kirche und ist selbst über den Anklang überrascht. „Es ist eine Erfolgsgeschichte, hier ist immer etwas los.“

Das spannende sind die kleinen Gesten, wie das Begrüßen quer über die Straße, aber es sind auch die Gespräche, die sich aus einem kleinen „Hallo“ ergeben. Es gab auch Situationen, dass Gespräche in diesem öffentlichen Raum begonnen haben und später in einem anderen Rahmen weitergeführt haben. „Ich habe mit Menschen gesprochen, mit denen ich noch nie gesprochen habe, obwohl ich schon neun Jahre hier wohne“, lacht der Pfarrer. Vorher sei er immer mit dem Auto unterwegs gewesen und nie so ins Gespräch gekommen. Dies ist für ihn eine völlig neue Erfahrung. Seine positive Ausstrahlung ist ganz angenehm in diesen Tagen. Dieses Gottvertrauen, dass alles irgendwie wird.

Gemeinsame Gottesdienste fehlen

Als freitags im März angekündigt wurde, dass ab Montag erstmal keine Gottesdienste mehr gefeiert werden durften, war für Pfarrer Fuchs schnell klar, dass dies ein besonderer Gottesdienst werden muss. „Der letzte Gottesdienst sollte so sein, dass wir uns gut daran erinnern.“ Und so hat er, als die Gemeinde gemeinsam „Großer Gott, wir loben Dich“ sang, alle Glocken läuten und in der Kirche alles, was ging, bimmeln lassen. „Es war sehr bewegend für mich.“ Die Rührung über diesen letzten Gottesdienst war ihm auch im Gespräch anzumerken. In der Zeit, in der keine Messen mit der Gemeinde zelebriert werden durften, zelebrierte er diese auch nicht alleine als Livestream, wie es andere Pfarrer und auch der Bischof gemacht haben. „Ich bin es gewohnt, nicht alleine, sondern nur mit Gemeinde zu zelebrieren“, so der Pfarrer, „daher habe ich genauso den Entzug gespürt wie meine Gemeindemitglieder.“

Am Sonntag findet der erste Gottesdienst wieder statt, natürlich mit den gebührenden Abstand sowie Einhaltung der Hygieneregeln. „Ich freue mich jetzt wieder auf den Gottesdienst, denn ich habe Sehnsucht nach der Feier der gemeinsamen Eucharistie.“ Auch darf es keinen Gemeindegesang und keinen Chorgesang geben. „Ich kann zwar nicht mit meiner Gemeinde singen, aber im Herzen“, so Pfarrer Fuchs. Er möchte jetzt auch in die Gespräche gehen, wie es mit der Erstkommunion und der Firmung aussieht. Wie können diese Feste unter den derzeitigen Bedingungen gestaltet werden, ist die Frage, welche er gerne klären möchte. Eines ist ihm klar. Die Gottesdienste und Feiern sollen unter den gegeben Umständen so feierlich wie möglich gestaltet werden und dann müsste man experimentieren und schauen, was geht.

In der Krise dem Glauben zugewendet

Doch nicht nur die Gottesdienste fanden plötzlich nicht mehr statt. Auch der Weg der Pfarreiwerdung wurde je ausgebremst. Im Januar wurde noch groß die Gründung der neuen Pfarrei gefeiert und plötzlich ging es nicht mehr weiter. Der Verwaltungsrat hat sich noch nicht konstituiert, so dass wichtige Bestandteile der neuen Pfarrei fehlen. Doch der Glauben ist nicht ausgebremst. Viel mehr erkennt Pfarrer Fuchs eine Zuwendung zum Glauben. Dies erkennt er vor allem an der Anzahl der Kerzen, welche überall an den religiösen Orten wie die Herzenbergkapelle angezündet werden.

Und Pfarrer Fuchs sieht auch eine Chance in der Krise. Nämlich das der Mensch erkennt, dass er kein Einzelwesen ist, denn der Mensch hat das Bedürfnis nach einem Gegenüber. „Die Werte werden uns wieder bewusster. Wir merken, dass wir nicht dazu gemacht sind, alleine zu sein“, sagte er. Ihm sei auch die Frage gestellt worden, wie Gott dies zulassen kann. Seine Antwort darauf: „Gott schickt kein Leid, es gehört zum Leben dazu. Aber er lässt uns im Leid nicht alleine und ist an unserer Seite.“ Er habe den höchsten Respekt vor allen, die derzeit politische Entscheidungen treffen müssen. Erst später könnte man wirklich beurteilen, ob diese alle so richtig waren.

Bis Pfingsten Angebot machen

Bis Pfingsten möchte Pfarrer Fuchs noch täglich da sitzen, denn auch wenn jetzt die Gottesdienste wieder gefeiert werden dürfen, dann nur mit eingeschränkter Besucherzahl. Daher möchte er bis Pfingsten dieses niederschwellige Angebot machen. „Es tut den Menschen gut und auch mir“, so der Pfarrer. Daher möchte er auch nach Pfingsten dieses Angebot seinen Gemeindemitgliedern machen. Dann zwar nicht mehr täglich, aber dennoch als ein Angebot mit einem regelmäßigen Rhythmus. „Dies ist ein Gewinn der Krise, welchen ich mitnehmen möchte“, so der Pfarrer abschließend.

Informationen zu den Gottesdiensten

Am Sonntag, 10. Mai finden um 10.45 Uhr jeweils folgende Gottesdienste statt: Hadamar, Obertiefenbach, Oberweyer, Oberzeuzheim und Steinbach.

Am Sonntag, 17. Mai finden um 10.45 Uhr folgende Gottesdienste statt: Ahlbach, Hadamar, Niederhadamar, Niedertiefenbach und Niederzeuzheim.

Der Zugang zu den Kirchen ist beschränkt, daher ist eine Voranmeldung im Pfarrbüro sinnvoll. Mo-Fr (außer Mittwoch) von 9 bis 11 Uhr sowie Di und Do von 14 bis 16 Uhr unter 06433 930 50.

Den Gottesdienstbesuchern wird ein Platz von einem Ordner zugeordnet. Am Eingang steht Desinfektionsmittel bereit. Beim Betreten der Kirche sowie Verlassen muss ein Mundschutz getragen werden. Zudem ist ein Mindestabstand von 1,50 m einzuhalten. Vor und nach dem Gottesdienst sind Ansammlungen zu vermeiden.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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