Schule zu Corona-Zeiten Teil 1: „Bildung darf nicht auf Glück beruhen“
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Wie läuft es mit den Schulen in der Pandemie? Es ist eine „bildungspolitische Kernschmelze“, so die SPD Landtagsfraktion Hessen. Der Landtagsabgeordnete Tobias Eckert zeigt auf, was falsch läuft und was seiner Meinung nach der bessere Weg wäre.
Schule in der jetzigen Zeit kann funktionieren oder nicht. Engagierte Lehrer sorgen dafür, dass eine Vermittlung von Lernstoff stattfindet oder eben nicht. Schulen können mit einheitlichem Konzept für alle Klassen arbeiten oder nicht. Kontrollieren tut dies keiner und am Ende haben die Schüler:innen Glück oder auch nicht, sind die Eltern zufrieden oder eben auch nicht. Doch dies ist laut Tobias Eckert der falsche Weg, denn seiner Meinung nach darf Bildung nicht auf Glück beruhen.
„Bildungspolitische Kernschmelze“
Seit Montag sind die Ferien vorbei. Ab der 7. Klasse ist Distanzunterricht. Für die 1. bis 6. Klasse herrscht keine Präsenzpflicht, aber wer sein Kind zu Hause nicht betreuen kann, darf es zur Schule schicken. Die Abschlussklassen gehen zur Schule. Als der schulische Weg des Landes Hessens bekannt wurde, titelte die SPD Hessen: „Planlos durch die Krise: Schwarz-grün beschließt bildungspolitische Kernschmelze“. Weiter äußerte sich die Landtagsfraktion so, dass die Aufhebung der Präsenzpflicht für die Klassen 1 bis 6 praktisch bedeuten würde, dass jeder selbst schauen muss, wie er zurechtkommt. „Das ist nicht nur unverschämt gegenüber den Eltern, sondern vor allem verantwortungslos gegenüber den Schüler:innen, deren Recht auf Bildung verletzt wird. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass alle Kinder Zugriff auf die gleichen technischen Mittel haben.“
Tobias Eckert sieht Probleme darin, wie in Hessen Schule organisiert wird: „Es ist eine Glücksfrage, ob es funktioniert oder nicht.“ Und in seinen Augen darf dies nicht sein. Bereits bestehende Unterschiede in der Bildung werden durch die Krise noch weiter verschärft, einzelne Schüler bleiben dabei auf der Strecke.
Schon vor den Sommerferien richtete die SPD-Landtagsfraktion den Appell an die Regierung, die Schule in einem Wechselsystem zu organisieren, so dass immer nur halbe Klassen zusammen Unterricht haben. Bereits nach den Herbstferien hat der Landkreis Limburg-Weilburg aufgrund der hohen Inzidenzen ein Wechselsystem beschlossen. Von der Landesregierung kam bis zu den Weihnachtsferien das Signal, dass der Wechselunterricht kein Thema sei. Dabei präferiert nicht nur die SPD das Wechselmodell.
Wechselmodell als Lösung
Unterstützung erhält sie von der Lehrergewerkschaft sowie den Eltern- und Schülerverbänden. Bei diesem Modell wären nicht alle nur zu Hause und in der Schule werden Kontakte reduziert, so Eckert. Aber so, wie es derzeit läuft, fehlt die Planung und jeder wird sich selbst überlassen. Die Schulen sollen selbst schauen, wie sie den Distanzunterricht verwirklichen. Die Eltern müssen entscheiden, ob sie ihre Kinder zu Hause lassen können oder nicht. Eigentlich sollen sie es, aber nicht immer können sie es. Und die Eltern sind allein dabei, um zu schauen, wie sie alles umgesetzt bekommen. Am Ende bleiben die Kinder dabei auf der Strecke.
Da der digitale Unterricht nicht flächendeckend funktioniert, wäre bereits jetzt in den Augen von Eckert der Wechselunterricht das Mittel der Wahl. Die Klassen werden dadurch entzerrt und Kinder, bei denen es mit dem digitalen Unterricht nicht funktioniert, aufgrund der Technik oder wegen der mangelnden Motivation, hätten so den Lehrerkontakt und Unterricht. Sie blieben nicht gänzlich auf der Strecke. Distanz- sowie Präsenzunterricht könnten in einem ausgewogenen Verhältnis stattfinden. „Doch so wie es derzeit läuft, kommen auch Schulen ohne Konzept damit durch“, kritisiert Eckert, „Es bedarf Vorgaben und nicht einfach sagen, dass jeder es so machen soll wie er will.“
Festhalten an bestehenden Strukturen
Nicht nur die fehlenden Konzepte kritisiert Tobias Eckert. Bei all der besonderen Situation kann er nicht verstehen, dass Kultusminister Alexander Lorz weiterhin am bestehenden Curriculum für die Prüfungen festhält. Dies würde zusätzlichen Druck bei den Lehrern erzeugen, unbedingt den ganzen Stoff für die Prüfungen noch durchzunehmen. Völlig unberücksichtigt bleibt dabei, dass seit Wochen kein normaler Unterricht mehr stattfindet. Nicht nur eine schwerere Situation durch den Distanzunterricht liegt vor. Auch fand bereits im letzten Jahr teilweise kein Unterricht statt, wenn sich Lehrer oder sogar ganze Klassen in Quarantäne befanden. „Wir haben eine veränderte Situation, aber halten an den gleichen Bedingungen für Abschlüsse fest“, so Eckert. Er würde sich wünschen, wenn das Land Hessen von den zentralen Prüfungen abweicht und mehr Flexibilität zulässt. Statt drei Vorlagen für Prüfungen könnte die Lösung sein, mehr Musterprüfungen zu erstellen, um jeder Schule gerecht zu werden.
Seit Ende April würde das Thema Schule und Bildung immer wieder im Landtag diskutiert. „Aber der Kultusminister weigert sich, etwas zu machen.“ Für kommende Woche hat die SPD Landtagsfraktion einen dringlichen Berichtsantrag gestellt. Sie möchte wissen, wie eine Benotung der Leistungen der Schülerschaft erfolgen kann. Das Land soll Vorgaben machen, was geprüft und benotet werden darf. „Ich hoffe, dass man sich Gedanken macht, wie es weitergeht“, so Eckert abschießend.
Pressemitteilung Kultusministerium 15. Januar: Kultusminister Alexander Lorz möchte kein „Abitur light“
Unterstützung beim Schulamt
Aufgrund der fehlenden Konzepte vom Land Hessen und den unterschiedlichen Umsetzungen durch die Schulen fragte ich bei der Pressestelle des Kultusministeriums Hessen nach, ob eine Überprüfung der verschiedenen Konzepte an den Schulen stattfindet, um eventuell nachzusteuern, falls es nicht so gut läuft. Dies verneinte die Pressestelle. Jedoch hätte alle Schulen umfangreiche Unterlagen und Hinweise bekommen, wie die Schulen den Unterricht im Rahmen der einzelnen Stufen gestalten können. Die Schulämter vor Ort würden zudem die Schulen unterstützen, wenn es Probleme in der Umsetzung gibt. Auf die Frage, ob Schulen über das Kultusministerium die Möglichkeit haben, Konzepte für den Unterricht zu erhalten, fand ebenfalls ein Verweis an das zuständige Schulamt statt, welches die Schulen unterstützt.
Der Verband Bildung und Erziehung zeigt zwar Verständnis für das Kultusministerium, denn die Situation ist für alle eine Herausforderung. Aber insgesamt gibt es dem Ministerium die Note „mangelhaft“, Note 5. Mehr dazu in einem Podcast von hr-Info Politik.
Wie sieht es bei den Eltern aus? Und was sagt der Kreiselternbeirat? Mehr dazu im zweiten Teil.
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