Schule zu Corona Zeiten Teil 2: Bildungsungerechtigkeit nimmt zu
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Wie läuft es mit den Schulen in der Pandemie? Wie zufrieden sind die Eltern in der jetzigen Situation?
Seit Montag sind die Ferien vorbei. Ab der 7. Klasse ist Distanzunterricht. Für die 1. bis 6. Klasse herrscht keine Präsenzpflicht, aber wer sein Kind zu Hause nicht betreuen kann, darf es zur Schule schicken. Die Abschlussklassen gehen zur Schule. Laut dem Schulamt für die Kreise Limburg-Weilburg und Lahn-Dill würden 943 von 6161 Schülern in den Jahrgangsstufen 1 bis 4, das entspricht 15,3 Prozent, in die Schule gehen. Für den Präsenzbetrieb Klasse 5 und 6 seien 162 Schüler von 2866 (5,7 Prozent) gemeldet worden. Weiterhin gehen von den Abschlussklassen rund 1000 Schüler:innen an den allgemeinbildenden und rund 2000 Schüler:innen an den beruflichen Schulen in den Präsenzunterricht. (Quelle Nassauische Neue Presse)
Es läuft unterschiedlich gut
Im ersten Lockdown wurden alle von den Ereignissen überrollt. Es war für alle Seiten eine Herausforderung. Als nach den Sommerferien die Schule erstmal normal weiterging, war die Freude groß. Schule ist nicht nur Vermittlung von Bildung. Sie ist für die Kinder ebenfalls wichtig wegen den sozialen Kontakten. Und doch war den meisten bewusst, dass es zu einem erneuten Lockdown kommen könnte. Und so manch einer hätte sich gewünscht, dass sich mehr Gedanken über schulische Konzepte gemacht worden wäre.
Fragt man bei den Eltern nach, so läuft Schule sehr verschieden ab. Einige Eltern loben engagierte Lehrer, die sich von Anfang bemüht haben, die Kinder weiterhin abzuholen. In manchen Klassen gibt es Strukturen, denn es findet Unterricht in Form von Videokonferenzen nach Stundenplan statt. Oder es werden in der Schule einheitliche Strukturen vorgegeben mit zwei Videokonferenzen am Tag – morgens, um die Kinder zu begrüßen und die Aufgaben mit ihnen durchzusprechen und mittags, um die Lösungen zu kontrollieren. Aber es gibt noch immer Lehrer, die ihren Schülern nur Arbeitsblätter an die Hand geben, sich keine Mühe um eine mögliche Tagestruktur machen und wo sich die Eltern alleine gelassen fühlen.
Was zudem häufig kritisiert wird, sind die unterschiedlichen Plattformen, mit denen die Lehrer arbeiten. Teilweise ist es Aufgabe der Eltern, alle Informationen von den unterschiedlichen Plattformen zusammenzusuchen. Das mag bei einem Kind noch gehen, ab zwei Kindern gestaltet sich dies schon als Herausforderung. Und würde dies nicht reichen, kämpfen die Familien mit überlasteten Plattformen und instabilen Internetverbindungen. Und als ob dies noch nicht reicht, kommt noch die schwindende Motivation bei den Kindern hinzu.
Bildungsgerechtigkeit ist Theorie
Wie bereits im gestrigen Beitrag Tobias Eckert, MdL, (SPD) anmerkte, dass Bildung keine Sache von Glück sein darf, sagt auch Björn Jung, der Vorsitzende vom Kreiselternbeirat: „Bildungsgerechtigkeit. Gleiche Chancen. Alles Theorie“. Die Verantwortung wird von oben nach unten abgeschoben – vom Land Hessen auf die Schulämter und Schulen und am Ende auf die Eltern. Seiner persönlichen Meinung nach hilft nur ein harter Lockdown bis in die Wirtschaft hinein, damit es eine Phase der Ruhe gibt. Stattdessen ziehe sich aber „dieses Halbgare“ die ganze Zeit weiter. Und er kritisiert, dass die Konzepte fehlen. Bereits vor Corona gab es eine Bildungsungerechtigkeit. Diese verschärft sich weiter durch die Pandemie. Jung geht davon aus, dass einige Kinder bildungstechnisch in der Krise abgehängt werden.
Wenn etwas gut läuft, dann geht es häufig auf die Initiative der Schule selbst zurück. „Die Schulen suchen sich, was sie brauchen“, so Jung, „Unterstützung von der Politik oder der schulischen Verwaltung erhalten sie dabei nicht.“ So könnte er sich vorstellen, dass die Schulen ein Stück weit mehr Freiheit in ihren Umsetzungen erhalten, wenn sie ein freies Budget zur Verfügung hätten. „Die Schulen sollten ein Digitalbudget für Anschaffungen besitzen“, so seine Meinung. Wobei er auch einräumen muss, dass der Landkreis Limburg-Weilburg im Vergleich zu anderen Landkreisen bereits gut aufgestellt ist.
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Wahl der Elternbeiräte
Für ihn und seine Vorstandskollegen liegt jetzt das Augenmerk auf den Abschlussklassen, dass diese gut durch die Prüfungen kommen sowie auf die ersten Klassen, wo der Grundstein für die weitere Bildung gelegt wird. Dafür sind sie im stetigen Austausch mit den Schulen, dem Landeselternbeirat sowie dem Schulamt. Vor allem die Zusammenarbeit mit dem Schulamt lobt Jung, welches immer Antworten auf alle Fragen gibt und wo ein gutes Miteinander besteht.
Für den Vorsitzenden des Kreiselternbeirates kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Die Wahl der Elternbeiräte von der Schule bis zum Landeselternbeirat müssen in einer Präsenzveranstaltung stattfinden. Manche Schulen haben es noch geschafft, ihre Elternbeiräte zu wählen, doch in anderen Schulen fanden die Wahlen noch gar nicht statt. Da fehlt Jung eine Klarheit, wie damit umgehen, doch auf seine Fragen erhält er keine Antworten. „Wir können momentan nichts richtig nur, nur das Beste draus machen“, so Jung.
Stimmungsbild bei den Eltern
Bereits im November haben verschiedene Kreiselternbeiräte aus Hessen ein Stimmungsbild bei den Eltern eingeholt. Über 62.000 Eltern haben an dieser Umfrage teilgenommen. Die Eltern fühlen sich weitestgehend gut durch ihre Schulen und Elternbeiräte informiert. Eher negativ bis neutral war die Abstimmung zur Informationspolitik durch das Gesundheitsamt hinsichtlich Quarantäne-Maßnahmen sowie Teststrategien. Die Maßnahmen im Landkreis, wo es nach den Herbstferien bereits in das Wechselmodell ging, kam bei den Eltern sehr gut an und sie präferieren ein Beibehalten dieser Möglichkeit. Bei den jüngeren Kindern wünschten sich die Eltern Luftfilteranlagen, CO2-Messgeräte sowie den Verzicht auf Sport und getrennt konfessionellen Religionsunterricht. Bei der älteren Schülerschaft stand die Sicherheit durch den ÖPNV, Verbesserung digitaler Plattformen sowie Videounterricht als Maßnahmen auf der Wunschliste.
Akzeptanz für Maßnahmen
Verschärfungen würden die Eltern akzeptieren, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Eine Lockerung gaben Eltern an aufgrund der sozialen Kontakte. Manche Eltern sprachen sich für eine Lockerung aus, weil die Infektionsgefahr in den Schulen überbewertet sei. Die meisten Eltern gaben an, dass die Schulen zwar alle notwendigen Vorbereitungen für den Distanzunterricht getroffen hätten, aber nicht wirklich darauf vorbereitet sind. Damit einhergehend könnte die Qualität im Distanzunterricht nicht gehalten werden. Dennoch sahen die Eltern, die an der Umfrage teilnahmen, die Entwicklung ihrer Kinder sowie die beruflichen Chancen trotz der Situation nicht beeinträchtigt.

Im Teil 1 zum Thema Schule kommt Tobias Eckert zu Wort, der die Art des Kultusministeriums kritisiert und sich eine andere Umsetzung zum Thema wünschen würde. Den Beitrag findet ihr hier: „Bildung darf nicht auf Glück beruhen“
Pressemitteilung Kultusministerium: Kultusminister Alexander Lorz möchte kein „Abitur light“