Schutz älterer Menschen vor Hitze

Das erste Hitzewochenende steht uns bevor. Und es wird nicht das einzige in diesem Jahr bleiben. Hitze birgt gesundheitliche Risiken für uns. Besonders betroffen davon sind vor allem auch ältere Menschen.

Wie können wir die Senioren schützen? Wie gehen Senioreneinrichtungen damit um und wie können alte Menschen unterstützt werden, die noch selbständig wohnen? Darüber sprach ich mit dem Caritasverband für den Bezirk Limburg sowie dem Malteser Hilfsdienst in der Diözese Limburg.

Erste Hitzewochenende 2022

Bereits am gestrigen Donnerstag wurde vielerorts die 30 Grad-Marke geknackt. Die heiße Luft aus Afrika trifft uns mit extremer Wucht und lässt die Temperaturen in die Höhe schießen. Temperaturen über 25 Grad entsprechen laut Definition einem Sommertag, über 30 Grad spricht man von einem Hitzetag und ab 35 Grad von einem Wüstentag. Liegen die Temperaturen fünf Tage oder mehr hintereinander über 30 Grad, so spricht man von einer Hitzewelle. Seit den 50er Jahren haben sich die Hitzetage in Hessen verdoppelt und liegen im Schnitt bei 11,8 Hitzetagen. Pro Jahrzehnt kommen im Schnitt 2,3 Hitzetage hinzu. (Quelle GDV Die Deutschen Versicherer – Untersuchung mit Daten des Deutschen Wetterdienstes) Dies sind die durchschnittlichen Hitzetage, wobei es vereinzelte Rekorde gibt wie 43 Hitzetage im Jahr 2018 in Frankfurt/ Main (Quelle Deutsche Wetterdienst)

Die beiden Journalisten Nick Reimer und Toralf Staudt zeigen in ihrem Buch „Deutschland 2050 – Wie der Klimawandel unser Leben verändert wird“ sehr ausführlich auf, mit welchen gesundheitlichen Problemen der menschliche Körper bei Hitze zu kämpfen hat. Der menschliche Körper produziert durch seine Stoffwechselprozesse, bei der Bewegung, beim Atmen ständig Wärme. Die Körpertemperatur liegt um die 37 Grad. Wenn der Körper überhitzt, wird es gefährlich. „Ab einer Kerntemperatur von etwa 39 Grad Celsius wird es ungemütlich, ab 41 Grad gefährlich, 43 Grad sind tödlich“, ist in dem Buch zu lesen.

Gesundheitliche Probleme bei Hitze

In der Hitze fällt es schwierig, sich abzukühlen. Der Mensch kann sich weniger bewegen. Doch selbst die Basisfunktionen würden den Körper pro Stunde um ein Grad Celsius erwärmen, schreiben die beiden Journalisten. Daher braucht der Körper eine funktionierende Wärmeabfuhr und dies ist das Schwitzen. Diese Notkühlung braucht wiederum sehr viel Flüssigkeit, dies kann bis zu einem Liter pro Stunde betragen. Trinkt der Mensch also nicht genügend, während er bei Hitze schwitzt, dass dies ebenfalls gesundheitliche Probleme verursachen. Kommt dann zur Hitze noch eine hohe Luftfeuchtigkeit hinzu, ist auch die Notkühlung nicht mehr effektiv. „Hitzekrämpfe, Hitzeerschöpfung, Hitzekollaps, Hitzschlag drohen“, so das Resümee der beiden Journalisten.

Wir genießen die Sommertage, die etwas von Urlaub im Süden haben und blenden dabei häufig die Gefahren aus. Bereits vor zehn Jahren warnte eine Kommission des renommierten Medizin-Fachblatts The Lancet „Der Klimawandel ist die weltgrößte Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert.“ Und das betrifft nicht die Zukunft. Eine Hitzewelle im Jahr 2003 forderte 7.600 Todesopfer, zeigen die beiden Journalisten auf. Besonders die älteren Menschen sind bei Hitze besonders gefährdet. Sie haben Vorerkrankungen, ein geschwächtes Herz-Kreislauf-System, trinken vielleicht auch weniger und schwitzen weniger. Bei bettlägerigen Menschen ist es nochmal schwieriger, die Hitze des Körpers abzuführen. Wie sind die Systeme hier vor Ort darauf vorbereitet, wenn die Hitze in den nächsten Jahren weiter zunimmt?

Aktionspläne für Senioreneinrichtungen

Othmar Hicking, Leiter der Seniorendienste beim Caritasverband für den Bezirk Limburg zeigte auf, wie das Thema Hitze in den sieben Senioreneinrichtungen im Landkreis Limburg-Weilburg gehandhabt wird. Für die Mitarbeitenden in den Einrichtungen gibt es Verfahrensanweisungen, wenn der Deutsche Wetterdienst eine Hitzewarnung herausgibt. Diese Anweisungen hängen an zentralen Stellen in den Einrichtungen aus und die Mitarbeitenden sind angehalten, diese zu befolgen. Zum einen geht es darum, die Hitze draußen zu halten durch geschlossene Fenster und Rollläden. Die Bewohner sollen direkte Sonneneinstrahlung meiden.

Zudem erhalten die Bewohner der Einrichtungen kostenlose Getränkeangebote sowie kühlende Waschungen. „Unsere Mitarbeiter beobachten die Menschen, sprechen diese auch an und geben ihnen eventuell auch den Rat, leichtere Kleidung zu tragen“, so Hicking. In ihren Einrichtungen habe die Caritas bisher keine klimatisierten Räumlichkeiten, aber sie bietet schattige Räume an, in welche sich die Bewohner an heißen Tagen zurückziehen können.

„Im fünfstelligen Bereich haben wir für außenliegende Sonnenschutzmaßnahmen investiert und rüsten auch in diesem Jahr die Gebäude weiter nach“, so Hicking. Diese Maßnahmen wurden auch im neusten Projekt, der Sanierung des St. Josefshaus in Elz umgesetzt. Die Caritas macht sich ebenfalls Gedanken, wie sie dem Klimawandel begegnet. Im Josefshaus wurde auch LED-Technik umgerüstet. Dies spart Energie und spart dadurch CO2-Emissionen. Insgesamt befindet sich das sanierte Gebäude auf einem stromsparenden Stand. Aus Kostengründen sei kein kompletter Austausch der Fenster möglich gewesen. Doch das Gebäude sei bereits gut gedämmt und habe eine gute Wirtschaftsbilanz. St. Blasius in Frickhofen sei sogar ein Niedrigenergiehaus, dass die Hitze von vorne herein nicht so ins Gebäude kommt.

Schutz der Senioren über den Hausnotruf

Bisher haben die Pläne sehr gut gegriffen, so Hicking, so dass in den letzten Jahren auch keine Krankenhausaufenthalte von Bewohnern aufgrund der Hitze notwendig waren. Abschließend weist er darauf hin, dass sie die Handlungspläne auch stetig an die Situation anpassen.

Die eine Seite sind die älteren Menschen in Senioreneinrichtungen, wo den ganzen Tag Ansprechpartner vorhanden sind und auf Probleme reagieren können. Doch was ist mit den Senioren, die noch zu Hause selbstbestimmt leben? Diese haben die Möglichkeit, über den Hausnotruf des Malteser Hilfsdienst in der Diözese Limburg, die Malteser zu kontaktieren. Mike Löw, Leiter der Dienststelle Westerwald-Limburg, gab Einblicke in das Thema. Die Maltester betreuen über 900 Senioren über den Hausnotruf.

Die Hitze macht sich bei den Maltesern schon bemerkbar. So stiegen in den vergangenen beiden heißen Sommern, an denen die Temperaturen die 30-Grad-Marke überschritten, die Notrufe in der Hausnotrufzentrale. Über zehn Prozent mehr Notrufe seien eingegangen. „Diese Tendenz erwarten wir auch in diesem Jahr“, so Löw. Insgesamt habe die Thematik gesundheitliche Probleme bei Hitze an Bedeutung gewonnen. „Der Malteser Hilfsdienst gibt deshalb immer wieder Tipps für ältere Menschen und ihre Angehörige, welche Tücken die Hitze mit sich bringt und wie gesundheitlichen Problemen vorgebeugt werden kann. Wir veröffentlichen hierzu z.B. Presseinformationen, informieren auf unseren Internetseiten, in Social Media und in unserem Online-Medium „aware“.“

Tipps für Hitzetage

Mike Löw hat ebenfalls einige Tipps für die Senioren, wie sie an Hitzetagen agieren sollen.

  • Mindestens 1,5 Liter trinken – dies sollte im Einzelfall auch mit dem Hausarzt abgestimmt werden
  • Treten Symptome wie Schwindel oder Verwirrtheit auf, sollte der Hausnotrufknopf gedrückt oder der Arzt kontaktiert werden

Das Trinken ist ein sehr wichtiger Punkt, denn mit dem Alter lässt das Durstgefühl nach und die Senioren vergessen häufig auch das Trinken. „Flüssigkeitsmangel ist ein häufiger Grund für Kreislaufprobleme bei älteren Menschen“, weiß Löw und zeigt mögliche Anzeichen wie Müdigkeit, ein trockener Mund, Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten, eine verwaschene Aussprache oder gar Verwirrtheit auf. „Mit einem kleinen Trick kann man sich selbst überprüfen: Kneifen Sie die Haut am Unterarm zusammen. Bleibt sie stehen, haben Sie zu wenig getrunken“, so Löw.

Zudem steigt bei großer Hitze der Flüssigkeitsbedarf an und ist individuell unterschiedlich. Daher empfehlen die Malteser die Rücksprache mit dem Hausarzt. Besonders gut geeignet sind Mineralwasser, ungezuckerte Kräuter- und Früchtetees sowie Obst- und Gemüsesäfte. Letztere sollten mit Wasser verdünnt werden. Auch Kaffee kann zur Flüssigkeitsbilanz hinzugerechnet werden.

Hilfreich ist es dabei, sich selbst ans Trinken zu erinnern. Dies ist durch einen einfachen Trick möglich, so Löw, indem man an Plätzen in der Wohnung, an denen man sich häufig aufhält, ein Getränk hinstellt, ein Glas Wasser zum Beispiel mit einer Wasserflasche daneben. So kann man gleich nachgießen, wenn man das Glas geleert hat und muss beim nächsten Mal nur noch zugreifen. „Das ist gut gegen den „inneren Schweinehund“. Zudem sollte man zu jeder Mahlzeit etwas trinken.“

Hitze und Senioren im Klimawandel
Viel trinken ist der wichtigste Tipp bei Hitze

Klimaneutralität bei den Maltesern

Zum Schluss steht die Frage, ob die Malteser neben der Hitze auch andere Aspekte des Klimawandels berücksichtigen. Grundsätzlich sind alle Angebote und Leistungen des Malteser Hilfsdienstes auf die Bedürfnisse und Bedarfe der Menschen ausgerichtet, die auf Hilfe angewiesen sind, so Löw. „Dies bedeutet, dass wir auch Senioren dort unterstützen, wo wir Versorgungslücken feststellen, das hat oberste Priorität, auch beim Hausnotruf.“

Daneben ist der Malteser Hilfsdienst ebenfalls bestrebt, klimaneutral zu werden. Dies wollen sie mit dem Dreiklang Vermeiden, Reduzieren, Kompensieren erreichen. „Trotz aller Bemühungen lassen sich nicht alle CO2-Emissionen reduzieren oder vermeiden. Um so schnell wie möglich klimaneutral zu werden, nutzen wir von Anfang an die Kompensation. Dabei werden alle übrig gebliebenen CO2-Emissionen durch Kompensationsprojekte ausgeglichen, die genau unsere Mengen an verursachtem CO2 an anderer Stelle einsparen“, zeigt Löw abschließend auf.

Während andere Länder wie die Schweiz, Österreich, Belgien und Frankreich nach dem Hitzesommer im Jahr 2003 schnell reagierten und Hitzeaktionspläne für ihr Land aufstellten, gibt es in Deutschland keine einheitlichen Richtlinien. Im Jahr 2017 einigte man sich auf Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen. Systematische Strukturen fehlen bis heute. Laut den beiden Journalisten Nick Reimer und Toralf Staud konnte man sich nicht auf eine bundeseinheitliche Regelung einigen. Das Thema Gesundheit ist bei den Kommunen und Ländern angesiedelt. Es wurde daher stark darauf geachtet, dass sich der Bund nicht in deren Kompetenzen einmischt.

 

 

 

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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