Schutz der Wildbienen oder wie man eine Nisthilfe baut

Über 600 Wildbienenarten gibt es in Deutschland. Doch leider grenzen wir Menschen ihren Lebensraum immer mehr ein. Was die Menschen jedoch machen können, um dem entgegenzuwirken, zeigte Insektenexperte Karsten Klenke bei einem Vortrag auf. Zu diesem Vortrag haben die Grünen Weilburg eingeladen.

Die Honigbiene ist jedem bekannt. Doch dass es über 600 Wildbienen gibt, weiß nicht jeder. Durch Einschlüsse im Bernstein ist bekannt, dass sich die Bienen vor 110 Millionen Jahren mit der Entwicklung der Blütenpflanzen entwickelten. „Die meiste Zeit sind die Wildbienen ohne den Menschen fertig geworden“, so Karsten Klenke. Doch das menschliche Leben grenzt immer mehr den Lebensraum der Wildbienen ein.

Solitäre Spezialisten

Die Wildbienen sind Hautflügler und gehören zu den Insekten. Wespen und Bienen lassen sich von den Fliegen unterscheiden, weil sie vier Flügel besitzen, drei Punktaugen auf der Stirn sowie längere Fühler als Fliegen. Dies sagt Klenke dazu, denn es gibt einige Schwebefliegen, die sich durch Mimikry tarnen und vorgeben, eine Biene zu sein. Von wenigen Millimetern bis hin zu einigen Zentimetern groß können die Wildbienen sein. Manchen Arten lassen sich nur durch eine unterschiedliche Äderung der Flügel unterscheiden. In Deutschland stehen sie unter Naturschutz. Nur mit Genehmigung der oberen Naturschutzbehörde, welche Karsten Klenk besitzt, dürften diese für wissenschaftliche Zwecke gesammelt werden.

Im Gegensatz zu den Honigbienen leben die meisten Wildbienen solitär und sind Spezialisten. Dies bedeutet, dass sie ihren Pollen nicht an vielen Pflanzen Sammeln wie die Honigbiene (polylektisch), sondern auf eine Pflanzenart spezialisiert sind (oligolektisch). „Viele Gartenpflanzen wie Petunien oder Geranien sehen schön aus“, so Klenke, „aber den Wildbienen bringen sie nichts.“ Mit dem Klimawandel, dem wärmeren Wetter oder dem länger anhaltenden Sommer kommt es auch zu Zuwanderungen neuer Bienenarten. Doch diese sind selten Konkurrenz für die vorhandenen Wildbienen aufgrund ihrer Spezialisierung.

„Insektenhotels“ für die Wildbienen

Zum einen fehlt den Insekten der Raum, ihre Eier abzulegen. Auch hier sind die Wildbienen spezialisiert. Die einen bevorzugen Holz, die nächsten Stein, die nächsten wieder sandigen Boden. Allein an Sandbienen gibt es über 150 Arten in Deutschland. Wenn die Menschen an Unterstützung für die Insekten denken, denken sie zuerst an ein Insektenhotel. Wobei Karsten Klenke diesen Begriff aus seinem Wortschatz gestrichen hat, denn es sei kein Hotel. Er bezeichnet diese lieber als Nisthilfen. Holznistkästen seien gut, doch sie erreichen nur die häufigen Arten. „Die Spezialisten, welche in Schneckenhäusern, im Mörtel oder in Steinen nisten, werden damit nicht erreicht“, so Klenke. Es sei ein riesiges Spektrum an Lebensraum, welchen die Wildbienen nutzen.

Doch Nisthilfe ist nicht gleich Nisthilfe. So seien viele käuflich zu erwerbende Nisthilfen ungeeignet, weil sie aus dem falschen Holz sind oder zu große Löcher besitzen. Nisthilfen aus Nadelholz nehmen Wildbienen nicht an, denn das Harz im Holz mögen diese nicht. Obstgehölze sind besser geeignet. Bei der falschen Bohrung nehmen die Bienen das Holz auch nicht an, denn dieses kann reißen. In zu große Löcher ginge keine Biene rein. Zudem seien die Nisthilfen oftmals viel zu schmal. Mindestens zehn Zentimeter breit sollten sie sein.

Die Wildbienen legen in diesen Röhren ihre Brut mit Pollen ab. Die Wildbiene baut in einer Röhre bis zu 20 Zellen, die sie am Ende abschließt. In den hinteren Kammern liegen die wertvollen, befruchteten Eier, aus denen sich neue weibliche Wildbienen entwickeln. Vorne liegen die unbefruchteten, männlichen Eier. Da sei es auch nicht schlimm, wenn ein Vogel sich diese rauspickt, so Klenke. Am geeignetsten sei ein großes Stück Obstholz mit vielen verschieden großen Löchern. Aber auch Pflanzenstängel wie von der Brombeere werden von Wildbienen zum Nisten genutzt. Daher empfiehlt Klenke, diese stehen zu lassen und erst im Frühjahr abzuschneiden. Die Stängel können zu Bündeln zusammen gefasst und trocken gelagert werden, damit sich die Wildbienen weiter entwickeln können. „Es kommt immer wieder zu Streit, zwischen einem ordentlichen Garten und einem natürlichen Garten“, so Klenke. Aber es reichen bereits kleine, wilde Ecken, um den Insekten einen Lebensraum anzubieten.

Grüne Wiese ist kein Lebensraum

Für die Wildbienen ist neben den Nistmöglichkeiten am wichtigsten das Futter. Daher empfiehlt Karsten Klenke wilde Ecken im Garten mit verschiedenen Blühpflanzen. So seien Schnittlauch und andere Allium-Pflanzen ein sehr guter Anfang, um im Kleinen etwas für Wildbienen zu tun. „Eine grüne Wiese ist kein Lebensraum für Wildbienen.“

Heinz-Jürgen Deuster, Grüne Weilburg, wollte gerne wissen, was denn die Stadt machen kann, um die Wildbienen zu unterstützen. Laut Klenke sei eine ganze Menge möglich, doch verschiedene Interessen stoßen aufeinander. Er sei immer wieder im Gespräch mit dem Bauamtsleiter, dem Ersten Beigeordnete und dem Bürgermeister. So sei eine Maßnahme relativ einfach umzusetzen, indem Grünflächen verträglich mit Balkenrasenmäher und Sense gemäht werden. Der Schnitt bleibt liegen, damit die Samen rausfallen und wird nach dem Trocknen entfernt und nicht als Mulch liegen gelassen. Der Boden wird dadurch mager und besser für die Wildbienen. „Doch die städtischen Institutionen tun sich nicht leicht damit, die ganze Bewirtschaftung umzustellen“, so Klenke. Derzeit erarbeiten sie gemeinsam einen Plan mit ausgewählten Flächen, die neu bewirtschaftet werden sollen nach einem festen Pflegeplan.

Ein weiteres Thema, was den Kommunalpolitikern und Naturschützern wichtig ist, ist die Gestaltung von Klein Nizza. Der Sandstrand sei in keiner Weise naturverträglich. Klenke stimmt den zu, er habe dort auch anderes Potential gesehen. Doch auch hier stoßen verschiedene Interessen aufeinander. Verschiedene Naturschützer haben unterschiedliche Aspekte, so dass jeder für seine Interessen andere Flächen benötigt, denn auf einer Fläche lässt sich nicht alles umsetzen. So muss eine Streuobstwiese anders gepflegt werden als eine Magerfläche für Wildbienen. Klenke ist gerne bereit, Material weiterzugeben und Vorträge zu halten. Sein Weg ist es nicht, hart gegen eine Entscheidung vorzugehen. Er sieht sich eher als Aufklärer, der die Menschen sensibilisieren möchte.

Odersbacher Steilhang

Ein Eldorado für Wildbienen ist der Odersbacher Hang. Im Mittelalter war der mehrere Kilometer lange Hang Weinanbaugebiet. Durch seine Südlage ist er heute Lebensraum vieler seltener Wildbienen. Durch eine besondere Pflege dieses Hangs kann der Lebensraum für diese Insekten erhalten bleiben. Erst im letzten Jahr wurde ein Stück am Hang weggebaggert und es sind über 40 neue Wildbienenarten aufgetaucht. „Der lehmige Steilhang ist sofort von wohnungssuchenden Wildbienen angenommen worden“, so Klenke. Allein in Weilburg gibt es rund 150 Wildbienenarten und die Stadt ist zurecht ein Hotspot für Wildbienen. Daher würde sich Klenke wünschen, dass dies auch in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt wie durch eine Benennung als „bienenfreundliches Weilburg“. Er möchte den Bürgern zeigen, dass es mehr ist als nur grün. Und ihn freut es, dass er vor allem von jüngeren Menschen ein positives Feedback zu dem Thema bekommt.

Wer mehr über Wildbienen erfahren möchte, hat am Samstag bei einer Führung die Gelegenheit dazu.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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