„Seifenblasen sind das beste Heilmittel“
Sie gehen in Krankenhäuser, Seniorenheime und Hospize, um den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Sie gehen dabei manchmal auch über eigene Grenzen, doch sie wissen, warum sie das tun. Clowndoktoren sind in einem wichtigen Auftrag unterwegs, denn „Lachen hilft heilen“.
Dr. Krümel alias Ruth Albertin, künstlerische Leiterin bei „Die Clowndoktoren e.V.“ gab gestern auf Einladung der VHS Limburg-Weilburg einen Einblick in ihre Arbeit. Rund 50 Personen lauschten in der Adolf-Reichwein-Schule ihren Ausführungen und ließen sich auch zum einen oder anderen Lacher hinreißen.
Professionelle Künstler
Seit 1994 gibt es „Die Clowndoktoren“ in Hessen und sie waren damit einer der ältesten Vereine in diesem Bereich. Heute gibt es in ganz Deutschland 19 Vereine. 36 Clowns betreuen insgesamt 15 Kliniken, 10 Seniorenheime und auch Hospize. Sie sind immer als Duo unterwegs. Alles sind professionelle Künstler und ausgebildete Clowns mit eigenem Doktortitel, die mit Herzblut dieser Aufgabe nachgehen. Und die ist nicht immer einfach.
Rund 40 Zimmer am Tag bespielen die Clowndoktoren dabei. Bevor es in die Zimmer geht, erfolgt eine Übergabe auf der Station, wo sie zu den einzelnen Patienten Diagnosen und auch Besonderheiten erfahren. Kommen sie dann in das Zimmer hinein, haben sie wenige Sekunden, um die Situation zu beurteilen und zu schauen, was mit dem Patienten möglich ist. Manche mögen es laut, manche eher leise. Und bei älteren Menschen könne man sehr gut mit Musik arbeiten.
„Wir entführen die Menschen in die Clownswelt“, so Albertin. Und dann steht da neben dem Bett kein blöder Infusionsständer mehr, sondern es ist eine Rakete, bereit für den Start ins All. Ein Hüpfseil wird zum Stethoskop, mit dem Wünsche zu hören sind. Und das beste sind sowieso Seifenblasen. „Seifenblasen sind das beste Heilmittel überhaupt“, ist sich Albertin sicher. Mit Seifenblasen kann ein Zimmer desinfiziert, quietschende Knochen geheilt oder Wünsche zu einem verstorbenen Mitbewohner geschickt werden. Und da sie echte Doktoren sind, können sie richtig viel. „Wir können operieren und amputieren“, so Albertin, „dann amputieren wir die schlechte Laune weg.“ Ganz wichtig bei dem ganzen sei es auch immer, die Kinder zu bestärken. Dann stellen sich die Clowns extra dusselig an, finden den Weg nicht oder können nicht zaubern, damit die Kinder ihnen helfen können und so gestärkt aus der kurzen, bis zu zehn Minuten dauernden Begegnung hervorgehen.
Lachen hilft heilen
Diese Arbeit machen die Clowns nicht nur, weil sie es lieben, als Clowns herumzulaufen. Es hat sich gezeigt, dass sich ihre Anwesenheit positiv auf die Patienten auswirkt. Denn Lachen und Humor kann so viel bewirken. Lachen verbindet und schafft Vertrauen, auch zu wildfremden Menschen. Lachen schafft eine Zusammengehörigkeit. Und Lachen stärkt das Herz-Kreislauf-System. „Eine Minute Lachen ist so gut wie zehn Minuten Joggen“, weiß Dr. Krümel. Lachen füllt die Lungen und setzt Glücksgefühle mit dem Hormon Oxytocin frei. Angst und Stress werden dadurch kleiner.
Und daher ist der Vortrag nicht nur ein Einblick in die Arbeit der Clowndoktoren. Er ist ebenfalls ein Impuls an die Zuhörer, selbst häufiger bewusst zu lachen. Denn eigentlich lachen wir viel zu selten. Kinder lachen 400mal am Tag, Erwachsene nur noch 20mal. Dabei kann dies so befreiend sein. Es führt zu Zufriedenheit und Ausgeglichenheit. Und es führt dazu, dass wir uns im Jetzt befinden und Situationen bewusster erleben.
Wisst ihr, wann ihr das letzte Mal so richtig gelacht habt? Und wisst ihr auch noch wieso? Daran zurückgedacht, falle es gar nicht so leicht, sich zu erinnern. Im Überlebenskampf habe das Lachen für das Gehirn nicht so den hohen Stellenwert, aber jeder kann dies trainieren. Und dafür hatte Ruth Albertin Tipps im Gepäck. Es beginnt bereits mit Kleinigkeiten, dass man an der Kasse jemanden vorlässt. Dafür bekommt man eventuell ein Lächeln geschenkt, man erhält etwas zurück. Jeder sollte sich selbst auch mal überraschen und überraschen lassen. Sie empfiehlt jedem, auch mal neue Dinge auszuprobieren und zwischendurch zu genießen. „Jeder sollte im Jetzt sein und den Moment genießen“, so ihr Tipp.
Komplimente machen
Ein Weg ist auch, Komplimente zu geben und auch Komplimente zulassen. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass dies nicht immer einfach ist. Es hilft auch, abends fünf lustige Momente des Tages zu rekapitulieren und fünf Dinge aufzuschreiben, für die man dankbar ist. Und jeder sollte am Tag eine Humordusche nehmen. Das können fünf Minuten lustige Filmchen sein oder auch zehn Minuten lang Witze lesen.
Am Ende hat auch alles mit einer gewissen Selbstfürsorge zu tun. Denn wer sich seiner bewusst ist, weiß, welche Menschen ihm gut tun und welche nicht, wer ganz im Hier und Jetzt lebt und häufiger lachen kann, der tut sich selbst was Gutes. Denn Lachen ist gesund, wie sie bereits aufgezeigt hatte.
Und diese Selbstfürsorge ist auch in ihrer Arbeit ganz wichtig. Sie arbeiten mit kranken Kindern, mit Menschen auf der Palliativstation, die sterben werden, mit alten Menschen am Ende ihres Lebens. Das sind Schicksale, welche sie mitbekommen. Da ist es wichtig, dass sie selbst auch gesund bleiben, um ihre Arbeit weiterhin gut machen zu dürfen. Für Ruth Albertine ist es daher wichtig, als Clown immer im Jetzt präsent zu sein. „Unsere Arbeit darf nicht zur Routine werden, wo wir einfach nur ein Programm abspulen“, erzählt sie, „wir müssen uns auf jede Situation individuell einstellen. Dabei ist der Patient immer König.“
In ihrer Arbeit gibt es Situationen, wo sie an ihre Grenzen geht. Es gibt viele Momente, wo sie überlegen, wie weiter. Aber indem sie über Grenze gehen, erleben sie auch tolle Dinge. So habe sie mal mit einer Frau gesprochen, die im Sterben lag. Ob denn ihr Mann, der ja dann alleine sei, ein Guter sei? Und dann kam die Frau ins erzählen. Ihr Mann sei schon ein Guter, sei ordentlich und helfe im Haushalt. Nur Kochen könne er nicht.
Oder sie machen mit Kinder Dinge, die sonst eher nicht so gerne gesehen sind und strecken heimlich die Zunge raus. Auch kam sie mal ins Altenheim, wo gerade ein Mitbewohner verstorben sei und die Stimmung etwas traurig war. Man kam ins reden über den Mitbewohner, sang sein Lieblingslied und am Ende wurde doch wieder gelacht. Für Albertine ist es ein Erfolg, wenn die Clowns bei älteren Menschen etwas aktivieren können. Vor allem bei Menschen mit Demenz sei dies sehr wertvoll. Und dann haben beide Seiten etwas davon. Der demente Mensch, aber auch die Clowns, die mit ihrer Arbeit so viel bewirken.
Die Arbeit der Clowndoktoren finanziert sich rein durch Spenden. Wer diese wichtige Arbeit unterstützen möchte, kann dies auf folgendem Konto tun:
DIE CLOWNDOKTOREN Stiftung
KSK Limburg
IBAN DE65 5115 0018 0000 0445 94
BIC HELADEF1LIM
Mehr zu den Clowndoktoren erfahrt ihr auch auf deren Homepage.
2019 durfte ich ClownDoktoren von „Humor hilft heilen“ auf der Palliativstation in Limburg begleiten. Für mich ein bis heute sehr nachdrückliches Erlebnis – hier könnt ihr nochmal den Artikel lesen