Solides Fundament für Fachkräfte in der Region
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Fachkräftemangel und Fachkräftesicherung sind Begriffe, welche immer wieder durch den Raum geistern. Doch wie greifbar sind diese Begriffe und was kann dagegen getan werden? Damit befassten sich in den letzten Jahren länderübergreifend die lokalen Aktionsgruppen Lahn-Taunus und Limburg-Weilburg.
In einer Abschlussveranstaltung zur „Fachkräftestrategie für den Wirtschaftsraum Lahn-Taunus und Limburg-Weilburg“ gaben die Akteure Einblicke in den Prozess und stellten erste Ergebnisse vor. Um auch künftig am Thema dran zu bleiben, unterschrieben Silvia Scheu-Menzer, Bürgermeisterin Hünfelden und Vertreterin für Limburg-Weilburg sowie Michael Schnatz, VG Diez und Vertreter von Lahn-Taunus, eine Kooperationsvereinbarung.
Herausforderungen für den Arbeitsmarkt
Es sind viele Faktoren, die Einfluss darauf haben, wo jemand arbeitet. Es beginnt bei der Möglichkeit an Ausbildungen, geht über die Attraktivität eines Unternehmens und endet bei einer lebenswerten Region. Globalisierung, Mobilität, Digitalisierung und der demografische Wandel haben ebenfalls eine Auswirkung auf die Entscheidung. Mit den Herausforderungen kämpfen die Betriebe im Wirtschaftsraum Limburg-Weilburg sowie im Wirtschaftsraum Lahn-Taunus. Ganz eng liegen sie beieinander und doch sorgt die Landesgrenze zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz für manche Herausforderung.
2019 machten sich die beiden Wirtschaftsräume gemeinsam auf den Weg und begannen den „Länderübergreifenden Strategieprozess zur bedarfsgerechten Arbeits- und Fachkräftesicherung“. Akteure aus den Handelskammern, der Wirtschaftsförderung, der Arbeitsagenturen, der kommunalen und politischen Ebene sowie aus der Gesellschaft beteiligten sich an dem Prozess. In vier Arbeitsgruppen befassten sie sich mit dem Ausbildungsbereich, der regionalen Bindung, den stillen Reserven und Arbeitslosen sowie den Fach- und Führungskräften. Bei der Abschlussveranstaltung konnten sie auf ein solides Fundament schauen, welches sie in den letzten Jahren geschaffen haben. Und es besteht das Bewusstsein, dass dieser Prozess nicht einmalig sein darf, sondern weiter vorangetrieben werden soll.
Vernetzung der Akteure
Während dieses Prozesses erkannten die Akteure, dass es viele gute Dinge bereits gibt, so Sabine Ksoll, Wirtschaftsförderung Diez. Durch diesen gemeinsamen Prozess konnten die verschiedenen Akteure jetzt an einen Tisch zusammengebracht werden und sich miteinander vernetzen. Manchmal reiche es schon aus, die gesamten vorhandenen Dinge zu bündeln, um die Menschen zu erreichen. Ein erstes solches Bündelungsprojekt stellte Tanja Steeg, Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft Rhein-Lahn vor.
Auf der Internetseite „Heimat neu erleben“, welche die Tage an den Start gehen soll, gebe es eine Sammlung an Links zu den verschiedenen Themenbereichen begonnen bei Jobseiten über Wohnungsgesuche bis hin zu kulturellen und gesellschaftlichen Angeboten. Denn wenn jemand auf der Suche nach einem Job ist und einen Umzug in Betracht zieht, habe er viele Fragen im Gepäck. Alle Antworten würden dann auf dieser Seite zu finden sein. Ein weiteres Angebot in diese Richtung ist eine Linkseite zu diversen Fördermöglichkeiten im Wirtschaftsraum.
Potential bei jungen Menschen
Wenn es um die Gewinnung von Fachkräften geht, dreht es sich jedoch nicht nur um ausgelernte Fachkräfte. Bereits bei der Ausbildung kann man ansetzen und da gibt es auch schon erste Ideen. Ein großes Potential sieht Sabine Ksoll in den sogenannten Studienzweiflern. Dies sind junge Menschen, die bereits ein Studium begonnen haben und dann ins Zweifeln kommen, ob dies der richtige Weg ist. In der neuen Leader Periode soll für diese eine plakative Kampagne aufgesetzt werden, um ihnen zu vermitteln, dass sie nicht versagt haben, sondern dass sie in ihrer Entscheidung unterstützt werden. Bei denen liege ein großes Potential, sie in die Region zurückzuholen.
Eine zweite Maßnahme hat Marcus Glinka von Schäfer Kalk angestoßen. Es gebe insgesamt 360 Ausbildungsberufe und jeder kenne so ungefähr 120. Darunter liegen absolute Nischen-Ausbildungen, die auch Schäfer Kalk anbiete, aber die niemand kennt. Und wenn niemand diese Berufe kennt, bewirbt er sich auch nicht darauf. Dabei handelt es sich um sichere, gute Ausbildungen. In einer kleinen Filmreihe sollen solche Nischenberufe jetzt aufgearbeitet und der jungen Generation präsentiert werden. „Wir müssen uns umstellen, wenn wir junge Leute gewinnen wollen“, so Glinka.
Sicherung der Nachfolge
Neben den Berufsanfängern liegt auch ein großes Potential in den Unternehmen, die einen Nachfolger benötigen. Wenn ein Unternehmen nicht in der Familie bleibt und keinen Nachfolger findet, verschwindet es vom Markt. Dagegen möchte die Handwerkskammer Koblenz etwas unternehmen und hat die „Nachfolgewerkstatt“ gegründet. Im Schnitt sind Geschäftsführer 55 Jahre alt, so Claudia Maisner, welche das Projekt vorstellte. 25 Prozent sind über 60 Jahre alt. In den nächsten Jahren stünden rund 4.000 Betriebe vor der Übergabe. Mit der Werkstatt unterstützen sie zum einen Unternehmen, um eine Übergabe gut vorzubereiten und sie bringen Unternehmer und mögliche Nachfolger zusammen.
Bei den zahlreichen konkreten Maßnahmen wurde auch immer wieder unterstrichen, dass es wichtig sei, die Menschen für das Thema zu sensibilisieren, ist es für eine mögliche Übergabe, ist es für eine gesteigerte Attraktivität. Die Menschen müssen von allen Seiten mitgenommen werden, um die Region zu gestalten. Und so passten die Worte von Silvia Scheu-Menzer sehr gut: „Wenn wir es schaffen, dass die Menschen hier bleiben, dann haben wir auch etwas für uns gewonnen.“ Denn ist die Region attraktiv zum Arbeiten und Leben, dann bleiben auch die Menschen, die bereits hier wohnen, gerne in der Region.
Weiterführen des Prozesses
Der frisch entfachte Wind soll nicht verwehen und der Prozess soll weitergeführt werden, was Kontinuität bedarf. Dafür sind regelmäßige Treffen und der Austausch miteinander vorgesehen. Die Region Lahn-Taunus sowie Limburg-Weilburg stehen vor einer weiteren Leader-Förderperiode und möchten mit den finanziellen Mitteln weitere Maßnahmen umsetzen und am Thema dranbleiben. Es sei eine fruchtbare Zusammenarbeit gewesen, so Dr. Christa Larsen, Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur, welche den Prozess begleitet hat. „Die Zusammenarbeit hatte von Anfang an ein besonderes Fundament aus gemeinsamen Werten und gemeinsamen Zielen“, so Larsen, „aus dem ein Wir-Gefühl entstanden ist.“ Und alle Beteiligten bekannten sich dazu, weiter am Thema zu bleiben für einen gemeinsamen, starken Wirtschaftsraum.