Standortpolitik für die Wirtschaft in der Region – Podiumsdiskussion zur Landtagswahl

Die IHK Limburg als Stimme der Unternehmen der Region hat zu einem Gespräch zum Thema „Standortpolitik für die Wirtschaft in der Region Limburg-Weilburg“ mit den Landtagskandidaten anlässlich der hessischen Landtagswahl am 8. Oktober eingeladen. Viele politische Entscheidungen, die die Wirtschaft betreffen, werden auf Landesebene getroffen. Daher hatten die Landtagsabgeordneten die Möglichkeit, ihre Positionen aufzuzeigen und mit den Unternehmern ins Gespräch zu kommen.

„Die Wirtschaft macht mir Sorgen“, so IHK-Präsident Ulrich Heep in seiner Begrüßung. Es gebe so viele Unternehmensaufgaben wie noch nie, es fehlen Fachkräfte, die Wirtschaft soll klimaneutral umgebaut werden und Fachkräfte wandern ab. Große Baustellen liegen vor der Politik und Heep wünscht sich von den Landtagspolitikern „Gestaltungswillen und eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik“. Es sei nicht die Aufgabe der IHK, Wahlempfehlungen auszusprechen, aber sie nehmen das Interesse der Gewerbetreibenden wahr und nehmen Stellung zu wirtschaftspolitischen Themen.
Aus allen Fraktionen waren Landtagsabgeordnete eingeladen, um sich zu sechs übergeordneten Themen zu äußern und zu zeigen, wie ihre Partei das Thema Wirtschaft und Standortsicherung angehen möchte. Jeder Diskussionsteilnehmer durfte zu einem Thema länger seine Sicht ausführen und es bestand zudem die Möglichkeit, sich auf die Äußerungen der anderen zu beziehen. Jedoch gab es strenge Zeitbegrenzungen, damit der Abend sowie die Diskussionen nicht ausuferten.

Kostenlose Bildung bis zum Meister

Zum Thema Fachkräftemangel durfte sich Tobias Eckert (SPD) äußern. Das Thema sei nicht neu, doch viele Jahre sei dies sehr abstrakt gewesen, doch jetzt spüren die Unternehmen, was dies bedeutet. „Wir brauchen Köpfe, die Ideen umsetzen und gestalten“, so Eckert weiter und daher brauche es auch auf Landesebene personelle Veränderungen. Die CDU sei seit 25 Jahren an der Regierung und hatte somit genügend Zeit, etwas zu tun, aber es sei nichts passiert. Die SPD setze sich dafür ein, dass von der Kita bis zum Meister die Ausbildung kostenfrei werden muss. Er möchte sich dafür einsetzen, dass auch in den Gymnasien Berufsbildung integriert wird, was bisher noch nicht geschieht. Eckert lobte die Akteure vor Ort, die sich im Limburger Modell engagieren, indem die Schüler Einblicke in verschiedene Berufe erhalten. Unternehmen müssen gestärkt werden, um ihren Mitarbeiten Weiterbildungen zu ermöglichen. Dafür möchte die SPD u.a. den Transformationsfonds einrichten, um kleine Unternehmen bei diesen Aufgaben zu unterstützen.

Christian Wendel (CDU) ergänzt zu diesem Thema, dass ihm ein Punkt bei der ganzen Diskussion zu kurz kommt. Nämlich der, dass es sich um eine gesellschaftliche Aufgabe handelt. Junge Menschen müssen darin gestärkt werden, in eine Ausbildung zu gehen. Und in seinen Augen brauche es für die ganzen Vorhaben nicht die SPD, denn die CDU habe all diese Punkte wie einen kostenlosen Meister ebenfalls vor.

Ausbau der Infrastruktur

Zum Thema Infrastruktur äußerte sich Klaus Gagel (AfD). Er fordert ein Sofortprogramm für die Sanierung der Landstraßen, denn sie seien in einem schlechten Zustand. Er begrüßt auf der einen Seite das Deutschlandticket, welches den Tarifdschungel abschafft. Auf der anderen Seite sieht er damit eine nächste Herausforderung auf den ÖPNV zukommen, denn eine Bewirtschaftung ist so nicht möglich. Daher gehe er davon aus, dass die Subventionen in den ÖPNV steigen müssen oder das Angebot eingeschränkt wird. Da tue sich aktuell eine große Schere auf. Marion Schardt-Sauer (FDP) würde sich wünschen, dass der Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) mal für Hessen kämpft. Vieles dauert zu lange, dringliche Projekte wie die Südumgehung erfahren von ihm keine Unterstützung, in Nachbarländern laufe dies viel besser. Zudem brauche es in ihren Augen eine Angebotsvielfalt im Verkehr. Dies konnte Katrin Schleenbecker (Grüne) nicht so nachvollziehen. Planung brauche eben seine Zeit und sie findet den Ansatz der Grünen gut, dass Sanierung vor Neubau geht.

Axel Gerntke Hessen äußerte sich zum Thema Wohnraum und Flächenverbrauch. Er würde sich wünschen, dass nicht immer nur neu gebaut wird, sondern vorhandenen Strukturen sinnvoll verdichtet werden sowie vorhandenen Raum besser und effektiver zu nutzen. Er appellierte an die Anwesenden, sparsam zu sein bei Neubauten mit Blick auf die Versiegelungen von Fläche. Und im Bereich Wohnen brauche es ganz klar eine Deckelung der Mietpreise. Alles müsste genau betrachtet werden. „Wirtschaft muss den Menschen diesen und nicht umgekehrt“, so Gerntke. Tobias Eckert ergänzte, dass es eine kluge Förderpolitik brauche, um neue Wohnformen zu denken und Entsiegelung stärker zu fördern. Neuentwicklung und Flächenverbrauch sollten sich immer in Balance befinden.

Förderung der Innenstädte

Christian Wendel durfte sich zum Thema Wirtschaftsstandort äußern. Starke Wirtschaftsstandorte seien wichtig und ziehe Menschen an. Mit den Wirtschaftsstandorten hänge häufig auch die Attraktivität einer Region zusammen. „Ein wohnortnaher, hochqualifizierter Arbeitsplatz steht für Nachhaltigkeit und ist ein Gewinn für Kommunen“, so Wendel in seinen Ausführungen. Hinzu kommen Gastronomie und Freizeitangebote. Damit dies möglich wird, muss die Politik Rahmenbedingungen schaffen. Daher möchte sich die CDU dafür einsetzen, die Stärkung der Innenstädte zu verstetigen und dies soll mit ins Wahlprogramm aufgenommen werden. Zudem möchte er sich für vier verkaufsoffene Sonntage in Hessen einsetzen, die unabhängig von einem Anlass stattfinden dürfen. Zudem sei die finanzielle Ausstattung der Kommunen wichtig und mit dem kommunalen Finanzausgleich gebe es in Hessen bereits ein gutes Instrument. Die CDU möchte nun evaluieren, bei welchen Punkten dies noch geschärft werden könne.

Marion Schardt-Sauer entgegnete, dass den Worten nun auch endlich mal Taten folgen müssen und dass ihrer Meinung nach das Programm zur Stärkung der Innenstädte aktuell von der Regierung nicht fortgeführt wurde. Die letzte Ausschreibung fand 2022 statt. Katrin Schleenbecker entgegnete darauf, dass das Programm verstetigt werden soll und sich dafür gerade noch im Prozess befindet, aber die Regierung sich ganz klar dafür ausspricht.

Transformationsfonds für die Wirtschaft

Schleenbecker durfte sich dann auch direkt zum nächsten Thema Klimaneutralität äußern. Einige Unternehmen seien schon sehr weit in ihren Bemühungen. Um auch die anderen Unternehmen auf diesem Weg zu begleiten, haben die Grünen vor, einen Transformationsfonds aufzulegen. „Es ist möglich, doch wir müssen alle an einem Strang ziehen“, so ihre Aussage. Auf Parkplätzen mit mehr als 50 Plätzen soll eine Solarpflicht kommen. Zudem seien die Grünen in Hessen sehr weit, denn sie haben zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie und ein Prozent für Solarenergie ausgewiesen. Dass dennoch in den letzten Jahren wenig passiert sei beim Ausbau, darauf ging sie nicht ein.

„Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, so Eckert daraufhin. In den letzten Jahren habe die SPD mehrmals versucht, einen Transformationsfonds einzuführen, doch bisher fehlte immer die politische Mehrheit dafür. Bisher kam von der CDU und den Grünen immer nur die Aussage, dass ein solcher Fonds nicht gewünscht sei. „Wir hätten schon längst etwas tun können“, so Eckert. Gagel von der AfD nutzte die Gelegenheit, den menschengemachten Klimawandel zu leugnen.

Keine Lösungen für Bürokratieabbau

Für Marion Schardt-Sauer bliebt am Ende noch das Thema Bürokratieabbau, was auch immer wieder kritisiert wird. Sie kann dies nur unterstreichen, denn viele Prozesse dauern zu lange und werden immer umständlicher. Als Beispiel nannte sie den Wahlkampf. Früher sei es ausreichend gewesen, anzuzeigen, dass man Wahlkampf mache. Heute brauche sie von jeder Kommune eine extra Genehmigung. „Man kann froh sein, dass Menschen gründen, was wagen und investieren.“ Eine Lösung, wie weniger Bürokratie möglich sein könnte, hatte jedoch keiner der Anwesenden im Gepäck.
Den Faden griffen dann auch einige Unternehmer und anwesende Bürgermeister aus dem Publikum auf. Viele Unternehmer hätten Ideen, so Stephan Schmidt aus Dornburg, aber ihnen würde es vor der Umsetzung grausen und dann ließe man die Finger davon. „Lasst uns doch einfach mal machen“, so sein Impuls. Und Bürgermeister Horst Kaiser ergänzte, dass heute die Menschen fehlen, die Entscheidungen treffen und so gehe es nicht voran.

Für Ulrich Heep war die Erkenntnis des Abend: „Es gibt noch viel zu besprechen!“ Die IHK Limburg stehe dabei für den Austausch jederzeit zur Verfügung. Am Ende war es eine sehr interessante Podiumsdiskussion und die beiden Abgeordneten der regierenden Parteien mussten sich einige Mal fragen lassen, warum bei manchen Themen noch nichts passiert sei, wenn ihnen diese so wichtig sind.

 

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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