Stolpersteinverlegung in Elz – Erinnerungen wachhalten
Am Freitag verlegten Bauhofmitarbeiter in der Mühlstraße 14 a fünf Stolpersteine für die Familie Ellendmann. Für vier Steine war es eine Neuverlegung. Aufgrund neuer Dokumente kam ein fünfter Stein hinzu.
Die Stolpersteine für Bella, Isaak, Fanny und Ruth Ellendmann verschwanden Anfang Oktober nach Pflasterarbeiten und trotz polizeilicher Ermittlungen sind sie nicht mehr aufgetaucht. Recht schnell war jedoch klar, dass diese Steine wieder verlegt werden sollen und daher bestellte die Gemeinde Ersatz bei Gunter Demnig, dem Initiator des Stolpersteinprojektes. Durch weitere Dokumente konnte inzwischen ein weiteres Familienmitglied identifiziert werden, so dass am Freitag fünf Steine verlegt werden konnten. Gunter Demnig konnte den Termin selbst nicht wahrnehmen, daher ließen die Mitarbeiter des Bauhofs die Stolpersteine ins Pflaster ein. Am Nachmittag fand ein Gedenken für die Familie statt.
Bruchstücke zusammenfügen
Bürgermeister Horst Kaiser bedankte sich bei Martina Hartmann-Menz für ihre Recherchen. Weiterhin bedankte er sich bei Ulrich Schoth, dem die neuen Erkenntnisse zu verdanken sind. Die Familie von Ulrich Schoth wohnte ebenfalls in dem Haus und der Vater schrieb seine Erinnerungen nieder. Dank dessen stellte sich heraus, dass die Familie Ellendmann nicht nur zwei Töchter hatte, sondern mit Hermann auch noch ein ältester Sohn existierte.
Martina Hartmann-Menz freut sich über solche Dokumente. „Es sind viele Bruchstücke, die sich hier an diesem Ort zusammenfügen“, erzählte sie. Im letzten Herbst gab es den Hinweis der Familie Schoth, dass es drei Kinder gab. In den Dokumenten des Vaters fand sich folgender Hinweis: „Anfang der 30er Jahre fand die jüdische Familie Ellendmann, von Polen kommend, im Hause meiner Eltern eine Bleibe. Solange die Familie bei uns wohnte, war sie ohne Arbeit. Sie hatten drei Kinder.“ So sei Hermann, etwas 20 Jahre alt, Gärtner in Limburg gewesen. Seine Schwestern waren Fanny (17) und Ruth (etwa 7). Die Mutter Bella war in Sprachen fit, denn sie half dem jungen Schoth, wenn er bei Französisch nicht weiter wusste. „Wir haben damals den Zusammenhalt und die gegenseitige Hilfe der jüdischen Familien bewundert, weil es Vergleichbares bei den Einheimischen nicht gab“, so weiter in den Aufzeichnungen, „Die Hetze gegen die Juden nahm bedrohliche Formen an. Etwa gegen 1936 verließ die Familie Ellendmann, die bettelarm war, aber unterstützt von der Familie Rosenthal aus Limburg, unser Land.“
Spuren verlieren sich
Leider gelang es der Familie nicht, dem Holocaust zu entkommen. Die Spuren von Isaak und Bella Ellendmann sowie ihren Töchtern verlieren sich in Polen, wo sie wahrscheinlich ermordet wurden. Hermann Ellendmann kehrte 1938 nochmal zurück, wurde 1939 verhaftet und kam nach Sachsenhausen. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Die Aufzeichnungen der Familie Schoth konnte Hartmann Menz mit Dokumenten aus den Archiven ergänzen. So hat Hermann eine Lehre als Gärtner im jüdischen Kinder- und Landschulheim in Caputh (Brandenburg) absolviert. Nach seinem Wegzug aus Elz heiratete er Else Bial und 1937 bekam die Familie den Sohn Peter May. Auch Else Bial und ihr Sohn wurden Anfang der 40er Jahre aus Berlin deportiert und ihre Spur verliert sich danach.
Hartmann-Menz dankte der Familie Schoth für die Unterlagen: „Auf diese Weise ist es möglich geworden, ein Stück Lokalgeschichte zu rekonstruieren und für die Erinnerungsarbeit vor Ort nutzbar zu machen.“
Geschichte erlebbar machen
An der Gedenkveranstaltung nahm ebenfalls zwei Schüler der 10.Klasse der Erlenbachschule teil. Zusammen mit der Lehrerin Rebekka Neuser begleiten sie das Stolpersteinprojekt in Elz von Anfang an aktiv mit. „Es ist für uns eine Chance, Regionalgeschichte zu erfahren. Geschichte wird durch dieses Projekt greifbar und erlebbar“, so Neuser. Sie bedankt sich bei allen, Geschichte so zu erleben. Es sei ein Unterschied, über diese Zeit im Geschichtsbuch zu lese, oder Biografien von Menschen zu erarbeiten, welche direkt vor Ort lebten. Und so ist es ihr und ihren Schülern wichtig, sich mit den Schicksalen auseinanderzusetzen, um die Menschen und ihr Leid nicht zu vergessen.
Zum Abschluss sprachen Pfarrer Steffen Henrich und Pfarrerin Monika Rupprecht ein Gebet. Die jüdische Gemeinde übermittelte ein Grußwort. Aufgrund der Vorbereitungen zum Pessachfest konnten sie selbst nicht anwesend sein.
