Stolpersteinverlegung in Hadamar – Absage der Veranstaltung

Am Mittwoch, 28. Oktober 2020 sollten in Hadamar weitere Stolpersteine verlegt werden. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen findet diese Veranstaltung jedoch nicht statt. Das europaweite Flächendenkmal „Stolpersteine“ geht auf ein Konzept des Künstlers Gunter Demnig zurück, der kleine Messingplatten am letzten, frei gewählten Wohnort von Opfern der NS-Terrors installiert.

In die Messingplatten sind Namen und Lebensdaten derjenigen Menschen eingraviert, die verfolgt, gedemütigt und ermordet wurden. Ziel der Täter war es, ihre Opfer dem Vergessen anheim zu geben. Mit der Nennung der Namen im Kontext ihres ehemaligen sozialen Umfeldes werden Namen von Menschen wieder bekannt, die einstmals in Hadamar lebten und deren Schicksal nicht in Vergessenheit geraten soll.

Die für den 28. Oktober 2020 vorgesehene Verlegung von Stolpersteinen in Hadamar wird aufgrund der massiv gestiegenen Infektionszahlen abgesagt. Die zum Wochenende hin weiterhin stark angestiegene Inzidenzrate macht diese Entscheidung unumgänglich. Für die im Freien geplante Veranstaltung war ein aufwändiges Hygienekonzept erstellt worden. Dem Schutz insbesondere der Schwächsten in unserer Gesellschaft: Menschen mit Behinderung, Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen und chronisch Kranken muss gegenwärtig oberste Priorität eingeräumt werden. So notwendig die Erinnerung an die Opfer des NS in Hadamar ist – sie rechtfertigt nicht, ein noch so geringes Risiko einzugehen. Über das weitere Vorgehen wird zeitnah in der Tagespresse informiert

Bisher Verlegung von 30 Stolpersteinen

Bisher wurden in Hadamar rund 30 Stolpersteine für Verfolgte und Ermordete jüdischer Konfession verlegt. Bei der Verlegung in 2020 liegt ein besonderer Akzent auf Opfern der „Euthanasie“ aus Hadamar selbst. Erstmalig in der Region waren Stolpersteine in Oberzeuzheim geplant für Menschen, die zwangsweise sterilisiert wurden. Drei Menschen aus Hadamar wurden politisch verfolgt, inhaftiert und in Konzentrationslager verbracht. Sie verurteilten die Morde an Menschen mit Behinderung in ihrer Heimatstadt, sprachen darüber und gingen gegen diese Mordtaten im Rahmen ihrer Möglichkeiten vor. Für die Hadamarer Bürger:innen Maria Fritz geb. Hahn, Heinrich Colombel und Paula Sarach – politisch Verfolgte des NS-Regimes aus Hadamar, werden Stolpersteine verlegt – zur Erinnerung daran, dass in Hadamar Menschen lebten, die den Mut aufbrachten, gegen das Unrechtssystem aufzubegehren.

Für folgende Menschen sollten Stolpersteine verlegt werden: Willi Spangenberg, der in der Tötungsanstalt Hadamar ermordet wurde. Heinrich Colombel, der als „Systemgegner“ bereits 1933 in Haft genommen wurde. Später geißelte er die Morde an Menschen mit Behinderung in der Tötungsanstalt Hadamar und wurde bis zu seiner Befreiung durch die US-Armee über mehrere Jahre im KZ gefangen gehalten. Ida Honi geb. Rosenthal und ihren Ehemann, den in Hadamar bekannten Spengler Hermann Honi verlegt; beiden gelang die Flucht nach England. Für die in der Tötungsanstalt Eichberg/Eltville gewaltsam im Rahmen der „Euthanasie“ zu Tode gekommene Margarete Weiss. Für die Hadamarer Unternehmerin Louise Kahn geb. Schönfrank, ihre Tochter Rosa und ihre beiden Enkelinnen, Susanna und Hilde Kahn. Für Paula Sarach, welche Abschriften der Predigt des Münsteraner Bischofs von Galen verteilte, der den Mord an Menschen mit Behinderung öffentlich angeprangert hatte. Als Abschreckungsmaßnahme wurde Paula Sarach in das KZ Ravensbrück verbracht.

Stolpersteine in Oberzeuzheim

Erstmalig sollten für die beiden Geschwister Hildegard und Josef Fritz Stolpersteine verlegt werden, welche als „erbkrank“ stigmatisiert und gegen den erbitterten Widerstand ihrer Eltern im Diezer Krankenhaus Auguste-Viktoria zwangsweise sterilisiert wurden. Deren Mutter, die aus Niederzeuzheim stammende Anna Maria Fritz geb. Hahn verfasste Briefe, in welchen sie über die an ihrem Haus vorbeifahrenden Reichspost-Busse und die Vorgänge in der Tötungsanstalt Hadamar berichtete. Wegen des „Verbreitens von Gerüchten“ wurde sie denunziert, verhaftet und schließlich in das KZ Auschwitz überführt. Zwar setzte der Hadamarer Kaplan Will nach zwei Jahren ihre Entlassung durch; jedoch war Anna Maria Fritz durch die Haft derart geschwächt, dass sie bald nach ihrer Entlassung an den Haftfolgen verstarb.

Das Projekt wird ausschließlich aus Spenden finanziert. Die Stadt Hadamar hat zur Finanzierung des Erinnerungsprojekts ein Spendenkonto eingerichtet:

Stadtkasse Hadamar

Verwendungszweck: Spende Stolpersteine
IBAN: DE34510500150520000070,
Naspa Hadamar

Ab einem Spendenbetrag von € 10,00 können von der Stadt Hadamar Spendenquittungen ausgestellt werden.

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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