Streit um Luftfilteranlagen in den Schulen
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Wie sollten die Luftfilter in den Klassenräumen im Landkreis Limburg-Weilburg eingesetzt werden? Darüber stritten sich die Kreistagspolitiker letzte Woche Freitag. Während einige die Anlagen präventiv einsetzen wollen, bevor es zu Infektionen kommt, folgen die anderen den Vorschlägen der Kreisverwaltung, die Luftfilter nach einer Infektion aufzustellen.
In der vorletzten Kreistagssitzung im November stellte die FDP-Fraktion den Antrag, die vom Landkreis angeschafften Luftfiltersysteme unverzüglich in den Klassenräumen aufzustellen, vor allem dort, wo die unter 12-jährigen unterrichtet werden. Bereits da zeigte sich, dass es ein hochemotionales Thema ist. Nachdem das Thema im Ausschuss beraten wurde, stand es letzten Freitag für die abschließende Beratung auf der Tagesordnung.
Maßnahmenkatalog des Landkreises
In den Ausschüssen wurde das Thema Luftfilteranlagen in den Klassenräumen beraten und auch nochmal über die Maßnahmen, die im Rahmen der Corona-Pandemie umgesetzt wurden, gesprochen. Diese Maßnahmen stellte Dr. Frank Schmidt (SPD), Vorsitzende HFA-Ausschuss, vor der Aussprache nochmal vor. Diese Maßnahmen sehen vor:
- tägliche Zusatzreinigung aller Oberflächen (bisher 700.000 Euro)
- regelmäßige Verteilung von Mund-Nasen-Schutz an Lehrer und Schüler
- 95.000 Euro für die Anschaffung von 280 Desinfektionsmittelspendern
- 11.000 Euro für Plexiglasscheiben in den Sekretariaten
- zusätzliche Reinigungsutensilien
- 280.000 Euro für 2.100 CO2-Messgeräte
- Ausstattung aller Räume mit Flüssigseife und Papierhandtücher
- rund 464.000 Euro für 600 mobile Lüftungsgeräte
- 190.000 Euro für Luftreinigungsgeräte mit UV-C-Technik für schlecht belüftete Räume
- Vorhaltung von elf zusätzlichen Bussen zur Schülerbeförderung mit bisherigen Kosten von 441.000 Euro
Für die Anschaffung der Lüftungsgeräte gibt es eine weitere Aufschlüsselung. Von den 600 angeschafften Geräten wurden 278 Geräte in den Betreuungsräumen der Grundschulen und weiterführenden Schulen mit Grundschulzweig zur Verfügung gestellt. Jeder Schule wurde zusätzlich ein weiteres mobiles Lüftungsgerät zur freien Verfügung geliefert; insgesamt 68 Stück.
Für alle 116 Kitas im Landkreis wurde ebenfalls je ein Gerät bereitgestellt. Zur Abdeckung dynamischer Infektionsgeschehen werden damit insgesamt 138 Geräte vorgehalten. Davon sind in den KW 47 insgesamt 94 Geräte im Landkreis eingesetzt. Die Reserve umfasst zu diesem Zeitpunkt somit noch 44 Geräte.
Kein 100prozentiger Schutz
Mary ten Elsen (CDU), ist selbst als Lehrerin tätig und weiß daher, wie es an den Schulen läuft. Einen 100prozentigen Schutz wird es nicht geben, so ten Elsen, jeder werde sich irgendwann infizieren, egal, ob in den Klassenräumen Luftfilter stehen oder nicht. Und der Landkreis habe schon einiges getan, um die Schüler zu schützen. Daher findet sie es anmaßend zu sagen, der Kreis mache nichts. „Lüften ist die beste Lösung im Schulbetrieb, um den Virus zu begegnen zudem das Einhalten der AHA-Regeln“, so ten Elsen. Zu dem Lüften komme noch das dreimalige Testen in der Woche hinzu sowie das tägliche Testen, falls es eine Infektion gab. „Luftfilter geben uns ein wenig Sicherheit, aber vielleicht lassen sie uns auch nachlässig werden“, so ten Elsen abschließend.
Dr. Klaus Valeske (FDP) bezeichnete die Ausführungen der CDU-Kollegin als Quatsch. „Wenn wir uns alle anstecken, warum bemühen wir uns überhaupt, die Infektionen zu verhindern“, so Valeske. Er unterstrich seine Meinung, dass er das Konzept des nachträglichen Aufstellens für falsch hält. „Alle Maßnahmen wie Abstand, Hände waschen, Maske sind Prävention. Auch Luftfilter sind präventive Maßnahmen und müssen eingesetzt werden, bevor es zur Infektion kommt“, so Valeske weiter. Er findet es falsch, denn Maßnahmenkatalog als einzigen Weg zu betrachten und so zu tun, als ob die Luftfilter keinen Beitrag leisten. Die Luftfilter können ergänzend genutzt werden, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren.
Luftfilter zur Prävention
Unterstützung erhält die FDP von den Grünen, den Linken sowie den Freien Wählern. Auch diese möchten die Luftfilter mit als Bestandteil der Prävention nutzen. Vor allem, wo die Omikron-Variante in den Startlöchern steht, so Birgit Geis (Bündnis 90/Die Grünen). „Wir müssen alle Möglichkeiten ausnutzen, unsere Kinder zu schützen“, so Geis. Die sie zum einen der Maßnahmenkatalog, aber auch die Lüfter. In den Klassenzimmern sollte gelten „Lüften, Reinigen und Filtern!“
Bernd Steioff (Die Linke) fragte in die Runde, warum der Kreistag denn in Merenberg zusammenkomme? „Weil es hier eine gute Lüftungsanlage gibt“, so Steioff. Daher sollten in allen Grundschulklassen solche Geräte stehen. Und auch Valentin Bleul unterstreicht die Forderung, dass Luftfiltersystem im Vorfeld als Prävention ausgestellt werden sollten und nicht erst nach einer Infektion. Er würde sogar noch weitere Geräte anschaffen.
Mehr Vorgaben von oben erwünscht
Oliver Jung (SPD) weiß, dass es kein leichtes Thema ist, denn immerhin werde hier „über unsere Kinder“ geredet. Er vermisse eine klare Aussage von der Bundes- und Landesregierung. „Wir sind das letzte Glied in dieser Reihe“, so Jung, „wir Bürgermeister beschäftigen uns seit 22 Monaten mit nichts anderem als mit dem Schutz der Bürger.“ Es gebe verschiedene Meinungen, aber es müssen auch Entscheidungen getroffen werden. Dabei können aktuell nicht gesagt werden, ob die Entscheidungen richtig oder falsch sind. „Solange wir nicht gesagt bekommen, dass es absolut sinnvoll ist, diese Filter einzusetzen, werden wir dem Maßnahmenkatalog der Verwaltung folgen“, so Jung weiter. Und er wies die Kommunalpolitiker darauf hin, dass die mehrheitlich getroffene Entscheidung dann auch zu akzeptieren ist und die Diskussion bitte nicht auf die persönliche Ebene zu verschieben.
Am Ende äußerte sich Landrat Michael Köberle nochmal zu dem emotionalen Thema. Er stehe im permanente Austausch mit Städten und Gemeinden, Schulen und Kitas. „Uns war es wichtig, die Wege gemeinsam zu gehen“, so Köberle. Mit den Stimmen von CDU, SPD und AfD sowie Enthaltung der Grünen wurde der Antrag der FDP abgelehnt. Der Landkreis orientiert sich weiterhin an seinem Maßnahmenkatalog.
In der letzten Kreistagssitzung hat der Landrat den Haushalt für 2022/23 eingebracht. Den Artikel dazu findet ihr hier.
Ich muss mich schon sehr wundern, wie teilweise über das Thema Luftfilter, und damit beziehe ich mich nicht unbedingt auf die Beiträge der Kreistagsmitglieder, diskutiert wird. Brummende Stromfresser, die die Konzentration der Kinder stören, unnötige Energie verbrauchen, Folgekosten bei der Wartung aufwerfen und nach Corona erst im Keller der Schule und dann auf dem Schrottplatz landen. Das ist für einige das Allheilmittel. Unverständlich. Wirksam ist und bleibt das ständige Lüften mit geöffneten Türen und Fenstern und zum Leidwesen aller Beteiligten, das Tragen der Masken. Als Lehrer habe ich mich selbst lange gegen die Maske im Unterricht ausgesprochen und sie, als es rechtlich nicht mehr verlangt war, auch nicht getragen. Im Gegensatz übrigens zu vielen Schülerinnen und Schülern, die, obwohl nicht verlangt, durchgehend seit den Sommerferien ihre Maske auch am Platz getragen haben. Luftfilter machen da Sinn, wo das Stoßlüften nicht möglich ist. Oder dort, wo Schülerinnen und Schüler aus gesundheitlichen Gründen keine Masken tragen können.