Tag gegen Gewalt an Frauen – Zunahme von häuslicher Gewalt in diesem Jahr

Am heutigen Mittwoch ist der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Zum 20. Mal findet dieser Tag statt, um darauf aufmerksam zu machen, dass Frauen noch immer Opfer von Gewalt werden. Seit 1999 ist es ein offizieller Gedenktag. Seit 2001 setzt die Organisation Terre des Femmes mit Fahnen ein Zeichen. 

Jede dritte Frau in Deutschland ist mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Etwa jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner. Auf einen bekannten Fall gibt es 20 unbekannte Fälle. Gewalt gegen Frauen ist ein Problem, welches sich durch alle Bevölkerungsschichten, alle sozialen Schichten und alle Nationalitäten zieht. Daher ist es wichtig, immer wieder darauf aufmerksam zu machen. In diesem Jahr mit Corona ist dieses sensible Thema nochmal verstärkt in den Fokus gerückt. Durch den Lockdown und den Rückzug ins Private wird von einer Verschärfung der Situation ausgegangen, da der Mann viel seltener das Haus verlässt.

Leichter Zuwachs an Taten

Auch wenn die Polizeidirektion Limburg-Weilburg noch keine genauen Zahlen für das Jahr nennen kann, berichtet sie von einem leichten Zuwachs an Fällen im Bereich häuslicher Gewalt im Zeitraum März bis Oktober diesen Jahres. Im letzten Jahr gab es in diesem Zeitraum 96 Fälle. Ob die leicht gestiegene Zahl im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie steht, konnten sie noch nicht äußern.

Grundsätzlich leitet die Polizei in jedem Fall von häuslicher Gewalt, der ihr bekannt wird, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein. Für die Opfer gibt es eine besondere gesetzliche Fürsorge durch das Gewaltschutzgesetz, das frühzeitige und konsequente Interventionsmöglichkeiten bietet und auch die Anzeigenbereitschaft fördert. Zudem erhalten Opfer zeitnah Hilfsangebote über die „Koordinierungsstelle Häusliche Gewalt“ bei der Opferhilfe Limburg-Weilburg e.V.. Auch arbeitet die Opferhilfe mit der Hilfsorganisation „Weißer Ring“ zusammen und vermittelt im Bedarfsfall Angebote dieser Hilfsorganisationen an die Opfer.

Nicht mehr Anfragen

Das Frauenhaus Limburg war auf steigende Nachfragen vorbereitet und mietete im ersten Lockdown sogar Zimmer an, um Frauen kurzfristig unterzubringen. Doch insgesamt gab es im Lockdown selbst wenige Anrufe, so die 1.Vorsitzende Verena Müller. Erst mit den Lockerungen stiegen die Nachfragen. Dies lag wohl daran, dass die Frauen erst dann die Möglichkeit erhielten, sich zu melden. Insgesamt gab es nicht mehr Nachfragen als in den Jahren vorher. „Auf engem Raum hat es oft gekracht“, so Müller weiter, „aber das gab es auch schon vorher.“ Mit dem erneuten Lockdown ist es wieder ruhiger geworden und sie rechnen damit, dass die Nachfragen mit den Lockerungen wieder nach oben gehen.

Die 1. Vorsitzende gibt kleine Einblicke, dass auch sie mit den Herausforderungen durch Corona kämpfen. So gab es zwischendurch keine Möglichkeit er persönlichen Beratung, sondern nur Online und am Telefon. Dies habe wohl manche Frau auch davon abgehalten, sich zu melden. Bisher sei es im Frauenhaus nicht vorgekommen, dass eine Bewohnerin positiv getestet wurde, aber Pläne für einen solchen Fall werden bereits gemacht. Ein Krisenplan wurde erarbeitet, so dass sich auch immer jemand vor Ort befindet. Zudem können sie ja auch nicht jede Frau erst testen lassen, bevor sie sie aufnehmen. „Wenn nachts die Polizei vor unserer Tür steht, dann können wir diese nicht erst testen lassen, sondern müssen sie aufnehmen“, so Müller abschließend.

Aktion im Landkreis

Der Landkreis beteiligt sich seit vielen Jahren am Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und setzt mit wehenden Fahnen ein Zeichen. Das Motto zum diesjährigen Tag lautet „Mein Herz gehört mir – gegen Zwangsverheiratung und Frühehen“ gewählt. Zu diesem Thema wird es in Limburg einen Gottesdienst mit Interviews geben. Vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie findet dieser digital statt. Ab 18 Uhr steht ein Livestream zur Verfügung. Eine Anmeldung ist möglich unter frauen@bistumlimburg.de oder 06431/295-380.

Die Frauenbeauftragte des Landkreises Limburg-Weilburg, Ute Jungmann-Hauff und die Frauenbeauftragte der Stadt Limburg, Carmen von Fischke, unterstützen diese Aktion. Im Landkreis Limburg-Weilburg macht sich ein Aktionsbündnis gegen Gewalt gegen Frauen stark und leistet Betroffenen Hilfe. Zum Bündnis gehören: Das Kreisfrauenbüro, das Frauenbüro Stadt Limburg, der Verein Gegen unseren Willen, die Frauenhaus Beratungsstelle, die Gruppe Frauen im Evangelischen Dekanat Runkel, die Katholischen Frauen Deutschlands, die Beratungsstellen pro familia Limburg und Donum vitae, das Referat Mädchen und die Frauenarbeit im Bistum Limburg.

In Deutschland können sich betroffene Mädchen und Frauen an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden. Unter der Hilfetelefon-Nummer 08000 116016 wird hier, rund um die Uhr, erste Hilfe für betroffene Frauen und Mädchen angeboten. Betroffenen von häuslicher Gewalt bekommen über die Aktion des Bundesministeriums „Zuhause nicht sicher“ unter www.stärker-als-gewalt.de Hilfe und Informationen.

Tag der Gewalt an Frauen
Ute Jungmann-Hauff (li) und Carmen von Fischke setzten sich gegen Gewalt an Frauen ein.

Europäische Antwort zum Schutz der Frauen

116 016 – unter dieser Telefonnummer sollen in Zukunft Frauen, die von Gewalt betroffen sind, in vielen Ländern Europas Hilfe bekommen. Dafür hat sich am 20. November 2020 eine Mehrheit der Gleichstellungsministerinnen und -minister aller EU-Staaten sowie der EFTA-Staaten (Schweiz, Norwegen, Liechtenstein, Island) und Großbritannien ausgesprochen. Bundesfrauenministerin Franziska Giffey sprach anschließend von einem starken Signal für betroffene Frauen und Mädchen in ganz Europa: „Gewalt gegen Frauen geht uns alle an und ist nirgendwo Privatsache. Sie betrifft sämtliche Altersgruppen und soziale Schichten – und sie ist in allen europäischen Ländern ein großes Thema. Deshalb brauchen wir darauf auch eine europäische Antwort. Eine einheitliche, gemeinsame Nummer für Hilfetelefone wäre ein weiterer Schritt auf dem Weg dorthin. Niedrigschwellige und wirksame Maßnahmen zum Gewaltschutz sind vor dem Hintergrund der Corona-Krise wichtiger denn je. Deutschland ist mit seinem Hilfetelefon Vorbild, und ich hoffe, dass durch unseren heutigen Beschluss noch mehr EU-Staaten ihr telefonisches Hilfeangebot ausbauen“, so Ministerin Giffey.
Deutschland hat seit 2013 ein bundesweites Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der Nummer 08000 116 016 eingerichtet. Es ist ein kostenfreies, rund um die Uhr erreichbares, 18-sprachiges und anonymes Beratungsangebot. Viele EU-Staaten verfügen über ähnliche Angebote. Ziel des Beschlusses ist es, eine europaweit einheitliche Telefonnummer, die 116 016, einzurichten, unter der das jeweilige nationale Hilfetelefon erreichbar ist. Es haben sich heute 22 EU-Staaten sowie die Schweiz und die Europäische Kommission dafür ausgesprochen, dieses Vorhaben zu unterstützen.
Fazit dieses Austauschs: „Gemeinsam sind wir stärker als Gewalt!“. Das ist auch der Name einer bundesweiten Initiative. Ziel der Initiative ist es, von Gewalt betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen und die Hilfsangebote besser bekannt zu machen.
Hier geht es zur vollständigen Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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