Umdenken beim Thema Wald dringend notwendig
Viele Jahre war der Wald ein reiner Wirtschaftsfaktor. Mit den Schäden der letzten drei Jahre sind keine Gewinne mehr mit dem Wald zu machen. Doch wenn der Wald als Wirtschaftsfaktor wegfällt, was dann? Ein Umdenken muss stattfinden.
Dies wurde den Kommunalpolitikern am Samstag beim Waldbegang im Elzer Wald deutlich vor Augen geführt. Dem Wald geht es wie den anderen Wäldern in der Region schlecht – die Trockenheit der letzten drei Jahre sowie der Befall mit Schädlingen, vorneweg dem Borkenkäfer an den Fichten, verändert den Wald nachhaltig. Und ein Ende ist noch nicht abzusehen.
Schädlinge im Wald
Vertrocknete Fichten ohne Nadelgrün bis hin zu abgeholzten, kahlen Flächen gibt der Wald insgesamt ein trauriges Bild ab. Vor drei Jahren waren es nur die Fichten, denen anzusehen war, dass sie mit Trockenheit und Schädlingen nicht gut zurechtkommen. „Die Fichte hat sich erledigt, die ist weg“, so Revierförster Ralf Heukelbach bei der Begehung. Inzwischen leidet aber auch die Buche, auf welche eigentlich als Art, die Trockenheit und Klima trotzt, gesetzt wurde. Und weitere Schädlinge machen sich in den Wäldern breit.
Durch die Veränderung des Klimas breiten sich viele Arten aus dem Mittelmeer nach Norden aus, darunter auch Schädlinge. Zu ihnen zählt der Eichenprozessionsspinner, der von Jahr zu Jahr verstärkter auftritt. In ersten Wäldern ist der Brennholzverkauf eingeschränkt, wenn der Eichenprozessionsspinner im Holz drin ist. Damit soll vermieden werden, jemanden zu gefährden. Karl Rübsam, Geschäftsführer der Holzvermarktungsagentur Holzmarkt-Taunus-Westerwald benennt den Eichenkernholzkäfer als Schädling, welcher das Holz entwertet. Dieser könnte in Zukunft vermehrt zum Problem werden, weil er von außen nicht zu sehen ist. „Und eigentlich ist die Eiche unser Hoffnungsträger für den Klimawandel“, so Jörg Ahner, Forstamtsleiter Forstamt Weilmünster, zuständig für den Elzer Wald.
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Viele Schäden geschehen im Inneren der Bäume und sind von außen nicht zu sehen. „Wir können in das Holz nicht hineinschauen, sondern es nur von außen ansprechen“, so Ahner weiter. So kann ein frühzeitiger Laubfall Zeichen von Trockenheit sein oder Zeichen eines Schädlingsbefalls. Dies hat Auswirkungen auf die Arbeiten der Waldarbeiter. Ein Arbeiten rein nach Plan ist so nicht mehr möglich, sondern sie müssen flexibel auf Ereignisse reagieren. Dies macht aber die Arbeit insgesamt auch schwieriger. Darüber gab Forstwirtschaftsmeister Daniel Mörsdorf einen Einblick. Früh waren sie zweimal im Jahr jeweils zwei Tage mit der Verkehrssicherung beschäftigt. Inzwischen müssen sie jede Woche schauen, dass die Bahntrasse sowie die Waldwege und Straßen sicher sind. Momentan machen sie nur Schadensbegrenzung, aber ein gezieltes Abholzen ist derzeit kaum möglich.
Wald kaum noch wirtschaftlich
Doch was bedeutet dies für die Wirtschaftlichkeit des Waldes? Rübsam gab Einblicke in den Holzmarkt. Zwar sei der Markt mit Fichte übersättigt, aber aus dem asiatischen Raum ist die Nachfrage sehr hoch, so dass bis zum Ende des Jahres noch eine gute Vermarktung möglich ist. „Noch sind positive Erträge möglich“, so Rübsam, „aber ich kann keine Prognosen für 2021 treffen.“ Von allen Beteiligten ist es das Anliegen, die Schadflächen im Wald kostendeckend zu räumen. Bei der Wiederaufforstung möchte man zwei Wege gehen. Zum einen beobachten und pflegen sie Flächen, auf denen sich Samen selbst ausgesät haben. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Naturverjüngung. Und sie bepflanzen Flächen gezielt mit Mischarten wieder.

Dafür gibt es auch Fördergelder, doch Heukelbach kritisierte, dass die Prozedur zum Beantragen der Fördergelder sehr kompliziert ist. Aber bei Förderungen bis zu 70 Prozent lohnt sich das Warten. In der Nähe des Windrades befindet sich eine Fläche von rund 45 Hektar. Um diese mit Mischarten wie Eiche, Ahorn, Douglasie, europäische Lärche oder amerikanische Tanne zu bepflanzen und die nächsten fünf Jahre zu pflegen, rechnen die Förster mit einer Summe von einer halben Millionen Euro. An den verschiedenen Stellen finden Forschungen statt, wie den ganzen Problemen begegnen. Daher setzt man überall erstmal auf Bäume, welche die letzten drei Jahre gut überstanden haben. Ein Hoffnungsträger ist dabei die Weißtanne, die derzeit von der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft untersucht wird mit ihrem Wachstum auf verschiedenen Standorten. Heukelbach möchte auch im Elzer Wald eine kleine Versuchsfläche dafür anlegen lassen.
Aber der Wald als Wirtschaftsfaktor wird es so in Zukunft nicht mehr geben. Da waren sich alle Beteiligten einig. Dies wird sich in den nächsten Jahren nicht nur für die Kommunen, sondern auch für die vielen privaten Waldbewirtschafter als Problem herausstellen. Denn auch zukünftig muss in einen Wald investiert werden. Und da stellt sich schon die Frage, welcher Stellenwert der Wald erhält. Und auch dafür gab es eine Antwort.
Naherholung und Artenreichtum
„Wir müssen umdenken, wenn der Wirtschaftsfaktor wegfällt“, so Daniel Mörsdorf. Der Wald ist ein wichtiges Naherholungsgebiet, Kohlendioxid- sowie Wasserspeicher und bei richtiger Pflege ein Mittel, um dem Artensterben etwas entgegenzusetzen. An einem Beispiel am Waldrand im Mittelfeld zeigte er, wie Wald auch sein kann. Im Rahmen des Baus der ICE-Trasse fanden Ausgleichsmaßnahmen statt, „Schulbuchmäßig“ wurde auf 20 bis 30 Meter Breite zum Wald hin ein stufenmäßiger Waldrand mit Büschen, Sträuchern und halbhohen Bäumen aufgebaut. Diesen Waldrand pflegen die Mitarbeiter regelmäßig alle fünf Jahre, damit die Waldbäume diesen nicht zurückdrängen. Aber es lohne sich, so Mörsdorf, denn in diesem Waldrand sei mehr Leben als im angrenzenden Wald und Feld. Neuntöter, ein Uhu, Turmfalken und zahlreiche Insekten finden sich in diesem Wald. „Dieser Streifen hat eine gute ökologische Funktion und in Zukunft sollten wir mehr unser Augenmerk darauf richten“, so Mörsdorf. Dies war mit der einzige positive Beitrag bei dem Waldbegang.

Und auch bei Jörg Ahner nachgefragt, ob denn in dem ganzen Waldsterben etwas Positives gesehen werden kann, musste er eine Weile überlegen. Was eventuell positiv ist, dass der Gesellschaft überdeutlich vor Augen geführt wird, was der Klimawandel bewirkt und dass dies bei den Menschen ein Bewusstsein dafür schafft, für eine grüne Zukunft einzustehen.