„Wir ziehen alle an einem Strang“

Seit knapp zwei Wochen sind die Schulen und Kindergärten geschlossen, Eltern verzweifeln zu Hause, Homeschooling und Homeoffice unter einen Hut zu bekommen. Eine besondere Herausforderung ist dies auch für die stationäre Kinder und Jugendhilfe.

Die Hephata Diakonie hat im Landkreis Limburg-Weilburg fünf Wohngruppen mit 52 Kindern zwischen sechs und 19 Jahren, die auch in dieser Situation weiterhin betreut werden müssen.

Erreichen der Grenzen

Katrin Ingiulla ist Gruppenleiterin einer Wohngruppe in Limburg. Und bereits letzte Woche sagte sie: „Wir kommen an die Grenzen bei der Betreuung.“ Doch sie hebt auch immer wieder hervor, dass das ganze Team zusammen an einem Strang zieht und dadurch die ganze Situation zu händeln ist. Im normalen Tagesablauf war die Zeit am Vormittag, wenn die Kinder in der Schule oder im Kindergarten waren, für Bürokram, Einkäufe oder organisatorische Erledigungen vorbehalten. „Bei meinen Büroaufgaben komme ich derzeit kaum hinterher“, so Ingiulla, „alle Kinder müssen 24 Stunden betreut werden und das ist eine wirklich große Herausforderung.“

Somit wurde der Dienst für das Team verändert. Statt der 24-Stunden-Dienste, welche es vorher gab, gibt es nun einen Tagdienst, den sie mit einem Kollegen von 9 bis 17 Uhr leistet, sowie einen Nachtdienst von 17 bis 10 Uhr. „Unter der Woche sind wir vor allem in der Kernzeit gut aufgestellt“, so die Gruppenleiterin weiter. Jetzt seien tagsüber immer drei Personen gleichzeitig da, im Nachtdienst eine Person, wobei insgesamt vier Kolleginnen und Kollegen für Nachtdienste zur Verfügung stehen.

Feste Strukturen schaffen

Es kommt vieles zusammen. Den kleinen Kindern erklären die pädagogischen Mitarbeitenden, was da gerade passiert, ohne ihnen Angst zu machen. Insgesamt geht es darum, für alle feste Strukturen schaffen. Im Gebäude sind zwei Wohngruppen untergebracht, welche aus Gründen des Infektionsschutzes keinen Kontakt zu einander haben dürfen. Und die Gruppenleiterin hat die Verantwortung für ihre Kollegen, dass es denen auch gut geht. Dies ist eine immense Herausforderung für das gesamte Team. Weiterhin kommt hinzu, dass die Kinder derzeit keine Besuche empfangen dürfen und auch nicht beurlaubt werden, um ihre Eltern zuhause zu besuchen.
Normalerweise ist die Elternarbeit ein wichtiger Bestandteil der pädagogischen Konzepte in den Jugendhilfe-Wohngruppen der Hephata Diakonie.

Homeschooling größte Herausforderung

Auch Nina Seipp-Koch, Regionalleiterin Süd, erklärt, dass die größte Herausforderung in den Gruppen ist, dass Schule und Kindergarten geschlossen sind und die Kinder beschult werden müssen. Dies benötigt mehr Kollegen tagsüber. Seitens der Hephata Diakonie sind etliche Schutzmaßnahmen getroffen worden. So gibt es beispielsweise keine Teambesprechungen mehr vor Ort, sondern nur noch Telefonkonferenzen. Für Engpässe in der Besetzung der Dienste in den Wohngruppen stehen Mitarbeitende aus ambulanten Diensten zur Verfügung.
Regionalleiterin Seipp-Koch ist derzeit erstmal froh darüber, dass es in den Wohngruppen noch keine bestätigte Infektion mit Covid-19 gab. Falls in einer Gruppe ein Fall auftritt, wird das erkrankte Kind innerhalb der Wohngruppe isoliert, um Ansteckungen zu vermeiden. Die Wohngruppen insgesamt sollen zusammenbleiben, weil die Kinder einfach ihre gewohnten Strukturen und Zusammenhalt benötigen. Ansonsten lautet das derzeitige Credo: „Wir müssen von Tag zu Tag neu schauen.“

Heike Lachnit

Ich bin freie Lokaljournalistin in der Region um Limburg. Auf HL-Journal schreibe ich über die Themen, die nicht immer in der Zeitung Platz haben oder die mir am Herzen liegen.

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